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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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betrachtete sein Profil. Sie liebte sein kantiges Kinn, den leichten Höcker auf seinem Nasenrücken. Sie streichelte mit dem Finger über seine offenen Lippen, und er knabberte behutsam daran. Sein Atem normalisierte sich.
    »Soll ich einen Arzt rufen?« erkundigte sie sich schelmisch.
    Er stöhnte und schob einen Arm unter ihre Schultern. Amy kuschelte sich an seine Brust.
    »Weißt du«, sagte er, »manchmal siehst du wie fünfzehn aus.«
    »Jetzt?«
    Er nickte. »Und vor ein paar Minuten.«
    »Stört es dich?«
    »Im Gegenteil; weil ich es ja besser weiß. Ich kenne die Frau dahinter.«
    »Die Hure in mir?«
    »Nein, die Frau.«
    Sie zwickte ihn. »Ich bin froh, daß es dir gefällt.«
    »Du hast einen alten Mann sehr glücklich gemacht.«
    »Vierunddreißig ist nicht gerade alt.«
    »Ich habe dir elf Jahre voraus.«
    »Hm. Wenn man sich das so überlegt... vielleicht wirklich ein bißchen alt. Möglich, daß ich meine Pläne noch mal überdenken muß.«
    »Du hast Pläne geschmiedet?«
    »Sagen wir mal so: ich habe Absichten.«
    »Macht es dir etwas aus, mir zu verraten, was das für Absichten sind?«
    »Im Moment schon. Du bist noch nicht bereit, sie zu hören.«
    »Ich zweifle trotzdem schon mal daran, daß dein Vater zustimmt.«
    »Warum muß er immer ins Spiel kommen?«
    »Er ist ein wichtiges Element in deinem Leben; er bedeutet dir viel; seine Mißbilligung gefällt dir nicht.«
    »Natürlich nicht, aber ich will mein eigenes Leben leben. Ich will meine Entscheidungen selbst treffen.«
    »Und auch deine eigenen Fehler machen?«
    »Das auch. Warum bist du nur so ein Pessimist? Wir beide - glaubst du, das ist ein Fehler?«
    Childes stemmte sich auf einen Ellenbogen und sah ihr ins Gesicht.
    »O nein, Amy, das glaube ich überhaupt nicht. Es ist nur... in letzter Zeit läuft es mit uns beiden so gut, daß ich manchmal richtig Angst kriege... Angst, daß ich dich verliere.«
    Ihr Arm zog sich fester um ihn. »Du warst derjenige, der Barrieren aufgebaut hat. Barrieren, die dann erst mal wieder eingerissen werden mußten.«
    »Wir haben uns beide ziemlich lange ganz schön
    zurückgehalten.«
    »Als wir uns an der Schule kennengelernt haben, warst du noch ein verheirateter Mann. Du hast von deiner Frau und deiner Tochter getrennt gelebt, aber trotzdem. Und du warst ein ziemliches Rätsel. Aber das hat mich anfangs, glaube ich, sogar angezogen.«
    »Ich habe ein Jahr gebraucht, bis ich dich endlich gefragt habe, ob du...«
    »Falsch. Ich habe dich gefragt, weißt du nicht mehr? Die Grillparty am Strand - an diesem Sonntag? Du hast gesagt, du würdest vielleicht kommen.«
    Er lächelte. »Ah, ja. Ich habe mich damals wirklich sehr zurückgehalten.«
    »Das machst du immer noch.«
    »Nicht, soweit es dich betrifft.«
    Sie runzelte die Stirn. »Da bin ich gar nicht so sicher. Es gibt da einen Schlupfwinkel in dir, den konnte ich nie erreichen.«
    »Amy, auch wenn sich das jetzt mächtig egozentrisch anhört: Ich habe oft das Gefühl, daß es da einen Punkt in mir gibt, den ich nicht einmal selbst erreichen kann. Ich weiß verdammt noch mal nicht, was es ist, etwas, das ich nicht erklären kann... ein Wesenszug, ein Faktor, der in den Schatten dort unten versteckt ist, etwas Schlummerndes, Schlafendes. Manchmal fühlt es sich wie ein Monster an, das nur darauf wartet, plötzlich auszubrechen. Es ist ein unheimliches Gefühl, und ungemütlich. Na ja... und manchmal frage ich mich schon, ob ich nicht ein kleines bißchen verrückt bin.«
    »In jedem Menschen gibt es Bereiche, deren er sich nicht sicher sein kann. Das macht uns so unberechenbar.«
    »Nein, das hier ist anders. Das hier ist wie... wie...« Sein Körper spannte sich an, und dann erinnerte er plötzlich an einen Luftballon, aus dem die Luft herausströmte. »Ich kann's nicht erklären«, sagte er schließlich. »Wenn ich dir sage, daß es wie eine unheimliche, verborgene Macht ist, trifft es das wohl noch am besten. Vielleicht ein bißchen zu dramatisch, aber eindeutig. Es ist so unwirklich, daß es sogar nur Einbildung sein könnte. Ich spüre nur, daß es da etwas gibt, etwas, das nie erforscht worden ist. Aber vielleicht geht es uns allen so.«
    Sie betrachtete ihn aufmerksam. »In mancher Hinsicht schon. Aber bei dir... Jon, hat dieses Gefühl etwas mit deinen Visionen zu tun?«
    Er überlegte einige Augenblicke, bevor er antwortete: »Wenn es... passiert, dann - dann spüre ich es stärker -zugegeben.«
    »Hast du dich nie näher herangewagt?«
    »Wie

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