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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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das auf den Aufbau einer nationalsozialistisch ausgerichteten Eliteuniversität zielte. Schnell erkannten die Nazis, dass sich der ERR ideal als Deckmantel eignete, um sich wertvolle Kunstwerke und Kulturgüter aus Frankreich anzueignen. Ende Oktober, nur wenige Wochen nach Hitlers Freibrief für den ERR, wurde im Jeu de Paume eine Organisation zur Katalogisierung Verpackung und zum Abtransport von Kunstwerken eingerichtet.
    In den folgenden vier Jahren nutzten die Deutschen das Museum Vallands Museum, als Clearingstelle für ihr französisches Beutegut. Vier Jahre lang wanderten die privaten Sammlungen französischer Bürger, vor allem von Juden, durch seine Galerien nach Deutschland. Vier Jahre lang sorgten Wachmänner von der Gestapo dafür, dass niemand das Museum betrat außer handverlesenen Personen, die von Oberst Kurt von Behr ausgewählt worden waren, dem Kommandanten des Jeu de Paume und örtlichen Leiter des ERR. Der Mitarbeiterstab war jedoch alles andere als diszipliniert; vielmehr wurde das Museum, sogleich nachdem es die Nazis mit Beschlag belegt hatten, zu einem Treibhaus des Verrats, der Intrige und des Diebstahls. Dennoch verlief die Operation mit atemberaubender Effizienz; Ladung um Ladung geraubter Güter wurde in den Arbeitsräumen abgefertigt und heim ins Reich geschickt.
    Doch im Sommer 1944 war es vorbei mit dieser Praxis. Die Alliierten waren am Strand der Normandie gelandet, und allgemein glaubte man, dass ihr Einzug in Paris nur noch eine Frage der Zeit sei. Im Juni kehrte Bruno Lohse, ein gewiefter deutscher Kunsthändler, der sich in der Hierarchie des ERR nach oben gearbeitet hatte, mit einem gebrochenen Bein und Nierenschmerzen aus einem Skiurlaub zurück. Beides sei vorgetäuscht, munkelte man, denn die verzweifelten Deutschen warfen nun jeden gesunden, wehrfähigen Mann an die Front. Ende Juli, als die Kämpfe ein kritisches Stadium erreichten, brach Lohse mit einem Revolver im Gürtel zur Normandie auf. Seine Abschiedsworte lauteten: »Auf in die Schlacht!«, aber als er zwei Tage später zurückkehrte, war sein Laster gefüllt mit Hühnchen, Butter und einem ganzen Lamm. In der Pariser Zweigstelle des ERR wurde eine rauschende Party gefeiert, und sogar Oberst von Behr, sein Vorgesetzter und Konkurrent am Jeu de Paume, war dazu eingeladen. 133
    Aber dann war der Spuk plötzlich zu Ende. »Ouf!«, schrieb Rose Volland in ihr Tagebuch. Eine Erleichterung. Endlich! 134
    Doch es war eine Erleichterung, die sich mit Beklemmung mischte. In ihren vier Jahren am Museum hatte Rose Valland eine gewisse Routine entwickelt, ein Verständnis für ihre Arbeit das ihren Aufenthalt in der Löwengrube nicht unbedingt angenehm, aber erträglich machte. Sie wusste, was sie erwarten konnte. Sie konnte die anderen allesamt gut einschätzen. Borchers der Kunsthistoriker, der mit dem Katalogisieren und untersuchen des Beuteguts befasst war, vertraute ihr sogar geheime Dinge an. Sie benutzte ihn ohne sein Wissen, und er wurde eine ihrer Hauptinformationsquellen. Manch ein Geheimnis, das von Borchers stammte, gelangte so Jacques Jaujard und der Résistance zur Kenntnis. Valland wusste, Borchers würde sie nie verraten; er betrachtete sie als die einzige ihm nicht feindlich gesinnte Person im Museum. Hermann Bunjes, ein bestechlicher Kunstgelehrter, der von Wolff-Metternichs Kunstschutz-Organisation in die Dienste von Reichsmarschall Göring und des ERR gewechselt war, verachtete sie zutiefst. Der verschlagene Lohse wünschte ihr den Tod, davon war sie überzeugt. Er war ein großer, stattlicher Mann, der bei den Frauen von Paris gut ankam, aber Valland fand ihn aalglatt und kaltblütig. Wenn irgendwann einmal eine ranghohe Person ihren Tod anordnen würde, dann würde dies wohl Lohse sein, glaubte sie. Er hatte bereits im Februar 1944 entsprechende Andeutungen gemacht, als er sie dabei ertappt hatte, wie sie eine Anschrift auf einigen Versanddokumenten zu entziffern versuchte.
    »Sie könnten für die geringste Indiskretion erschossen werden«, hatte er gesagt, während er ihr fest in die Augen blickte.
    »Niemand hier ist so dumm, das Risiko zu ignorieren«, hatte sie ruhig erwidert, ohne seinem Blick auszuweichen. 135
    So musste man mit Lohse umgehen. Man durfte niemals Furcht zeigen, niemals zurückweichen. Wenn die Nationalsozialisten entdeckten, dass sie einen herumschubsen konnten, dann taten sie es ausgiebig. Man durfte es ihnen nicht zu leicht machen, aber auch nicht zu störrisch sein – eine

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