Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
Weißt du noch, wie er heißt?«
»Das habe ich noch nie gewusst«, antwortete Laurie, die jetzt schwer depressiv klang und sich zurück auf ihre Kissen fallen ließ. Wie gerne würde sie schlafen, aber sie wusste, dass das nicht klappen würde. Sie fühlte sich erschöpft, deprimiert und gleichzeitig aufgedreht.
Jack ging in den ersten Stock und klopfte an die Tür, die umgehend aufgezogen wurde. Der Polizist in Zivil, der in dem Gästezimmer untergebracht war, stellte sich sofort vor. Er hieß Sergeant Edwin D. Gunner.
Jack sagte schuldbewusst: »Gerade ist mir eingefallen, dass Sie nichts zu essen hatten. Darf ich Ihnen ein Frühstück anbieten?«
»Kaffee wäre nett«, sagte Edwin. »Ich bin kein Frühstückstyp.«
»Haben Sie das letzte Telefongespräch mitbekommen? Das war der Entführer.«
»Ja, habe ich«, sagte Edwin und folgte Jack nach oben.
»Konnten Sie es zurückverfolgen?«
»O ja, definitiv.«
»Woher kam der Anruf?«
»Von einem der ungefähr eintausend verbliebenen öffentlichen Fernsprecher, die in der Stadt aufgestellt sind. Dieser steht in einem rund um die Uhr geöffneten Waschsalon an der Lower East Side. Natürlich haben wir sofort einen Einsatzwagen dorthin geschickt, als wir wussten, woher der Anruf kam. Aber seien Sie bitte nicht zu optimistisch. Der Kidnapper war sicher schon längst fort.«
»Sicherlich«, antwortete Jack. Er unterdrückte gerade eine Fantasie, in der er eine Brechstange in den Händen hielt, genau in dem Moment, in dem der Mistkerl den Telefonhörer einhängte.
38
27. März 2010
Samstag, 10.30 Uhr
Warren Wilson lebte in demselben Block wie Laurie und Jack, aber auf der Seite, die zur Columbus Avenue zeigte. Er hatte die erste Schicht um sechs Uhr morgens übernommen und sah sich nach Fremden um, die Lauries und Jacks Haus überwachten, das ein paar hundert Meter zum Central Park hin gelegen war und als eines der stilvollsten Gebäude der Nachbarschaft galt mit seinen gepflegten Blumenkästen und einem Türklopfer aus Messing. Momentan waren die Blumenkästen allerdings noch bedeckt vom Winterlaub.
Zur Tarnung hatte sich Warren für seinen Auftrag den Hund seines Nachbarn, der die Wohnung unter ihm hatte, ausgeliehen. Der Hund war freundlich, klein und weiß und bellte alles und jeden an, einschließlich der Autos. Sein Name war Killer. Da an einem Samstagmorgen um sechs herzlich wenig Menschen draußen unterwegs waren, hatte Warren nach einer Erklärung dafür gesucht, warum er zu so früher Stunde die Straße hoch-und runterlief. Killer ging bereitwillig mit ihm, solange er an jedem Baum und jedem Hydranten auf ihrem Weg schnuppern durfte.
Nachdem Warren Laurie und Jack vergangene Nacht verlassen hatte, war er nach Hause gegangen und hatte fünf seiner ältesten Freunde angerufen, die alle seit ihrer Geburt in der Nachbarschaft lebten. Sie spielten regelmäßig Basketball miteinander und hatten zusammen die Highschool besucht. Alle waren, wie Warren, Afroamerikaner. Sie alle arbeiteten und lebten innerhalb der Nachbargemeinschaft und kannten die Vornamen der meisten Bewohner.
Da es Samstag war, waren sie sofort bereit zu helfen. Und weil die Wettervorhersage für den Tag günstig war, hatten sie ohnehin geplant, den Nachmittag auf dem Basketballfeld fast direkt gegenüber von Lauries und Jacks Haus zu verbringen.
Genau eine halbe Stunde zu spät für seine Schicht, die um zehn Uhr morgens beginnen sollte, erschien Flash auf der Bildfläche. »Hey, Mann«, sagte Warren, als er Flash auf sich zukommen sah, vornübergebeugt, mit Sonnenbrille und Hipp-Hopp-Klamotten. »Du siehst reichlich mitgenommen aus.«
»Komm mir nicht so«, antwortete Flash. »Ich habe keine blasse Ahnung, warum ich dieser Tortur zugestimmt habe. Nach wem halte ich Ausschau und warum?«
Warren erklärte die Situation noch einmal genauso, wie er es vergangene Nacht getan hatte. »Schlaf mir hier nicht ein«, riet ihm Warren. »Wenn du das bringst, trete ich dir höchstpersönlich in deinen Arsch.«
»Du und wer noch?«, flachste Flash.
In den viereinhalb Stunden, die Warren durch die Nachbarschaft gepirscht war, hatte er nichts Verdächtiges entdeckt. Erstaunlich wenig Fußgänger waren unterwegs und die, die er gesehen hatte, waren nicht im Mindesten an Lauries und Jacks Haus interessiert gewesen. Auch kein verdächtiges Fahrzeug war den Block entlang die Straße hoch-und runtergefahren. Dies schien in jeder Hinsicht ein ganz normaler Frühlingsmorgen an einem Samstag in der
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