Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Kollegen und bat ihn, für einen Augenblick herüberzukommen. Wenige Minuten später erschien ein großer, dünner, sehr ernst wirkender Afroamerikaner, der einen langen, weißen Kittel trug. Dr. Malovar stellte ihn als Dr. Colin Osgood vor, Chef der Parasitologie.
»Ich würde gerne mal Ihre Meinung hören, Colin«, sagte Dr. Malovar und zeigte auf das Mikroskop. Dr. Osgood betrachtete den Gewebeschnitt ein paar Sekunden länger als Dr. Malovar.
»Auf jeden Fall parasitär«, sagte er dann, ohne aufzusehen. »Ich sehe da lauter Merozoiten, aber ich kann sie nicht bestimmen. Entweder handelt es sich um eine neue Spezies oder um einen Parasiten, der normalerweise keine Menschen befällt. Ich würde vorschlagen, Dr. Lander Hammersmith zu Rate zu ziehen und ihn um seine Meinung zu bitten.«
»Eine gute Idee«, stimmte Dr. Malovar zu und sah Jack fragend an. »Könnten Sie uns den Objektträger über Nacht hierlassen? Dann bitte ich Dr. Hammersmith gleich morgen früh, sich die Probe anzusehen.«
»Wer ist denn Dr. Hammersmith?« fragte Jack. »Er ist Veterinärpathologe«, erwiderte Dr. Osgood. »Von mir aus gern«, willigte Jack ein. Er wäre nie darauf gekommen, die Gewebeprobe von einem Veterinärpathologen begutachten zu lassen.
Er bedankte sich bei den beiden Männern, ging zurück zu der Sekretärin und bat sie, ob er kurz telefonieren dürfe. Die Sekretärin führte ihn an einen unbesetzten Schreibtisch und erklärte ihm, wie er nach draußen wählen konnte. Er rief im Polizeirevier an und ließ sich mit Lou verbinden. »Gut, daß Sie anrufen«, meldete sich Lou. »Ich habe ein paar interessante Dinge herausgefunden. Bei diesem Privatjet handelt es sich um eine richtige Luxusmaschine, genauer gesagt um eine G4. Sie wissen sicher, was das heißt, oder?«
»Ich fürchte nicht«, erwiderte Jack, obwohl Lou so geklungen hatte, als ob er es hätte wissen müssen. »G4 steht für Gulfstream 4«, erklärte Lou. »Das ist sozusagen der Rolls-Royce unter den Privatjets. So ein Ding kostet um die zwanzig Millionen Dollar.«
»Ganz schön beeindruckend«, entgegnete Jack. »Allerdings«, stimmte Lou ihm zu. »Okay, mal sehen, was ich noch herausgefunden habe. Aha, hier steht’s. Das Flugzeug gehört einer gewissen Firma namens Alpha Aviation in Reno, Nevada. Schon mal von denen gehört?«
»Nein«, erwiderte Jack. »Sie?«
»Ich auch nicht«, erwiderte Lou. »Muß irgendeine Leasingfirma sein. Aber da war doch noch etwas. Ach ja, hier! Das dürfte Sie am meisten interessieren. Mein Freund von der Einwanderungsbehörde hat seinen französischen Kollegen privat zu Hause angerufen und ihn gefragt, ob er ihm etwas über Carlo Franconis Urlaub in Frankreich erzählen könne. Offenbar hat dieser französische Beamte von seinem PC zu Hause aus Zugang zum zentralen Rechner der Einwanderungsbehörde. Und wissen Sie, was er herausgefunden hat?«
»Spannen Sie mich nicht auf die Folter«, drängte Jack. »Franconi ist nie in Frankreich gewesen!« erklärte Lou. »Es sei denn, er hatte einen falschen Paß und ist unter falschem Namen gereist. Jedenfalls hat die Behörde weder seine Ein- noch Ausreise registriert.«
»Und was hat es dann mit diesem Flugzeug auf sich, das angeblich eindeutig aus Lyon gekommen ist?« fragte Jack. »Hey«, wies Lou ihn zurecht. »Nun werden Sie doch nicht gleich ungeduldig.«
»Werde ich ja gar nicht«, entgegnete Jack. »Sie haben mir doch selber erklärt, daß die Flugdaten und die Angaben der Einwanderungsbehörde übereinstimmen müssen.«
»Tun sie ja auch«, stellte Lou klar. »Daß das Flugzeug aus Lyon gekommen ist, muß noch lange nicht heißen, daß dort auch jemand ein- oder ausgestiegen ist. Vielleicht hat es nur einen Zwischenstopp zum Auftanken eingelegt.«
»Ein guter Einwand«, lobte Jack. »Auf diese Idee bin ich nicht gekommen. Läßt sich das überprüfen?«
»Ich könnte ja noch mal meinen Freund bei der FAA anrufen«, schlug Lou vor.
»Großartig«, entgegnete Jack. »Ich gehe jetzt zurück ins Institut. Soll ich Sie gleich von meinem Büro aus anrufen, oder wollen Sie sich bei mir melden?«
»Ich rufe Sie zurück«, erwiderte Lou.
Nachdem Laurie sich im Anschluß an ihre Unterhaltung mit Marvin genau aufgeschrieben hatte, was der Assistent der Leichenhalle ihr über die Abholprozedur der Leichname erzählt hatte, hatte sie ihre Notizen erst einmal beiseite gelegt und sich ihrer sonstigen Arbeit gewidmet. Nach einer halben Stunde nahm sie sich das Blatt noch
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