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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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begonnen hatte. Auf einmal packte er meine Hand und hielt sie sehr fest. Was war nur los mit ihm? Hatte er einen weiteren Anfall? Aber nein, eigentlich sah es nicht so aus.
    »Willst du mit mir zurückkommen,
habibti?
Und das alles hier für eine Weile vergessen?«
    Irgendetwas, das ich gesagt hatte, beschäftigte ihn. Es war nicht schwierig, die Fakten zu kombinieren. Doch es war mir egal – im Moment jedenfalls. Er blickte mir in die Augen, seine Haut berührte meine, und ich schmolz dahin wie der Schnee zu seinen Füßen. Ich nickte. Wir flogen durchs Nichts, und als wir ankamen, war ich die Erste, die die Augen aufschlug und das makabere Geschenk entdeckte, das in der Eingangshalle auf ihn wartete.
    Ein Wiedergänger in Form eines Katers – größer und ekliger als das Tier, das mich am Vorabend begrüßt hatte – stand in einem See aus Blut. Es war nicht sein eigenes. Einige Gallonen Blut waren großzügig im ganzen Raum verspritzt worden, aber woher es stammte, war unklar. Der Kater stürzte sich sofort auf uns und kreischte, als wäre sein Kehlkopf zertrümmert. Der Gestank war ekelerregend, und ich musste würgen, als ich nach meinem Messer suchte. Amir war schneller. Während er mich zur Seite schob, packte er den Kater und drehte ihm dann mit solcher Kraft den Hals um, dass er das Tier beinahe enthauptet hätte. Er warf die leblose Kreatur zurück auf den Boden und verzog angewidert den Mund. Ein entsetzlicher Nachhall von Fäulnis und heißem Teer hätte beinahe den salzigen, metallischen Geruch von Blut überdeckt.
    »Meine Güte«, stieß ich hervor und versuchte, wieder einigermaßen regelmäßig zu atmen. »Kein Grund, so zu übertreiben.«
    Amir wirbelte zu mir herum. »Verflucht noch mal, Zephyr. Geh nach Hause.«
     
    Ich kam fünfzehn Minuten zu spät zum außerordentlichen Treffen der
Abstinenzbewegung
Manhattans. Die Hände hatte ich so lange sauber geschrubbt, bis die Haut eingerissen war. Meine Haare waren feucht, und das Wasser tropfte mir in den Nacken. Ich versuchte, nicht an die roten Flecke auf den Ärmeln meiner Bluse zu denken. Wirklich, ich versuchte, an überhaupt nicht viel zu denken. Iris stand vor der Gruppe und ließ sich im Detail über die Schrecken aus, die sie mit eigenen Augen gesehen hatte, als sie am Morgen durch die Straßen gegangen war. Lily lehnte an der Tür am entgegengesetzten Ende des Raumes und schrieb eifrig mit. Sie nickte mir kurz zu und wies dann mit dem Kopf nach vorn. Ich folgte ihrem Blick und sah einen älteren Herrn in der zweiten Reihe sitzen, der gelassen etwas auf seinem Block notierte. Ein Fotograf stand neben ihm und schoss ein paar Aufnahmen von der Menge und Iris.
    Ich trat zu Lily. »Die Konkurrenz?«, flüsterte ich.
    »
The Sun
, diese Mistkerle. Meine Story über den Aufstand in der Polizeiwache hat es auf die Titelseite der Abendausgabe geschafft, und jetzt wollen alle über den
Faustschen Alptraum
berichten. Ob Sie es glauben oder nicht, sie haben Bill Oliver auf diese alten Schachteln angesetzt. Wagen Sie es ja nicht, mit ihm zu reden, Zephyr! Das hier ist
meine
Story.«
    »Sagen Sie nicht, dass er hinter Ihrem großen
Faust
-Bericht her ist?«
    Sie schloss die Augen und bekreuzigte sich. »Gütiger Gott, ich hoffe nicht. Er wird es verpfuschen und
trotzdem
die Lorbeeren einheimsen.«
    Eine Frau in der hintersten Reihe drehte sich wütend zu uns um und legte einen Finger an die Lippen. »Schh!«
    Lily rollte die Augen und senkte die Stimme. »Jedenfalls glaube ich, dass meine liebe Tante Iris Sie jeden Moment aufrufen wird.«
    Ich schluckte ein Schluchzen herunter und massierte mir die schmerzenden Schläfen. Zwar war ich mir sicher, dass sie weit weniger weh taten als Amirs, aber das war nur ein schwacher Trost. Ich hatte ihn nicht allein zurücklassen wollen, doch er hatte mich nicht bleiben lassen.
    »Zeph … geht es Ihnen gut? Sind das
Blutspritzer …
«
    Ich erwiderte Lilys Blick und schüttelte den Kopf. »Es war ein langer Tag«, sagte ich. »Wir unterhalten uns später.«
    »Jetzt würde ich Ihnen gern jemanden vorstellen, den Sie wahrscheinlich alle schon kennen«, sagte Iris, die vollkommen in ihrem Element war. »Zephyr Hollis. Obwohl Sie sie vermutlich besser als die Vampir…«
    »Danke, Iris!«, rief ich aus dem hinteren Teil des Raumes. Ich war mir nicht sicher, ob ich nicht laut losschreien würde, wenn ich den Spitznamen auch nur noch ein einziges Mal hörte. Als ich kurz darauf auf das Podest für die Sonntagsschule

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