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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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Rouen, in der Ronald Balfour vor einer oder zwei Wochen die ausgebrannten Überreste des Palais de Justice gesehen hatte. Selbst aus der Luft waren die Zerstörungen im Stadtgebiet offenkundig, aber außerhalb von Rouen war alles friedlich, die Bauernhäuser, die Kühe und die Schafe waren deutlich zu erkennen und wirkten wie aus der Zeit gefallen. Die sorgfältig bestellten Felder mit ihren markanten Heckenreihen bildeten ansprechende Muster. Die kleinen Dörfer mit ihren stillen Straßen erschienen friedlich und wohlhabend – bis man genauer hinschaute und die Narben der Zerstörung sah. Alle Brücken, bemerkte Hancock, waren eingestürzt.
    Paris war von den Kämpfen gezeichnet, erschien Walker Hancock aber schöner denn je. Der Eiffelturm beherrschte natürlich den Horizont, aber es waren die kleineren Boulevards, die vom Wunder der Befreiung kündeten. Tausende französische, britische und amerikanische Fahnen wehten an den Fenstern, und abgesehen von vereinzelten Konvois aus Militärlastwagen gab es auf den Straßen keinen motorisierten Verkehr. »Alle Leute sind mit Fahrrädern unterwegs«, schrieb er in einem Brief an seine Frau Saima, »was dazu führt, dass man eine Fülle schöner Beine sieht. Paris ohne Taxis ist eigentlich nicht vorstellbar – aber ich habe es gesehen. Um 22 Uhr werden die Lichter eingeschaltet – nach einem langen Abend im Dunkeln –, und natürlich gibt es keine Straßenbeleuchtung. Aber die Metro fährt und ist voller als die U-Bahn in New York. Alliierte Soldaten müssen nichts bezahlen. Die Deutschen haben dieses Privileg verlangt, und daher haben es die Franzosen aus Höflichkeit auch den ›Befreiern‹ gewährt ... Die ersten Freudenkundgebungen sind vorbei, und die Erleichterung ist auf den ersten Blick kaum erkennbar. Aber bald stellt man fest, wie freundlich die Leute sind. Häufig kommen kleine Jungen mit adretten weißen Handschuhen auf einen zu und schütteln einem feierlich die Hand, ohne ein Wort zu sagen. Die ärmeren Kinder wollen uns alle ein Souvenir geben – kleine Dinge, die sie gesammelt haben, wie beispielsweise Bilder, die Schokoladenriegeln oder Zigarettenschachteln beigelegt waren ... Heute habe ich in einem Dorf in der Nähe des Camps ein paar Postkarten gekauft. Der Ladenbesitzer wollte dafür kein Geld nehmen. ›Wir schulden Ihnen so viel‹, sagte er, ›das wir den amerikanischen Soldaten niemals zurückzahlen können.‹«
    Der Herbst lag in der Luft, aber Hancock erschien die Welt so frisch und klar wie ein Pariser Sommer. »Ich bin in Paris gewesen«, fuhr er fort, »und werde immer dankbar sein dafür, dass ich wenige Monate nach der Befreiung hier sein durfte.« 78
    Er verbrachte eine Nacht bei James Rorimer – »Jimsie«, wie seine Kollegen ihn nannten. Er war Monuments Man für den Seine-Abschnitt geworden, was im Grunde bedeutete, dass er für ganz Paris zuständig war; genau die Aufgabe, die er sich am sehnlichsten gewünscht hatte. Rorimer wohnte in der Wohnung seiner Schwester und seiner Schwagers, die seit dem Kriegsbeginn nicht mehr benutzt worden war. Zum Frühstück tischte er frische Eier auf, die ersten, die Hancock seit Monaten zu essen bekam, und die beiden Männer unterhielten sich über ihre Erlebnisse. Rorimer war im Konvoi von General Pleas B. Rogers angekommen, dem ersten Konvoi, der in die Stadt der Lichter eingerückt war. Er hatte die Rauchsäulen gesehen, die über der Stadt aufstiegen. Kugeln pfiffen von Hausdächern herab, das Gebäude der Nationalversammlung war verkohlt. Deutsche Gefangene wurden zum Comptoir National d’Escompte auf dem Place de l’Opera geführt. In den Tuilerien standen aufgegebene deutsche Panzer, deren Mündungsrohre noch heiß waren. »Ich habe mir keine Rast gegönnt; dazu war ich viel zu aufgeregt«, erzählte er Hancock, »bis ich im Hotel du Louvre in meinem Bett lag. Es war absurd, aber hier inmitten all dieser Zerstörungen gab es komfortable Hotels mit fließend heißem und kaltem Wasser und großen, hohen Räumen, alle mit Flügeltüren, Gardinen und einem Balkon ausgestattet. Für einen Augenblick war es wie im Vorkriegs-Paris.« 79
    Walker Hancock blieb nicht lange. Er wollte schnell wieder aus Paris weg. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen, die ihm so sehr am Herzen lag, dass er dafür ein angenehmes und erfüllendes Leben hinter sich gelassen hatte. Anders als einige seiner Kameraden, die es zumindest zum Teil auch aus persönlichen Gründen in den Krieg zog, hätte Hancock sein

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