Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
denn?«
»Fragen Sie mich was Leichteres«, entgegnete Mark. »Spontan würde ich auf Westafrika tippen.«
»Seltsam ist auch, daß das Flugzeug sofort nach der Landung in Lyon per Funk eine Starterlaubnis für den Weiterflug nach Teterboro in New Jersey erbeten hat«, fügte Mark hinzu. »Es scheint auf der Rollbahn geblieben zu sein, bis die Starterlaubnis erteilt wurde.«
»Vielleicht haben sie nur aufgetankt«, vermutete Lou. »Könnte sein«, entgegnete Mark. »Aber selbst dann würde man eher um einen durchgehenden Flugplan mit Zwischenstopp in Lyon bitten, als sich zwei unterschiedliche Flugpläne zuweisen zu lassen. Wenn sie Pech gehabt hätten, hätten sie stundenlang in Lyon warten müssen. Sie haben es bewußt darauf ankommen lassen.«
»Vielleicht haben sie sich kurzfristig umentschieden«, schlug Lou vor.
»Schon möglich«, stimmte Mark ihm zu. »Oder sie wollten vertuschen, daß sie aus Äquatorialguinea gekommen sind«, mutmaßte Lou.
»Auf die Idee wäre ich nie gekommen«, sagte Mark. »Aber vermutlich sind deshalb auch Sie ein genialer Detective und ich nur ein langweiliger FAA-Bürokrat.«
Lou lachte. »Genial bin ich wohl kaum. Ich fürchte sogar, daß mein Job mich zynisch und mißtrauisch gemacht hat.«
»Immer noch besser als langweilig«, entgegnete Mark. Lou bedankte sich bei seinem alten Freund. Bevor er auflegte, versprachen sie sich gegenseitig, sich bald wieder einmal zu treffen.
Dann saß er ein paar Minuten da und grübelte darüber nach, warum zum Teufel sich ein Mafiaboß der mittleren Führungsebene aus Queens, New York, von einem zwanzig Millionen Dollar teuren Privatjet aus einem afrikanischen Land zurücktransportieren ließ, von dem er noch nie zuvor gehört hatte. So ein abgelegenes Dritte-Welt-Land war bestimmt kein medizinisches Mekka, das jemanden anziehen konnte, sich ausgerechnet dort einer hochkomplizierten Operation wie einer Lebertransplantation zu unterziehen.
Nachdem Laurie die Eingangsnummer von Frank Gleasons Leiche in den Computer eingegeben hatte, grübelte sie eine Weile über die offenkundige Unstimmigkeit nach. Vor allem versuchte sie sich darüber klarzuwerden, welche Bedeutung die Information im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Franconis Leichnam haben konnte. Allmählich nahm in ihrem Kopf eine Idee Gestalt an.
Plötzlich sprang sie auf und fuhr hinunter in die Leichenhalle, um noch einmal mit Marvin zu sprechen. Da sie ihn nicht in seinem Büro antraf, sah sie im Kühlraum nach, wo sie ihn auch tatsächlich fand. Er war gerade dabei, die Bahren der für den späteren Abtransport bestimmten Leichen in die richtige Reihenfolge zu bringen.
Als Laurie den Raum betrat, kam in ihr die Erinnerung an eine furchtbare Szene hoch, die sich während der Cerino-Äffäre in genau diesem begehbaren Kühlraum abgespielt hatte. Da sie sich äußerst unwohl fühlte, wollte sie lieber gar nicht erst versuchen, sich im Kühlraum mit Marvin zu unterhalten. Sie bat ihn statt dessen, ins Büro der Leichenhalle zu kommen, sobald er seine Arbeit beendet habe.
Fünf Minuten später war Marvin da. Er deponierte einen Stapel Papiere auf dem Schreibtisch, ging zum Waschbecken in der Ecke des Zimmers und wusch sich die Hände. »Ist alles in Ordnung?« fragte Laurie, um irgend etwas zu sagen.
»Ich denke schon«, erwiderte Marvin und setzte sich an den Schreibtisch, um die Papiere der Leichen in die Reihenfolge zu bringen, in der sie abgeholt werden sollten.
»Nachdem ich vorhin mit Ihnen gesprochen habe, ist mir etwas ziemlich Überraschendes aufgefallen«, sagte Laurie und kam damit direkt auf ihr Anliegen zu sprechen.
»Was denn?« fragte Marvin. Er war mit dem Sortieren fertig und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich habe die Eingangsnummer von Frank Gleason in den Computer eingegeben«, erklärte Laurie. »Dabei habe ich festgestellt, daß seine Leiche schon vor mehr als zwei Wochen bei uns eingeliefert wurde. Außerdem war der Nummer kein Name zugewiesen. Es handelte sich also um einen nicht identifizierten Toten!«
»Ach du Scheiße!« rief Marvin. Als er merkte, was ihm gerade herausgerutscht war, fügte er schnell hinzu: »Ich wollte sagen, das haut mich um.«
»Mich auch«, entgegnete Laurie. »Ich habe schon versucht, Dr. Besserman zu erreichen. Er hat die Autopsie durchgeführt. Ich wollte ihn fragen, ob die Leiche vielleicht erst kürzlich als Frank Gleason identifiziert wurde, aber er ist nicht in seinem Büro. Finden Sie es eigentlich
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