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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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die Ausbildung für beide nicht bezahlen. Robert erwies sich als derart guter Student, dass sein Bruder ihn dazu drängte, weiterzustudieren. In dieser Zeit entdeckte Robert seine zweite Liebe: die Architektur. Und so war es seitdem geblieben: Die Armee und die Architektur verschmolzen in seinem Geist und in seinem Herzen.
    Er legte den Stift weg und griff nach seinen Feigen und Erdnüssen, ein Weihnachtsgeschenk von Alice. Feigen und Erdnüsse: Das war mehr, als er sich als Kind jemals hätte erträumen können. Und noch einige weitere Päckchen warteten darauf, ausgepackt zu werden, einige davon tatsächlich in Geschenkpapier eingewickelt. Diese wollte er sich für den Weihnachtsmorgen aufheben. Er dachte an jenen Augenblick, als ihm klar geworden war, dass es da draußen eine ganz andere Welt gab. Er war acht Jahre alt gewesen und hatte ein Bild von einem Berg gesehen. Auf dem Gipfel lag Schnee, aber im Tal darunter blühten Blumen. Je mehr er darüber nachdachte, warum das so sein konnte, umso komplizierter und wunderbarer erschien ihm das Leben. Es gab so viele Fragen, erkannte er, dass er für den Rest seines Lebens damit beschäftigt sein würde, Antworten auf sie zu finden. 128
    Viel Zeit war seitdem vergangen. Er hatte echte Berge zu Gesicht bekommen. Er hatte 300 Meter dickes Eis in der Arktis gesehen. Er hatte Landebahnen auf diesem Eis konstruiert für den Fall, dass amerikanische Piloten hier würden landen müssen. Er hatte eine Pontonbrücke entworfen, um mitzuerleben, wie sie einbrach und ein Panzer im schlammigen Wasser eines Flusses in Pennsylvania versank. Er war in London gewesen. Er hatte New York City nicht nur besucht, sondern dort auch gearbeitet.
    Nun war er hier in Europa. Er konnte in eine alte Stadt gehen und Schneehaufen entlang der Straßen sehen und Häuserzeilen die sich dahinter erhoben. Nein, er war nicht nur einfach hier. Er war ein Experte; es war seine Aufgabe, diese Stadt zu erhalten. Und er war Soldat. Er hatte sogar General George S. Patton Jr. persönlich kennengelernt, den berühmtesten Kämpfer der US-Armee. Ein Mann, den man einen Schweinehund nennen konnte – und alle in der 3. US-Armee taten das –, dem man aber zugleich Bewunderung entgegenbringen musste.
    Posey erinnerte sich an eine Geschichte, die er von Soldaten über Pattons Zeit als Befehlshaber der 7. US-Armee 1943 in Sizilien gehört hatte. Nachdem er die Überreste der römischen Siedlung bei Agrigento besichtigt hatte, bemerkte General Patton gegenüber einem lokalen Fachmann: »Es war nicht die 7. US-Armee die diese Zerstörungen verursacht hat, nicht wahr?«
    Der Mann erwiderte: »Nein, Sir, das ist im letzten Krieg geschehen.«
    »Welcher Krieg war das?«
    »Der Zweite Punische Krieg.« 129
    Diese Anekdote sorgte für Erheiterung, hatte aber eine ernste Botschaft: dass die Geschichte lang ist, dass das kulturelle Erbe wichtig ist, dass die 3. US-Armee in jeder Hinsicht danach streben musste, die bedeutendste Kampftruppe zu werden, seit Hannibal in diesem Punischen Krieg mit seinen Elefanten die Alpen überquerte und das taumelnde Römische Reich beinahe bezwungen hätte. Robert Posey war kein Infanterist. Er schoss nicht mit einem Gewehr. Aber seine Aufgabe war wichtig, und er war entschlossen, sie mit all seiner Kraft zu erfüllen. Das Wetter und die Gefahren sollten verdammt sein. Nirgendwo auf der Welt wäre Robert Posey lieber gewesen als in der 3. US-Armee.
    Außer vielleicht zu Hause.
    Abermals legte er den Stift weg. Er schaute zu den übrigen Päckchen von Alice und Woogie. Es war der 10. Dezember, zwei Wochen noch bis Weihnachten, aber er wollte nicht länger warten.
    Die erste Schachtel enthielt kleine Geschenke für französische Kinder. Er hatte Alice geschrieben, ihm nichts dergleichen zu schicken, da er ständig unterwegs sei und keine Kinder kenne, aber dennoch hatte sie ihm diese Sachen zukommen lassen. Am nächsten Tag nahm er diese Geschenke mit und entdeckte zu seiner Überraschung auf den Straßen Kinder, die Stücke von Alufolien aufsammelten, um damit Christbäume zu schmücken. Deutsche Flugzeuge hatten die Alufolien abgeworfen, um das Radar der Alliierten zu stören; sie waren das Einzige, was es in diesem Jahr im Überfluss gab. Das erinnerte Posey an seine ärmliche Kindheit, und er fragte sich, ob Alice das im Sinn gehabt hatte. Er traf auf eine Gruppe französischer Mädchen. Er bot ihnen Alices Geschenke an, allerdings nur unter einer Bedingung: dass sie seinem Sohn Briefe auf

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