Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Kevin.
Kurz darauf klopfte jemand gegen die Heckscheibe des Wagens. Kevin drehte sich um und sah, daß einer der Männer ihm ein Zeichen gab, loszufahren.
Er wandte die gleiche Technik an wie beim ersten Mal. Er trat das Gaspedal etwa genauso stark durch, und kurz darauf gab es den gleichen Ruck - allerdings leider auch das gleiche ohrenbetäubende Scheppern. Diesmal kam ein Soldat ans Fenster.
Kevin rührte sich nicht vom Fleck und hoffte inständig, daß sich auch die beiden Männer, die er gerade kennengelernt hatte, nicht bewegten. Der Soldat setzte sich eine Flasche an den Mund und stieß dabei mehrere leere Flaschen vom Fensterbrett. Sie zersplitterten auf dem Bürgersteig. Dann drehte der Soldat sich unvermittelt um und verschwand im Raum. Kevin stieg aus und sah, wie die beiden Männer zwei Frauen aus dem anderen Lichtschacht zogen. Als sie sie oben hatten, stürmten die vier zum Auto. Kevin eilte hinter den Wagen, um die Kette zu lösen, doch wie er feststellte, kümmerte sich Warren bereits darum.
Sie stiegen ein, ohne ein weiteres Wort zu wechseln. Jack und Warren quetschten sich ganz hinten auf die Notsitze, Laurie und Natalie setzten sich zu Candace auf die Mittelbank.
Kevin legte den ersten Gang ein, warf einen letzten Blick auf das Fenster, hinter dem die Soldaten feierten, und fuhr los. Erst als sie den Rathausparkplatz verließen, wagte er, das Licht anzuschalten.
Ihre Flucht war für jeden von ihnen ein berauschendes Erlebnis gewesen: Kevin, Melanie und Candace freuten sich, daß sie Siegfrieds Wächtern entkommen waren, die vier aus New York waren überwältigt und erleichtert, daß man sie aus dem Gefängnis befreit hatte. Nachdem sie sich gegenseitig kurz vorgestellt hatten, sprudelten die ersten Fragen aus ihnen hervor. Zuerst redeten alle durcheinander.
»Jetzt hört mal alle her!« rief Jack. Er hatte Mühe, sich über das Geplapper hinweg verständlich zu machen. »Man versteht ja kein Wort, wenn alle gleichzeitig reden. Wie wär’s, wenn immer nur einer etwas sagt?«
»Okay«, sagte Warren. »Aber ich rede als erster! Ich möchte euch dreien danken, daß ihr uns da rausgeholt habt!«
»Dem kann ich mich nur anschließen«, fügte Laurie hinzu. Als sie das Zentrum hinter sich gelassen hatten, bog Kevin auf den Parkplatz des Supermarktes ein, wo noch etliche andere Autos standen. Er brachte den Wagen zum Stehen und schaltete das Licht aus.
»Bevor wir über alles andere reden«, stellte er fest, »sollten wir klären, wie wir aus Cogo verschwinden können. Viel Zeit haben wir nicht. Wie wollten Sie denn nach Ihrem ursprünglichen Plan hier wegkommen?«
»Mit dem Boot, mit dem wir auch gekommen sind«, erklärte Jack. »Und wo ist das Boot jetzt?« fragte Kevin.
»Hoffentlich da, wo wir es versteckt haben«, erwiderte Jack. »Wir haben es unter dem Pier auf den Strand gezogen.«
»Ist es groß genug für uns alle?« wollte Kevin wissen. »Auf jeden Fall«, erwiderte Jack.
»Super!« rief Kevin aufgeregt. »Genau darauf hatte ich gehofft. Dann können wir auf direktem Weg nach Gabun fahren.« Er sah sich schnell um und startete den Motor. »Jetzt können wir nur beten, daß sie das Boot noch nicht entdeckt haben!«
Er verließ den Parkplatz und fuhr in Richtung Uferstraße, wobei er einen großen Bogen um das Rathaus und sein eigenes Haus machte.
»Wir haben allerdings ein Problem«, sagte Jack. »Man hat uns unser Geld und unsere Pässe abgenommen.«
»Uns geht es auch nicht viel besser«, entgegnete Kevin. »Wir haben zwar etwas Geld und ein paar Reiseschecks, aber unsere Pässe wurden ebenfalls konfisziert, als sie uns heute nachmittag unter Hausarrest gestellt haben. Mit uns hatten sie das gleiche vor wie mit Ihnen: Sie wollten uns den äquatorialguinesischen Behörden übergeben.«
»Und?« fragte Jack. »Wäre das ein Problem gewesen?« Kevin lachte einmal kurz und trocken auf. Vor seinem inneren Auge sah er bereits ihre Schädel auf Siegfrieds Schreibtisch stehen.
»Das wäre in der Tat ein Problem gewesen. Es hätte ein schnelles Scheinverfahren gegeben, und dann wären wir von einem Erschießungskommando hingerichtet worden.«
»Das gibt’s doch gar nicht!« rief Warren. »In diesem Land gilt es als Kapitalverbrechen, sich in die Angelegenheiten von GenSys einzumischen«, erklärte Kevin. »Und der Zonenmanager ist derjenige, der darüber entscheidet, ob sich jemand eingemischt hat oder nicht.«
»Ein Erschießungskommando?« wiederholte Jack entsetzt.
»Ja«,
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