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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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und ekelerregende Toiletten.
    Er kam im Juni an. Man teilte ihm mit, dass die Invasion für Anfang Juli geplant sei.
    Eine Invasion? Er hatte angenommen, er solle in Nordafrika eingesetzt werden. Nein, sagte man ihm, er würde nach Sizilien fahren.
    Dann wolle er sich in der Bibliothek von Algier noch einige Informationen beschaffen, meinte er. Sizilien gehöre schließlich nicht zu seinem Fachgebiet. Tut uns leid, wurde ihm gesagt, keine öffentlichen Recherchen. Dadurch könnten deutsche Spione auf das nächste Angriffsziel der Alliierten aufmerksam gemacht werden.
    Daraufhin wollte er die Informationen einsehen, die der Armee über Sizilien vorlagen. Auch das war aus den genannten Gründen nicht möglich.
    Ob er denn die Listen und die Beschreibungen der zu schützenden Kulturgüter sehen könne? Leider befänden sich diese Listen noch in Bearbeitung bei Paul Sachs und dessen Kollegen in New York. Sie würden erst in einigen Wochen vorliegen, teilte man ihm mit. Und selbst wenn sie vor der Invasion ankämen, würden sie nicht zugänglich sein. Aus demselben Grund: deutsche Spione. Die Listen würden nach der Landung der Alliierten nach Sizilien geschickt und den Kommandeuren übergeben werden.
    Dann verlangte Hammond, unverzüglich mit den anderen Offizierskollegen zu sprechen, die sich mit den Kulturgütern befassen sollten.
    Kollegen? Es gebe nur einen. Einen Briten. Und der ... nun, der sei gerade nicht da. Lord Woolley, der Verantwortliche auf der Seite der Briten, hatte sich Wheeler oder Ward-Perkins für den Job gewünscht, aber beide waren nach Leptis Magna mit anderen Aufgaben betraut worden. Als er erfahren hatte, dass sie nicht zur Verfügung standen, verschleppte er die Benennung eines Offiziers.
    Er verschleppte die Benennung?
    Es gab schlicht keinen anderen Offizier. Zumindest jetzt noch nicht.
    Und wie sah es mit dem Mitarbeiterstab aus?
    Es gab keinen Stab.
    Mit Transportmöglichkeiten?
    Es waren keine vorgesehen.
    Schreibmaschinen? Funkgeräte? Laternen? Landkarten? Schmierpapier? Schreibstifte?
    Es war kein Material zugeteilt worden.
    Und wie lauteten die Befehle?
    Es gab noch keine. Er könne hingehen, wo er wolle.
    Hammond, der die Realität auf dem Kriegsschauplatz kannte, begriff, dass es noch überhaupt keinen Auftrag gab. Die Freiheit, die er besaß, war anscheinend nur eine andere Bezeichnung dafür, dass es nichts Wichtiges zu tun gab. Was Hammond aber nichts ausmachte. »Ich bezweifle, dass wir für diese Aufgabe einen großen Stab von Spezialisten brauchen«, schrieb er aus Nordafrika an einen Freund, »da dies bestenfalls ein Luxus ist und das Militär nicht gerade begeistert sein wird, wenn hier in großer Zahl Kunstexperten herumlaufen und den Soldaten sagen, was sie nicht unter Feuer nehmen dürfen.« 31 Auch der erste »Monuments Man«, wie die Fachleute für den Schutz der Kulturgüter schließlich genannt wurden, glaubte zunächst, dass die Armee ihre Aufgabe als vollkommen sinnlos und als Zeitverschwendung betrachten würde.
    Die Alliierten landeten am 9./10. Juli 1943 auf Sizilien. Hammond, der auf der Transportliste weit unten stand und zur Besatzungstruppe gezählt wurde, kam erst am 29. Juli an, lange nachdem die Invasionstruppen schon ihre Brückenköpfe verlassen hatten. In Syrakus, seinem ersten Stützpunkt, war das Wetter angenehm mild. Die örtlichen Kulturrepräsentanten hießen ihn herzlich willkommen – die Italiener vom Festland und die Deutschen hatten sie schlecht behandelt, und daher freuten sie sich, dass sie sie losgeworden waren – und zeigten ihm auf einer Rundfahrt die Kulturgüter am Ort. Obwohl sie an der Vormarschroute der Armee lagen, waren die Monumente kaum beschädigt worden. An der Südküste, Hammonds nächstem Reiseziel, war es ruhig; wie eh und je fielen die Hügel sanft zum Meer hin ab. Als er einige Tage später die berühmten römischen Ruinen bei Agrigento betrachtete, in der erbarmungslosen sizilianischen Sonne von dunklen Schattenstreifen überzogen, entdeckte er beträchtliche Schäden, doch keine, die den Bauten in den vergangenen tausend Jahren zugefügt worden waren. Er behielt wohl recht mit seiner Vermutung; außer sich mit ein paar sizilianischen Experten auszutauschen, gab es für einen Monuments Man hier nichts zu tun.
    Doch in Palermo, der Hauptstadt Siziliens, wurde Hammond schlagartig von der Wirklichkeit eingeholt. Im Zuge einer Ablenkungskampagne hatten die Alliierten die Stadt gnadenlos bombardiert und die alten Hafenanlagen,

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