Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
mußte sich ständig das Gesicht abtupfen, damit sein Schweiß nicht auf den Boden tropfte.
»Dann hast du also noch nicht gegessen«, vermutete Laurie. »Nein«, entgegnete Jack.
»Lou ist bei mir«, fuhr Laurie fort. »Wir essen gleich Salat und Spaghetti. Hast du Lust, vorbeizukommen?«
»Ich will doch nicht euer gemütliches Beisammensein stören«, erwiderte Jack im Scherz. Aber er spürte, wie ein leises Gefühl von Eifersucht in ihm hochkroch. Er wußte, daß die beiden einmal für kurze Zeit zusammengewesen waren, und er fragte sich, ob sich da womöglich wieder etwas anbahnte. Auf der anderen Seite hatte er kein Recht, eifersüchtig zu sein; schließlich war er derjenige, der die Frauen normalerweise auf Distanz hielt. Nachdem er seine Familie verloren hatte, wußte er nicht, ob er sich je wieder binden wollte. Er war überzeugt, daß er einen derartigen Schmerz nicht noch einmal ertragen konnte. Gleichzeitig mußte er sich aber auch eingestehen, daß er ziemlich einsam war und sich in Lauries Gesellschaft wirklich wohl fühlte.
»Du störst mit Sicherheit nicht unser gemütliches Beisammensein«, versicherte Laurie. »Es gibt auch nur eine Kleinigkeit zu essen. Vor allem wollen wir dir etwas zeigen. Etwas, das dich ganz schön überraschen dürfte. Wenn du es gesehen hast, willst du dir bestimmt am liebsten selbst in den Hintern treten. Wir sind jedenfalls ziemlich aufgedreht, wie du vielleicht merkst.«
»Ach ja?« fragte Jack. Sein Mund war mit einem Mal staubtrocken. Er hörte Lou im Hintergrund lachen und brauchte nur zwei und zwei zusammenzuzählen, um darauf zu kommen, was die beiden ihm zeigen wollten: einen Ring! Lou hatte um Lauries Hand angehalten!
»Es ist schon ziemlich spät«, versuchte er sich rauszureden. »Und ich habe noch nicht mal geduscht.«
»Nun rappeln Sie sich schon hoch, Sie alter Knochenklempner!« hörte er plötzlich Lou aus dem Hörer dröhnen. Er hatte Laurie den Hörer aus der Hand genommen. »Laurie und ich brennen darauf, Ihnen etwas zu zeigen.«
»Okay«, gab Jack schließlich nach. »Ich springe schnell unter die Dusche und bin in vierzig Minuten da.«
»Also bis gleich, alter Kumpel«, entgegnete Lou. Jack legte den Hörer auf. »Alter Kumpel«, murmelte er vor sich hin. Das klang überhaupt nicht nach Lou. Der Detective schien im siebten Himmel zu schweben.
»Ich wünschte, ich wüßte, wie ich dich aufheitern könnte«, sagte Darlene. Sie hatte sich extra in ein aufreizendes Seidengewand von Victorias Secret gehüllt, doch Raymond hatte es nicht einmal gemerkt.
Er lag auf dem Sofa und hatte sich einen Beutel mit Eiswürfeln auf die Stirn gelegt; die Augen hatte er geschlossen. »Bist du sicher, daß du nichts essen willst?« fragte Darlene. Sie hatte blondgefärbtes Haar, eine recht weiblich ausgeprägte Figur und war mit ihren fast ein Meter achtzig eine recht große Frau. Da sie erst sechsundzwanzig war und Raymond schon zweiundfünfzig, war sie gerade mal halb so alt wie ihr Geliebter. Bevor sie Raymond im Auction House, einer gemütlichen East-Side-Kneipe, kennengelernt hatte, hatte sie als Model gearbeitet.
Raymond nahm sich vorsichtig den Eisbeutel von der Stirn und starrte Darlene an. Ihre lebendige und übersprudelnde Art ging ihm im Moment auf die Nerven.
»Ich fühle mich, als hätte ich einen dicken Knoten im Magen«, jammerte er mit leidender Miene. »Ich kann nicht mal an Essen denken. Ist das so schwer zu verstehen?«
»Ich weiß nicht, warum du so sauer bist«, entgegnete Darlene. »Dabei müßte es dich doch eigentlich fröhlich stimmen, daß gerade diese Ärztin aus Los Angeles angerufen und mitgeteilt hat, daß sie in das Projekt mit einsteigen will. Immerhin heißt das, daß du bald ein paar Filmstars als Kunden haben wirst. Ich finde, das sollten wir feiern.«
Raymond legte sich den Eisbeutel zurück auf die Stirn und schloß die Augen. »Was die geschäftliche Seite des Projekts angeht, hat es noch nie Probleme gegeben. Da läuft alles wie am Schnürchen. Es ist dieser unerwartete Schlamassel, der mir Kopfschmerzen bereitet. Etwa die Sache mit Franconi oder dieser Kevin Marshall.« Cindy Carlson erwähnte er Darlene gegenüber sicherheitshalber gar nicht erst; am liebsten wollte er den Teenager völlig aus seinem Kopf verdrängen. »Warum machst du dir denn immer noch Sorgen um Franconi?« fragte Darlene. »Das Problem hat sich doch längst erledigt.«
»Jetzt hör mir mal zu, Darlene«, sagte Raymond und bemühte sich, nicht
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