Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Auto zu ihrem Hauptquartier gegenüber der Tiersektion gebracht, wo die drei für mehrere Stunden in einem fensterlosen Raum eingesperrt worden waren. Später hatte man sie dann in den Ort gefahren und in dem alten Gefängnis eingekerkert.
»Es ist eine Unverschämtheit, uns so zu behandeln«, fuhr Melanie Spallek an.
»Ich weiß wirklich nicht, was Sie haben«, entgegnete Siegfried. »Wie Mustapha mir gerade versichert hat, hat man Sie äußerst respektvoll behandelt.«
»Das nennen Sie respektvoll?« ereiferte sich Melanie. »Erst haben sie mit Maschinengewehren auf uns geschossen und uns dann in dieses dunkle Dreckloch gesperrt! Unter respektvoller Behandlung verstehe ich etwas anderes.«
»Man hat nicht auf Sie geschossen«, widersprach Siegfried. »Die Soldaten haben lediglich ein paar Warnschüsse über Ihre Köpfe abgefeuert. Immerhin haben Sie gegen eine Vorschrift verstoßen, die in der Zone äußerst ernst genommen wird. Es ist strengstens verboten, Isla Francesca zu betreten. Das ist jedem hier bekannt.«
Siegfried gab Cameron durch einen Wink zu verstehen, daß er Candace befreien solle, woraufhin dieser ihre Zellentür mit einem großen, altertümlichen Schlüssel öffnete. Candace stürzte sofort aus ihrer Zelle und klopfte sich gründlich die Kleidung ab. Sie wollte sichergehen, daß sie auf keinen Fall mehr irgendwelches Ungeziefer an sich hatte. Sie trug noch immer ihre OP-Kleidung.
»Bei Ihnen möchte ich mich entschuldigen«, wandte sich Siegfried an Candace. »Ich nehme an, unsere beiden Forscher hier sind dafür verantwortlich, daß Sie in dieser mißlichen Situation gelandet sind. Vermutlich wußten Sie nicht einmal, daß das Gebiet rund um die Insel gesperrt ist.« Danach schloß Cameron auch die Zellen von Melanie und Kevin auf.
»Als ich von Ihrer Festnahme unterrichtet wurde, habe ich umgehend versucht, Dr. Lyons zu erreichen«, erklärte Siegfried. »Ich wollte von ihm wissen, wie wir die Situation seiner Meinung nach am besten handhaben sollten. Da ich ihn aber nun einmal nicht erreichen konnte, muß ich selber entscheiden, wie wir mit Ihnen verfahren sollen. Ich setze Sie jetzt alle drei ohne Kaution auf freien Fuß und hoffe, daß Ihnen die Ernsthaftigkeit Ihres Verstoßes inzwischen bewußt geworden ist. Nach äquatorialguinesischem Recht könnten Sie wegen eines Kapitalverbrechens belangt werden.«
»Was für ein Unsinn!« fauchte Melanie ihn an. Kevin schauderte. Er fürchtete, daß Siegfried sie sofort wieder einsperren würde, wenn Melanie ihn jetzt gegen sich aufbrachte. Großzügigkeit zählte wahrhaftig nicht zu Siegfrieds Charakterstärken.
Mustapha reichte Kevin seine Autoschlüssel. »Ihr Wagen steht hinter dem Gebäude«, erklärte er mit seinem schweren französischen Akzent.
Kevin nahm die Schlüssel entgegen. Seine Hand zitterte so sehr, daß die Schlüssel aneinanderklirrten. Schnell ließ er sie in der Hosentasche verschwinden. »Irgendwann morgen im Laufe des Tages spreche ich mit Dr. Lyons«, sagte Siegfried. »Ich werde mich dann mit jedem von ihnen in Verbindung setzen. Sie können jetzt gehen.« Melanie wollte gerade erneut den Mund aufmachen, doch Kevin hinderte sie, indem er sie am Arm packte und in Richtung Treppe zog.
»Langsam habe ich genug von dieser groben Behandlung«, fuhr Melanie ihn an und versuchte, seine Hand abzuschütteln.
»Sei still!« zischte Kevin ihr durch seine zusammengebissenen Zähne zu. »Wir gehen jetzt zum Auto.« Dann zerrte er wieder an ihrem Arm, damit sie ihm endlich folgte.
»Was für eine Nacht!« stöhnte Melanie. Am unteren Treppenabsatz hatte sie ihren Arm endlich aus Kevins Umklammerung befreit und stieg gereizt die Stufen empor. Kevin wartete noch auf Candace und folgte den beiden Frauen dann hinauf ins Erdgeschoß. Oben angelangt, fanden sie sich im Dienstzimmer der immer auf dem Rathausplatz herumhängenden äquatorialguinesischen Soldaten wieder. Es waren vier von ihnen im Raum.
Die Anwesenheit des Gebietsmanagers, des Sicherheitschefs und des Kommandanten der marokkanischen Söldnertruppen bewirkte, daß die Soldaten erheblich aufmerksamer waren als sonst. Sie standen alle vier stramm und hatten ihre Gewehre geschultert. Als Kevin und die Frauen plötzlich in dem Raum erschienen, waren sie offensichtlich verwirrt. Während Kevin die Frauen zur Tür und hinaus auf den Parkplatz drängte, ließ Melanie es sich nicht nehmen, den Soldaten einen Stinkefinger zu zeigen.
»Bitte, Melanie!« bat Kevin sie.
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