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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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Überraschung ging Amir, statt mich an den Schultern zu packen und uns fortzublinzeln, zur Straßenecke zurück und hielt eine Droschke an.
    »Er denkt, dass ich verrückt bin, dich in diese Sache hineinzuziehen«, erklärte Amir, als er die Tür der Kutsche öffnete und mir hineinhalf.
    »Was denkst du?«
    »Dass ich verzweifelt bin.« Er schloss die Tür. »Wohin?«
    »Äh … zur St.-Marks-Blutbank«, rief ich dem Fahrer durch die Klappe an der Rückwand der Droschke zu.
    »Zur Blutbank?«, wiederholte der Kutscher. Ich konnte sein Gesicht nicht genau erkennen, doch er klang alles andere als einverstanden. »Die wird heute bestimmt sehr voll sein. Kein besonders sicherer Ort.«
    Amir schlug mit der Faust gegen die Decke. »Wir bezahlen Sie fürs Fahren, nicht für gute Ratschläge. Sie haben gehört, was die Lady gesagt hat.«
    Einen Augenblick später setzte sich die Droschke in Bewegung, obwohl ich noch eine Reihe von gemurmelten Flüchen über »flatterhafte junge
Flapper Girls
« und »charakterlose ausländische Gentlemen« zu hören glaubte.
    Amir lehnte sich mir gegenüber in seinem Sitz zurück und starrte aus dem Fenster. Ich bezweifelte, dass er sich an der schönen Aussicht erfreute, denn seine Miene wirkte so angestrengt, dass ich mir Sorgen zu machen begann, er könnte gleich anfangen zu qualmen.
    »Also, warum der weltliche Transportweg?«
    Er sah mich an. »Ich kann uns nicht an einen Ort teleportieren, an dem ich noch nie war. Anders als du verbringe ich nun mal nicht besonders viel Zeit in Blutbanken.«
    Irgendetwas hatte ihm die Laune verdorben. Die Erinnerung an Kardal? Ich beschloss, ihm zur Ablenkung zu erzählen, was ich von Nicholas erfahren hatte.
    »Ich weiß nicht, ob es was mit Judah zu tun hat, aber irgendetwas regt ihn auf, wenn es um die Water Street geht. Ich könnte wetten, dass es mit Rinaldo zusammenhängt.«
    Etwas von der Anspannung schwand aus seinem Blick. »Gut. Wir kommen der Sache näher. Natürlich ist das alles müßig, wenn dein Vater die
Turn Boys
vorher niedermetzelt, aber trotzdem. Was ist mit Judah?«
    Ich seufzte. »In Manhattan gibt es jede Menge Schiffe. Ich hatte kein Glück am
South-Ferry-
Anleger. Alle großen Schiffe legen woanders an. Chelsea?«
    »Das ist kilometerweit von den
Turn Boys
entfernt. Hast du mir nicht erzählt, dass die Nachbarn gehört hätten, wie sie aus Richtung Süden kamen?«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. »Du hast recht. Es ergibt keinen Sinn. Er muss aus der Nähe kommen. Vielleicht hat Nicholas ihn nach einem Vorfall mit seinem Vater angegriffen? Ich hätte niemals gedacht, dass ich Mitleid für einen bösartigen Mörder empfinden könnte, aber …«
    »Zephyr«, sagte er, »du würdest vermutlich noch Mitleid für Jack the Ripper empfinden.«
    Er küsste mich. Ich war darauf nicht vorbereitet, und der Schock blubberte von meiner Brust bis hinab in meine Zehen wie eine Flasche mit schäumender Limonade. Meine Finger tasteten an seinen Ohren entlang, ehe ich sie in seinen Haaren vergrub. Gut möglich, dass ich aufstöhnte. Ich glaube, ich stöhnte tatsächlich auf.
    Die Droschke hielt abrupt an, und der Kutscher hämmerte auf das Dach. »So etwas will ich nicht in meinem Wagen, hören Sie?«
    Ich lachte leise. »Sie führen ein anständiges Etablissement«, murmelte ich in bester Mrs.-Brodsky-Manier.
    Amir bezahlte den Kutscher, und so erreichten wir den St. Marks Place auf eine Art und Weise, die sehr viel edler war, als ich es gewohnt war.
    Amir strich mir das Haar zurück und flüsterte mir ins Ohr: »Du solltest dich beeilen, findest du nicht?«
     
    Der Raum war so überfüllt, dass ich Ysabel zuerst nicht entdecken konnte. Ich sah nur ein paar Menschen – ansonsten waren ausschließlich Vampire da, auf deren Gesichtern die Entzugserscheinungen von
Faust
deutlich sichtbar waren. Nach einer Nacht mit
Faust
lechzten sie nach richtiger Nahrung. Allerdings bezweifelte ich, dass die Blutbank genügend Konserven für alle hatte. Ysabel und eine jüngere Assistentin schleppten gerade eine Kiste mit Flaschen voll Blut aus dem Lager, während der Golem in dem Bereich zwischen dem Tresen und der Wand patrouillierte. Noch nie hatte ich ihn mehr tun sehen, als zur Seite zu schlurfen, und ihn in Bewegung zu erleben brachte mich aus der Fassung.
    Als Ysabel mich erblickte, schrie sie meinen Namen und sprang über den Golem hinweg, um mich zu umarmen. »Ich bin ja so froh, dich zu sehen!« Sie blickte sich im Raum um und schüttelte den

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