Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
Lebens zu werden.«
»Ist denn zwischen dir und Craig alles in Ordnung? Läuft alles wieder normal?«
»Unsere Beziehung hängt in der Warteschleife, und er schläft im Gästezimmer, bis dieser ganze Behandlungsfehler-Schlamassel durchgestanden ist. Ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass er im Moment sehr viel um die Ohren hat. Zu viel, um die Wahrheit zu sagen, und das ist auch der Grund, warum ich anrufe.«
Alexis verstummte und atmete tief ein.
»Wenn du Geld brauchst, das ist kein Problem«, bot Jack an.
»Nein, Geld ist kein Thema. Wir haben ein anderes Problem. Im Moment sieht es ganz danach aus, als könnte Craig diesen Prozess verlieren. Und unter dem Druck der öffentlichen Kritik, wie du es genannt hast, besteht die Gefahr einer akuten Belastungsreaktion, laienhaft gesprochen, eines Nervenzusammenbruchs. Und wenn das passiert, sehe ich wirklich keine Chance mehr für eine Versöhnung. Ich glaube, es wäre eine Tragödie, für Craig, für mich und auch für die Mädchen.«
»Dann liebst du ihn also immer noch?«
»Das ist eine schwierige Frage. Lass es mich so sagen: Er ist der Vater meiner Töchter. Ich weiß, dass er nicht der beste Vater war, und auch nicht gerade der traditionelle Bilderbuch-Ehemann, aber er war ein wunderbarer Ernährer und immer sehr fürsorglich. Ich glaube felsenfest, dass er uns so sehr liebt, wie er kann. Er ist einer der Besten seiner Zunft. Die Medizin ist seine Geliebte. Im Grunde genommen ist Craig das Opfer eines Systems, das ihn von dem Moment an, als er beschloss, Arzt zu werden, unablässig dazu getrieben hat, sich mit anderen zu messen und sie zu übertreffen. Es gab immer noch eine Prüfung und noch eine Herausforderung. Sein Drang nach beruflicher Anerkennung ist unstillbar. Traditionelle gesellschaftliche Erfolge haben für ihn nicht den gleichen Stellenwert. Ich wusste das, als ich ihn kennen lernte, und ich wusste es, als ich ihn heiratete.«
»Dachtest du damals, er würde sich ändern?«
»Eigentlich nicht. Ich muss zugeben, dass ich ihn für sein Engagement und seine Aufopferung bewundert habe, und das tue ich immer noch. Vielleicht sagt das etwas über mich aus, aber das ist momentan nebensächlich.«
»Ich will dir in keinem dieser Punkte widersprechen. Nachdem ich die gleiche Ausbildung durchlaufen habe und den gleichen Druck gespürt habe wie er, kommt mein Eindruck von Craigs Persönlichkeit dem sehr nah. Ich hätte es nur nicht so treffend formulieren können wie du. Aber das liegt wahrscheinlich daran, dass du als Psychologin auf diesem Gebiet Expertin bist.«
»Das stimmt. Persönlichkeitsstörungen sind mein tägliches Brot. Ich wusste schon vor unserer Hochzeit, dass Craig viele narzisstische Züge hatte. Inzwischen könnten sie sich sogar zu einer richtigen Störung ausgeweitet haben, da sie einige Bereiche seines Lebens erheblich beeinträchtigen. Ärgerlicherweise habe ich es nicht geschafft, ihn zu überreden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, was nicht verwunderlich ist, da narzisstisch veranlagte Menschen im Allgemeinen Schwierigkeiten damit haben, Unzulänglichkeiten einzugestehen.«
»Und außerdem bitten sie nicht gerne um Hilfe, denn Abhängigkeit ist in ihren Augen ein Zeichen von Schwäche«, sagte Jack. »Das kenne ich aus eigener Erfahrung. Die meisten Ärzte haben zumindest einen leisen Hang zum Narzissmus.«
»Na ja, bei Craig ist es schon deutlich mehr als ein Hang, deswegen hat er ja auch das Gefühl, ihm würde vollkommen der Boden unter den Füßen weggerissen.«
»Das tut mir alles wirklich sehr leid, Alexis, aber meine toten Patienten werden allmählich unruhig. Ich möchte nicht, dass sie wieder weglaufen, ehe ich sie untersucht habe. Kann ich dich vielleicht heute Abend zurückrufen?«
»Entschuldige, dass ich so ewig daherrede«, entgegnete Alexis rasch. »Aber eigentlich wollte ich dich um einen Gefallen bitten: um einen ziemlich großen Gefallen.«
»Ach ja?«, entgegnete Jack.
»Würdest du vielleicht ins Flugzeug steigen und hierherkommen, um zu sehen, ob du uns irgendwie helfen kannst?«
Jack lachte kurz auf. »Helfen? Wie sollte ich euch helfen können?«
»Du hast gelegentlich erwähnt, wie oft du bei Prozessen als Zeuge auftrittst. Deine Gerichtserfahrung könnte uns helfen. Der von der Versicherung beauftragte Anwalt, der Craig vertritt, ist erfahren und wirkt kompetent, aber er findet keinen Zugang zu den Geschworenen. Craig und ich haben darüber gesprochen, eventuell einen anderen
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