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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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zu weit entfernt, als daß er es hätte identifizieren können. Aber Childes wußte instinktiv, wessen Gesicht das war.
    Sogar sein Blut war schlagartig eiskalt.
    Childes war wie betäubt; er saß einfach nur da - eine bedrückende Angst hielt ihn auf dem Sitz gefangen. Sein Mund öffnete sich, als wollte er etwas sagen, wollte einen Schrei hinauswürgen, aber es war, als hätte sich eine Faust, eine frostige, stählerne Faust in seine Kehle gerammt.
    Das Gesicht bewegte sich nicht, und es schien, als wären seine Augen allein auf ihn gerichtet.
    Dann war der bleiche Fleck verschwunden.
    Childes taumelte hoch und seine Arme und Beine waren schwer, fast zu schwer, um sie zu bewegen. Aber irgendwie schaffte er es, über die Lehne zu klettern. Er blickt sich nach Overoy um. Der Schock verging, die Lähmung löste sich. Keine Spur von Overoy. Doch er durfte nicht warten. Irgend etwas stimmte nicht im Schulgebäude - etwas Furchtbares war im Gange, etwas, das
    das Entsetzen gleich einem Messer in ihn hineinjagte.
    Er umrundete die Sitzreihen und eilte auf dem Kiesweg zum Portal. Hinter ihm erhob sich Applaus, als eine Schülerin die Treppe zur Terrasse emporging, um ihren Preis in Empfang zu nehmen. Nur ein paar Leute bemerkten den davonhastenden Childes - und einer dieser Leute war Overoy, der sich unter den Bäumen am Rande der Schulgärten herumgetrieben hatte, eine Position, die einen guten Überblick über das Geschehen garantierte. Unglücklicherweise befand er sich auf der gegenüberliegenden Seite der Rasenflächen und damit sehr weit von Childes entfernt; der Detective entschied, daß er besser daran tat, das Schulgebäude in der entgegengesetzten Richtung zu umrunden und Childes auf der Vorderseite zu treffen. Er zog seine Jacke an und rannte los.
    Childes jagte durch die nächste Tür ins Innere und fröstelte unwillkürlich in der kühleren Luft. Er stürmte eine kurze Treppe hinauf und befand sich im Hauptflur, der das Gebäude der Länge nach durchschnitt. Er hatte das Gesicht an einem der Fenster des dritten Stocks gesehen - dort lagen die Zimmer der älteren Mädchen. Er rannte den Flur in Richtung Haupttreppe entlang, und seine Schritte hallten von den bis in halbe Mannshöhe getäfelten Wänden.
    Er passierte Bibliothek, Lehrerzimmer und Elternwarteraum, und dann hatte er die breite Treppe erreicht. Für einen Moment hielt er an, legte den Kopf in den Nacken und spähte hinauf, als erwarte er, dort jemanden vorzufinden, der herunterblickte. Die Treppe war menschenleer.
    Childes unterdrückte seine Angst und eilte hinauf.
    Overoy verfluchte seine Idee. Er hatte nicht bedacht, daß der Grundriß des College nicht gerade konventionell war - mehrere Seitenflügel und Anbauten waren erst im Lauf der Jahre hinzugekommen. Deshalb fand sich der Detective jetzt durch den weißen Bau mit seinem hohen Turm, der im rechten Winkel an die ältere Sektion angegliedert worden war, von Childes abgeschnitten. Eine Umrundung kam nicht in Frage - das würde noch mehr Zeit kosten. Also mittendurch, sagte sich Overoy, fand eine Tür und stürmte weiter.
    Erster Stock. Childes suchte den Korridor in beiden Richtungen ab. Leer. Aber über ihm war etwas gewesen.
    Er lehnte sich übers Geländer. Laute Geräusche. Schlurfen. Er sah hoch.
    »Nein!« rief er. »Nein, nicht!«
    Er stürzte hinauf, nahm immer drei Stufen auf einmal, benutzte den Handlauf, um sich buchstäblich mit jedem Schritt hinaufzukatapultieren - und nicht einmal die Anstrengung konnte die jähe Blässe in seinem Gesicht vertreiben.
    Zweiter Stock.
    Die Geräusche waren verstummt. Er jagte die Treppe hoch. Ein strampelndes Geräusch. Füße hämmerten auf den Boden.
    Dann hörte er ein Keuchen, als werde jemand gewürgt... oder stranguliert.
    Er hatte den dritten Stock fast erreicht. Ein Schatten -ein plumper, schwerfälliger Schatten! - löste sich am Ende der Treppe in Nichts auf; jedenfalls kam es ihm in diesem Moment so vor. Aber gleichzeitig glaubte er. Schritte zu hören. Er achtete nicht darauf. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf die kleine, um sich schlagende, strampelnde Gestalt konzentriert, die über dem Abgrund des Treppenschachts baumelte.
    Als sie in seine Richtung herumpendelte, sah er, daß sich ihr Gesicht bereits zu einem fleckigen Purpur-Blau verfärbte. Die Augen quollen hervor. Sie riß und zerrte an der Schlinge um ihren Hals. Die Füße des Mädchens zuckten wild.
    »Jeanette!« brüllte Childes.
    Er war fast oben - aber er stolperte,

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