Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Jack und zuckte mit den Schultern. »Der Junge hat ganz schön was auf dem Kasten. Ich habe ihn mit allen Mitteln dazu zu bewegen versucht, ein paar Kurse am College zu besuchen. Aber er will partout nichts davon wissen. Er behauptet, daß er nun mal ein anderes Wertesystem habe als ich. Inzwischen habe ich es aufgegeben.«
»Und Natalie?«
»Der geht’s gut, nehme ich an«, erwiderte Jack. »Ich habe sie nicht mehr gesehen, seitdem wir zum letzten Mal zu viert ausgegangen sind.«
»Das sollten wir ruhig mal wieder tun«, schlug Laune vor. »Ich würde die beiden gerne mal wiedersehen.«
»Eine gute Idee«, stimmte Jack ihr ausweichend zu. Es entstand eine Pause. Nur das Schnurren von Tom war zu hören. Nachdem sie zu Ende gegessen und den Tisch abgeräumt hatten, ließ Jack sich auf dem Sofa nieder. Laurie setzte sich ihm gegenüber in ihren Art-deco-Sessel, den sie in Greenage Village erworben hatte.
Laurie seufzte. Sie war frustriert. Sie verhielten sich wie zwei Teenager, die es sich nicht trauten, offen über ihre Gefühle zu reden.
Jack warf einen Blick auf seine Uhr. »O Gott«, rief er und rückte nach vorn auf die äußere Kante der Couch. »Es ist ja schon Viertel vor elf. Höchste Zeit für mich. Ich muß morgen früh raus und höre mein Bett schon rufen.«
»Möchtest du noch ein Glas Wein?« fragte Laurie und hielt den Krug hoch. Sie hatten nur einen Viertelliter getrunken.
»Geht leider nicht«, erwiderte Jack. »Ich muß Herr meiner Sinne bleiben, weil ich ja mit dem Taxi nach Hause fahre.« Er stand auf und bedankte sich bei Laurie für das leckere Essen. Laurie stellte ihr Glas ab und erhob sich ebenfalls.
»Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne bis zur Leichenhalle mit dir fahren.«
»Wie bitte?« fragte Jack und sah sie ungläubig an. »Du willst doch nicht etwa um diese Zeit arbeiten? Soweit ich weiß, hast du nicht einmal Bereitschaftsdienst.«
»Ich will dem Leichenhallenmitarbeiter der Nachtschicht und dem Mann vom Sicherheitsdienst ein paar Fragen stellen«, erwiderte Laurie, während sie zur Garderobe ging, um die Mäntel zu holen.
»Und warum, um Himmels willen?« fragte Jack.
»Ich will herausfinden, wie Franconis Leiche verschwinden konnte«, entgegnete Laurie und reichte Jack seine Bomberjacke. »Mit den Leuten von der Abendschicht habe ich schon gesprochen, als sie heute nachmittag ihren Dienst antraten.«
»Und was haben sie dir erzählt?«
»Nicht gerade viel«, erwiderte Laurie. »Die Leiche wurde um Viertel vor neun gebracht und von einem riesigen Troß von Polizisten und Journalisten begleitet. Offenbar herrschte ein ziemliches Durcheinander, und deshalb hat man es wohl auch versäumt, Röntgenaufnahmen zu machen. Die Mutter hat die Leiche identifiziert, was ihr, allen Zeugen zufolge, sehr nahe gegangen ist. Um Viertel vor elf hat man die Leiche in das Gefrierfach Nummer einhundertelf gebracht. Die Leiche muß also während der Nachtschicht verschwunden sein - zwischen elf und sieben Uhr.«
»Warum zerbrichst du dir darüber nur den Kopf?« fragte Jack. »Das ist doch ein Problem des Empfangsbüros.« Laurie zog sich den Mantel über und schnappte sich ihre Schlüssel.
»Nimm es einfach so hin, daß mich der Fall persönlich interessiert.«
Jack verdrehte die Augen, während sie in den Flur traten. »Laurie, bitte«, ermahnte er sie. »Du bringst dich nur in Schwierigkeiten. Glaub mir.«
Laurie drückte auf den Knopf, um den Fahrstuhl zu holen, und starrte Mrs. Engler an, die schon wieder spionierte.
»Diese Frau macht mich wahnsinnig«, sagte Laurie, während sie den Fahrstuhl bestiegen.
»Du hörst mir ja gar nicht zu«, beschwerte sich Jack.
»Doch«, erwiderte Laurie. »Ich höre dir zu. Aber ich werde den Fall trotzdem ein bißchen genauer unter die Lupe nehmen.
Neben dieser Geschichte und nach meinem unangenehmen Zusammentreffen mit Franconis Vorgänger ärgert es mich nämlich, daß diese verdammten Gangster glauben, tun und lassen zu können, was sie wollen. Sie scheinen anzunehmen, daß die Gesetze nur für andere Leute gelten. Pauli Cerino, von dem Lou heute morgen gesprochen hat, hat Menschen getötet, um seine Wartezeit für eine Hornhauttransplantation zu verkürzen. Nur damit du mal eine Ahnung davon bekommst, mit was für Typen wir es zu tun haben. Ich kann es einfach nicht ertragen, daß sie so mir nichts, dir nichts in unser Institut hereinspaziert kommen und mit der Leiche eines Mannes verschwinden, den sie gerade getötet
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