Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
Alarmanlage. Zum Glück hörte er nicht den warnenden Summton, den er befürchtet hatte, aber um ganz sicher zu sein, wartete er noch einen Moment ab. Die Alarmanlage war ausgeschaltet. Ein heller grüner Punkt ließ darauf schließen, dass alles in Ordnung war. Jack schloss leise die Tür. Da vernahm er plötzlich das gedämpfte Geräusch des Fernsehers aus dem Wohnzimmer. Aus der gleichen Richtung fiel auch ein wenig Licht in den dunklen Flur.
Weil er dachte, dass Craig vielleicht noch wach oder möglicherweise auch vor dem Fernseher eingeschlafen war, ging er durch den Flur zum großen Wohn-Ess-Bereich. Kein Craig zu sehen. Der Fernseher über dem Kamin war auf einen Kabel-Nachrichtensender eingestellt, und in diesem Teil des Raums war das Licht eingeschaltet, wohingegen die Küche und der Essbereich im Dunkeln lagen.
Auf dem Couchtisch vor dem Sofa lag die Fernbedienung neben Craigs fast leerer Scotch-Flasche und einem altmodischen Glas. Die Macht der Gewohnheit ließ Jack den Fernseher ausschalten. Dann ging er zurück in die Diele. Er blickte die Treppe hinauf ins Dunkel und dann den Flur entlang zum Arbeitszimmer. Durch das Erkerfenster des Arbeitszimmers fiel ein wenig Licht von der Straßenlaterne herein.
Jack überlegte, was er als Erstes tun sollte: nach Craig schauen oder sich den Biomarker-Test ansehen. Es war keine schwierige Entscheidung. Wenn er vor die Wahl gestellt wurde, erledigte er meistens erst die weniger angenehme Aufgabe, und das war in diesem Fall eindeutig Craig. Er glaubte natürlich nicht, dass es sonderlich schwierig sein würde, aber er wusste, dass er das Risiko einging, Craig zu wecken, wenn er sein Zimmer betrat, und genau das wollte er vermeiden. Craig würde seine Anwesenheit bestimmt nicht als Gefallen auffassen. Im Gegenteil, dieser implizite Hinweis auf seine Hilfsbedürftigkeit würde ihn wahrscheinlich eher kränken und verärgern.
Jack blickte erneut hinauf in die Dunkelheit. Er war noch nie oben im ersten Stock gewesen und hatte keine Ahnung, wo das Elternschlafzimmer liegen mochte. Da er das Licht nicht einschalten wollte, ging er zurück in die Küche. Seiner Erfahrung nach hatten die meisten Familien eine Schublade, in der sie allen möglichen Krimskrams aufbewahrten, und in den meisten Krimskrams-Schubladen gab es auch eine Taschenlampe.
Es stellte sich heraus, dass er zum Teil Recht hatte. Es gab eine Taschenlampe in der Krimskrams-Schublade, aber die Schublade der Bowmans befand sich nicht in der Küche, sondern in der Waschküche. Passend zum Rest des Hauses und seiner Ausstattung handelte es sich bei der Taschenlampe um eine beeindruckende, dreißig Zentimeter lange Maglite, die einen grellen, konzentrierten Lichtstrahl warf, als Jack sie einschaltete. Da er glaubte, mit der Hand über dem Glas die Lichtmenge variieren zu können, kehrte Jack damit zur Treppe zurück und machte sich an den Aufstieg.
Als er die oberste Stufe erreicht hatte, ließ er genug Licht durch seine Finger fallen, um erst in die eine und dann in die andere Richtung zu schauen. Eine Vielzahl von Türen gingen von beiden Seiten des Flurs ab, und wie es der Zufall wollte, waren die meisten von ihnen geschlossen. Während Jack sich darüber klar zu werden versuchte, wo er anfangen sollte, sah er noch einmal prüfend in beide Richtungen und stellte fest, dass die rechte Flurhälfte nur halb so lang war wie die linke. Ohne so recht zu wissen warum, wandte er sich bei seiner Suche zuerst nach rechts. Er wählte auf gut Glück eine Tür aus, öffnete sie leise und schob sie gerade weit genug auf, dass er über die Schwelle treten konnte. Langsam ließ er das Licht durch den Raum gleiten. Das war ganz sicher nicht das Elternzimmer. Es war das Zimmer von einem der Mädchen, und anhand der Poster, der Fotos, der herumstehenden Dekoration und der wild verstreuten Kleider erkannte er, dass es Tracy gehörte. Zurück im Flur ging er weiter zur nächsten Tür. Er wollte sie gerade öffnen, als er bemerkte, dass die Tür am anderen Ende des Flurs zwei Flügel hatte. Da alle anderen Türen einflügelig waren, würde er jede Wette eingehen, dass er das Zimmer der Eltern gefunden hatte.
Mit abgeschirmtem Licht ging Jack auf die zweiflügelige Tür zu. Er drückte gegen die rechte Tür. Sie schwang nach innen auf. Als er in den Raum huschte, wusste er mit Bestimmtheit, dass er im Elternschlafzimmer war. Er stand auf hochflorigem Teppichboden. Einen Moment lang rührte er sich nicht. Er lauschte auf Craigs
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