Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
sind Sie auch noch! Sie haben sich also offenbar nicht verändert, hab’ ich recht?«
»Doch«, erwiderte Jack. »Beim Basketball habe ich Fortschritte gemacht.«
Jack hörte, wie hinter ihm die Tür geöffnet wurde. Er drehte sich um und sah Calvin den Raum betreten und sich wie ein Haremswächter mit verschränkten Armen neben dem Schreibtisch aufbauen.
»Ich komme auf keinen grünen Zweig mit ihm«, wandte Bingham sich an Calvin und tat so, als sei Jack unsichtbar. »Hatten Sie nicht behauptet, er hätte sich gebessert?«
»Hatte er ja auch«, erwiderte Calvin und starrte auf Jack hinab.
»Bis zu diesem Zwischenfall. Es ärgert mich wirklich ungemein«, wandte er sich an Jack, »daß Sie im Alleingang die Presse einschalten, obwohl Sie genau wissen, daß bei uns ausschließlich Dr. Bingham oder die Presseabteilung für Veröffentlichungen zuständig sind. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder Pathologe hier einfach so seine Befunde in die Welt hinausposaunen dürfte! Unsere Arbeit ist in höchstem Maße politisch brisant, und in Anbetracht unserer gegenwärtigen Probleme können wir beim besten Willen nicht noch mehr schlechte Presse gebrauchen.«
»Jetzt machen Sie mal eine Pause«, meldete sich Jack zu Wort. »Irgend etwas stimmt hier nicht. Ich fürchte, wir reden ziemlich aneinander vorbei.«
»Würden Sie das bitte noch einmal wiederholen?« forderte Bingham ihn auf.
»Sie haben richtig gehört«, sagte Jack. »Ich glaube, wir reden über unterschiedliche Dinge. Ich dachte, Sie wollten mir den Marsch blasen, weil ich den Hausmeister bedrängt habe, mir die Schlüssel zu Ihrem Büro auszuhändigen. Ich mußte mir gestern abend unbedingt noch die Röntgenbilder von Franconi ansehen.«
»Um Himmels willen - nein!« schrie Bingham und zielte mit dem Finger auf Jacks Nase. »Ich habe Sie herbestellt, weil Sie der Presse gesteckt haben, daß wir angeblich Franconis Leichnam hier im Gerichtsmedizinischen Institut entdeckt haben, nachdem man denselben erst kurz zuvor von hier entführt hatte. Was haben Sie sich bloß dabei gedacht? Daß Sie Ihre Karrierechancen auf diese Weise verbessern?«
»Halten Sie bitte mal kurz die Luft an«, entgegnete Jack. »Erstens bin ich gar nicht darauf aus, Karriere zu machen. Und zweitens habe ich absolut nichts damit zu tun, daß die Presse von der Franconi-Geschichte Wind bekommen hat.«
»Sie haben nicht mit der Presse gesprochen?« hakte Bingham nach.
»Nun schieben Sie den Verdacht bloß nicht auf Laurie Montgomery«, fügte Calvin hinzu.
»Auf keinen Fall«, entgegnete Jack. »Aber ich war es auch nicht. Um die Wahrheit zu sagen - ich halte das Ganze nicht einmal für eine Story.«
»Das sieht man bei den Medien aber offenbar ein bißchen anders«, wandte Bingham ein. »Sogar der Bürgermeister ist auf hundertachtzig. Er hat mich heute morgen schon zweimal angerufen und mich gefragt, was wir hier eigentlich für einen Zirkus veranstalten. Diese Franconi-Geschichte rückt uns in den Augen der gesamten Stadt in ein schlechtes Licht - und zwar um so mehr, wenn wir uns auch noch von Nachrichten aus unserem eigenen Institut überrumpeln lassen müssen.«
»Das wirklich Interessante an der Franconi-Geschichte hat kaum etwas mit dem nächtlichen Verschwinden des Leichnams zu tun«, erklärte Jack. »Man hat dem Mann ziemlich sicher eine Leber transplantiert. Aber von der Transplantation scheint niemand etwas zu wissen, und sie läßt sich anhand von DNA-Analysen auch nur äußerst schwer nachweisen. Irgendjemand hat mit allen Mitteln zu vertuschen versucht, daß Franconi eine neue Leber bekommen hat.«
Bingham sah Calvin an, der abwehrend die Hände hob. »Das ist mir völlig neu«, sagte er.
Jack faßte Bingham kurz seine Autopsieergebnisse zusammen und berichtete ihm auch von den verwirrenden Resultaten, die Ted Lynchs DNA-Analysen zutage gebracht hatten. »Klingt in der Tat äußerst seltsam«, stimmte Bingham zu, während er die Brille abnahm und sich seine wäßrigen Augen rieb. »Wobei ich so etwas gar nicht gerne höre, weil ich die ganze verdammte Franconi-Geschichte am liebsten unter den Teppich kehren würde. Wenn an Ihrer Vermutung etwas dran ist und Franconi tatsächlich unter seltsamen Umständen und möglicherweise sogar auf illegale Weise eine Leber bekommen hat, wird wohl nichts daraus, einfach Gras über die Sache wachsen zu lassen.«
»Im Laufe des Tages werde ich sicher mehr erfahren«, sagte Jack. »Ich habe Bart Arnold darauf angesetzt, mit
Weitere Kostenlose Bücher