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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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Veit-Stoß-Altars alle zur berühmten Czartoryski-Sammlung gehörten, waren die bedeutendsten Gemälde, die es in Polen gegeben hatte. Seither hatte sie niemand mehr zu Gesicht bekommen oder etwas über ihren Verbleib erfahren. Ein Jahr später, als Westeuropa fiel, wichen die Tatsachen Gerüchten und Anspielungen. Doch auch dies genügte der Kunstwelt, um zu erkennen, dass Museen und Sammlungen, große wie kleine, systematisch ausgeschlachtet und die wertvollen Kunstwerke nach Deutschland abtransportiert wurden. Die Landung in der Normandie bot den Mitarbeitern der Museen in Amerika und England erstmals eine Chance, nicht nur herauszufinden, was hinter dem NS-Vorhang vor sich ging, sondern auch damit zu beginnen, das begangene Unrecht zu korrigieren. James Rorimer hatte nicht die Absicht, hinter einem Schreibtisch zu sitzen, während sich vor ihm die Kunstgeschichte entfaltete.
    Und fast genau dies geschah.
    Rorimer hatte sich 1943 freiwillig zur Armee gemeldet. Der 37-Jährige galt als der aufgehende Stern am Metropolitan Museum of Art, nachdem er vor Kurzem zum Kurator des Cloisters ernannt worden war, der Abteilung am Met, die sich mittelalterlicher Kunst und Architektur widmete. Aber wie auch viele andere beruflich erfolgreiche Fachleute wurde er als einfacher Gefreiter in die Armee aufgenommen und dem Ausbildungsbataillon der 4. Infanterie in Fort Wheeler in Georgia zugeteilt. Im Februar 1944 kam seine Tochter Anne zur Welt. »Nun bin ich endlich ein stolzer Vater«, schrieb er an seine Frau Katherine, die er Kay nannte, nachdem sie ihn über die Geburt informiert hatte, »und die Fotos sind der wertvollste Besitz, den ich bei mir trage.« 54 Kurz danach schiffte er sich nach England ein. Er sollte seine Tochter erst nach mehr als zwei Jahren zum ersten Mal sehen.
    Nachdem Rorimer die Ausbildung in der Civil-Affairs-Einrichtung in Shrivenham absolviert hatte, wurde er kurz darauf für die Tätigkeit im Kulturgüterschutz ausgewählt. »Allmählich lerne ich hier weitere Kunst ›historiker‹ kennen³, schrieb er seiner Frau nach seiner Versetzung zur MFAA. »Wir werden hier in Bereitschaft gehalten, um zum Einsatz zu kommen, wann und wo es erforderlich ist ... Ich halte mich im Hintergrund, während andere Politik spielen.« 55
    Da er gute Kenntnisse über französische Kunst besaß und auch die Sprache beherrschte, erwartete Rorimer, dass er herangezogen würde zu den Vorbereitungen der Invasion seines »liebsten europäischen Landes«. 56 Doch in der MFAA ging es ziemlich durcheinander. Im April, nachdem er zwar für eine Stelle in der Monuments-Abteilung vorgesehen, aber ihr noch nicht formell zugewiesen worden war, begab sich Rorimer auf die Suche nach einer sinnvollen Tätigkeit. Am 9. April fand er sie – als Fahrlehrer für Offiziere, die das Fahren von Lastwagen lernen sollten. Dank seiner üblichen Gewissenhaftigkeit und harter Arbeit wurde er schnell zu einem Fachmann für Lastwagen und gab jeden Tag acht Stunden Unterricht. Doch gegenüber Kay bekannte er: »In jedem freien Augenblick habe ich mich im Feld mit Monuments-Arbeit beschäftigt.« 57
    Als sich Rorimer am 30. April die Chance bot, in einer anderen Einheit PR-Offizier und Historiker zu werden, nutzte er sie sofort. Doch der Leiter der MFAA, Geoffrey Woolley, weigerte sich, ihn abzutreten. »Meine gegenwärtige Stelle ist von den Umständen, den Stimmungen, der Politik und von Webb abhängig«, schrieb Rorimer an Kay. 58 Er glaubte an den Kulturgüterschutz, aber im Unterschied zu dem gewieften Fogg-Konservator George Stout, der sich viele Jahre lang darum bemüht hatte, das Projekt ins Laufen zu bringen, war er nicht überzeugt, dass sich die Bemühungen irgendwann auszahlen würden. »Teile Sachs mit, dass sich alle meine Befürchtungen bewahrheitet haben«, schrieb er mehr als einen Monat vor dem D-Day, »und dass ich gut damit beschäftigt war, Leute über Automotoren und ihre Instandhaltung zu unterrichten.« 59 Eine Woche später, am 7. Mai, hatte sich seine Einschätzung geändert: »An manchen Tagen oder auch in manchen Stunden – hin und wieder – denke ich, dass ein Job bei Civil Affairs der schönste Posten auf der Welt ist, den man haben kann ... Wir [die Monuments Men] haben eine außergewöhnliche Arbeit zu erledigen, und ich bin froh, dass die Dinge so gut wie möglich gehandhabt werden.« 60
    James Rorimer, das war klar, war nicht geschaffen für die bürokratischen Abläufe im Militär. Im Metropolitan Museum war er in

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