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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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bekam keine Antwort.
    Der alte Mann reckte den Hals. Die Glühbirne an der Decke, die von einer festen Drahtumhüllung geschützt war, brannte nur schwach und war kaum mehr als ein düsteres Nachtlicht. Dennoch konnte er die dunkle Gestalt an der Tür stehen sehen.
    »Ha! Ich hab's gewußt. Ich hab' gewußt, daß du es bist!« rief der liegende Mann. »Was willst du diesmal, he? Hast nicht mehr schlafen können? Nein, kannst du nicht, so heißt es nämlich von dir, hast du das gewußt? Schläft nie, schleicht die ganze Nacht rum. Sie mögen dich nicht, weißt du, keiner von ihnen. Ich kann dich auch nicht ausstehen. Eigentlich könnte ich kotzen, wenn ich dich nur sehe. Aber das hast du ja immer gewußt!« Das Lachen des Alten war ein trockenes Gackern.
    »Warum stehst du so da? Kann's nicht leiden, wenn man mich so anstarrt. Ah, das ist okay, mach die Tür zu, damit niemand was hört, ich meine - wenn du mich wieder fertigmachst. Wir wollen die anderen Irren doch nicht aufwecken, was, he? Ich hab' den Ärzten Bescheid gesagt, da kannst du Gift drauf nehmen, Ich hab' denen
    erzählt, was du mit mir anstellst, wenn wir allein sind.
    Die haben gesagt, daß sie mal 'n ernstes Wort mit dir reden werden.« Er kicherte. »Die wollen dich loswerden, und ziemlich bald, möchte ich meinen.«
    Die Gestalt setzte sich in Bewegung; kam auf die Liege zu.
    »Wette, du hast gedacht, die würden mich nicht anhören«, plapperte der Alte weiter. »Aber die wissen, daß nachts nicht alle Irren eingesperrt sind. Daß es da welche gibt, die durch die Korridore streifen, wenn andere schlafen, die, die am Tage so liebenswürdig und freundlich sind. Die jedenfalls so tun. Die, die im Kopf so verrückt sind wie die Irren, auf die sie aufpassen.«
    Das Etwas beugte sich über ihn, verdeckte schwache Helligkeit, In einer Hand trug es eine Tasche.
    »Hast mir was mitgebracht, ja?« sagte der alte Mann und blinzelte - ein Versuch, in der Schwärze, die über ihm hingt Gesichtszüge auszumachen. »Noch ein paar von deinen schmutzigen Tricks. Das letzte Mal hast du einen Fehler gemacht. Blaue Flecken. Die Arzte haben sie gesehen.« Er gluckste triumphierend. »Jetzt glauben sie mir! Konnten diesmal nicht mehr sagen, ich hätte mich selbst verletzt!« Speichel sickerte aus seinen Mundwinkeln und tröpfelte über die rissige Pergamenthaut seiner Wange hinab. Er spürte das Gewicht der Tasche auf seiner dürren Brust, hörte den Metallverschluß aufschnappen. Große Hände tauchten hinein.
    »Was hast du denn da?« fragte der alte Mann. »Es glänzt. Ich mag glänzende Dinge. Ich mag sie scharf. Ist das scharf? Ja, ist es, ich kann's ja sehen. Hab's den Ärzten nicht wirklich erzählt, weißt du. Hab' nur so getan. Wollte mal sehen, ob du drauf reinfällst und durchdrehst.
    Ich wollte denen nichts verraten, nein, nein, wollte denen wirklich nichts von dir verraten. Hab' nichts dagegen, daß du - « Die Worte kamen jetzt in keuchenden Stößen heraus - »daß du mir weh tust. Wir... wir... haben... unsern... Spaß... «
    Er drehte sich und rückte gegen die widerstandsfähigen Gurte, obwohl das sinnlos war. Er war viel zu schwach. Seltsamerweise verlieh ihm das Grauen in seinen Augen einen Ausdruck der Klarheit, der geistigen Gesundheit.
    »Sag mir, was das ist, was hast du da in der Hand.« Seine Worte kamen jetzt schnell, wie aneinandergekettet, und seine Stimme veränderte sich, wurde schrill, beinahe ein Winseln. Seine Schultern und sein Brustkorb ruckten gegen die Lederfesseln. Und die Gestalt beugte sich zu ihm herab. Er konnte ihre Gesichtszüge sehen, »Bitte... bitte... schau mich nicht so an. Ich mag das nicht, wenn du mich so anlächelst. Nein... leg das nicht auf meine .. , meine Stirn. Nicht! Das... das tut weh. Ich weiß, wenn ich schreie, dann hört das niemand, aber ich... ich... schreie trotzdem. Ist das Blut? Es tropft in meine Augen. Bitte. Kann nichts mehr sehen... Bitte... tu das nicht... es tut weh... es schneidet... Ich - ich schreie... schreie jetzt... Es... geht... zu... tief... zu tief!«
    Der Schrei war nur ein gurgelndes Würgen; einer der in der Nähe liegenden Bettstrümpfe wurden in den offenen Mund des alten Manns gestopft.
    Die Gestalt hockte sich über die Pritsche, die geduldige Sägebewegung war regelmäßig und glatt, und Insassen wie Personal der Anstalt schliefen ungestört weiter.

In dieser Nacht kam der Alptraum, aber Childes schlief nicht. Es geschah auf der Heimfahrt.
    Da war ein überwältigendes

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