Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
Geschworenen wohl etwas mit den Wörtern pejorativ und Konnotation anfangen konnten, und wie viele von denen, die es konnten, sie als hochtrabend empfanden. Was sie sah, war nicht gerade ermutigend. Die Geschworenen wirkten wie Wachsfiguren.
»Aber«, sagte Randolph und hob einen seiner langen manikürten Finger, als tadelte er eine Gruppe ungezogener Kinder, »die Bedeutung des Worts Concierge in seiner üblichen Verwendung verweist auf Hilfe oder Dienst, ohne die geringste negative Konnotation. Und genau das ist der Grund dafür, dass mit diesem Begriff ärztliche Betreuung auf Vorschussbasis bezeichnet wird, für die eine geringe Vorausgebühr verlangt wird. Sie werden die Aussagen einer Reihe von Ärzten hören, die bestätigen werden, dass sie in so einem Praxismodell während der Untersuchungen und der Überweisungen an andere Ärzte mehr Zeit mit dem Patienten verbringen können, so dass der Patient die Art medizinischer Betreuung erfährt, die wir Laien uns alle wünschen. Sie werden hören, dass die Art der Behandlung, wie sie in einer Concierge-Praxis praktiziert wird, jener Art der Behandlung entspricht, die alle Ärzte während des Medizinstudiums lernen. Sie werden auch hören, dass ihre Ursprünge in der wirtschaftlichen Belastung traditioneller Praxen liegen, die die Ärzte zwingt, immer mehr Patienten in einer bestimmten Zeitspanne aufzunehmen, damit ihre Einnahmen die Kosten übersteigen. Lassen Sie mich das anhand einiger Beispiele erläutern.«
Es war eher ein Reflex als eine bewusste Entscheidung, der Alexis als Reaktion auf Randolphs Ausflug in die eintönigen wirtschaftlichen Aspekte der Medizin zum Handeln brachte. Entschuldigungen murmelnd, zwängte sie sich seitlich durch die wie eine Kirchenbank anmutende Sitzreihe zum Mittelgang. Ihr Blick begegnete flüchtig dem des Mannes, der genauso gekleidet war wie Tony Fasano. Er saß gleich gegenüber auf dem Sitz am Gang, als Alexis ihre eigene Reihe verließ. Sein Gesichtsausdruck und sein starrer Blick irritierten sie, doch im gleichen Augenblick hatte sie ihn auch schon wieder vergessen. Sie eilte auf die Tür zum Korridor zu und bemühte sich, sie so leise wie möglich zu öffnen. Leider schnappte die schwere Tür so laut auf, dass es im ganzen Gerichtssaal zu hören war. Peinlich berührt trat sie hinaus in den Flur und ging in den weitläufigen Aufzugbereich. Sie setzte sich auf eine lederbezogene Bank und suchte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy.
Als sie bemerkte, dass sie kaum Empfang hatte, fuhr sie mit dem Aufzug hinunter ins Erdgeschoss und ging hinaus. Nach dem Aufenthalt im Inneren des Gebäudes musste sie im grellen Sonnenlicht die Augen zukneifen. Um dem dichten Zigarettenrauch der Nikotinsüchtigen zu entgehen, die rings um den Eingang des Gerichtsgebäudes verteilt standen, ging sie ein paar Schritte. An einem Geländer blieb sie schließlich stehen und blätterte sich durch das elektronische Adressbuch ihres Handys, bis sie zu den Einträgen ihres älteren Bruders kam. Da es nach zwei Uhr nachmittags war, versuchte sie es unter seiner Büronummer im rechtsmedizinischen Institut von New York.
Während das Freizeichen ertönte, versuchte Alexis sich daran zu erinnern, wann sie Jack zum letzten Mal angerufen und mit ihm geredet hatte. Sie wusste es nicht mehr genau, aber es musste Monate her sein, vielleicht sogar schon ein halbes Jahr, so sehr wie sie von dem Chaos in ihrer Familie in Anspruch genommen war. Aber selbst davor hatte es nur sporadischen, mehr oder weniger spontanen Kontakt gegeben, was bedauerlich war, da sie und Jack sich als Kinder sehr nahe gestanden hatten. Jacks Leben war nicht leicht gewesen, vor allem nicht vor fünfzehn Jahren, als seine Frau und seine beiden Töchter, die damals zehn und elf Jahre alt waren, beim Absturz eines Pendlerflugzeugs ums Leben gekommen waren. Sie waren auf dem Heimflug nach Champaign, Illinois, gewesen, nachdem sie Jack in Chicago besucht hatten, wo er sich zum Rechtsmediziner umschulen ließ. Als Jack vor zehn Jahren aus dem Westen nach New York gezogen war, hatte Alexis gehofft, dass sie sich oft sehen würden. Aber dazu war es nicht gekommen, aus genau dem Grund, den sie Craig zuvor genannt hatte. Jack hatte immer noch mit dieser Tragödie zu kämpfen, und Alexis’ Kinder waren eine schmerzliche Erinnerung. Tracy, Alexis’ älteste Tochter, war einen Monat nach Jacks tragischem Verlust auf die Welt gekommen.
»Wehe, das ist jetzt nicht wichtig, Soldano«, sagte Jack ohne
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