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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Birck
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fauler Atem und grauer Vogelkot, der in die Niedergänge tropft.
    Brutal wird Steven weiter nach oben gestoßen, bis er die letzten Stufen geschafft hat und auf das Hauptdeck stolpert. Endlich kann er trotz des beißenden Geruches, den die lärmenden Möwenschwärme hier verbreiten, wieder frischen Sauerstoff in seine Lungen pumpen. Sofortgeht es ihm etwas besser, neue Lebensgeister erwachen in seinem schmerzenden Körper.
    Es ist immer noch - oder wieder - Nacht. Diesmal jedoch eine noch dunklere Nacht als bei seiner Gefangennahme: Der Himmel ist bedeckt, der Mond machtlos.
    Steven fällt es schwer, sich auf den Beinen zu halten, noch dazu an Deck eines Dreimasters in Schräglage. Immerhin bewegt sich das Schiff nicht, es liegt wie festgebacken in der Sandbank darunter.
    Er sieht sich um: Der gesamte Seelenverkäufer ist gespickt mit Pfeilen und Speeren, von der Wasserlinie bis zu den Mastfüßen und bis hoch hinauf in die Rahen. Segel sind zum Schutz vor der Sonne wie Zeltplanen um die Masten herum aufgespannt worden und reichen, aufgespießt auf lange Stangen, bis weit über die Reling. Möwen umkreisen lärmend das Schiff, oder hocken auf den Rahen, auf dem Großmars, dem Vormars und auf dem Bugspriet wie Hühner auf einer Stange. Von ihren Logenplätzen aus zielen sie durch die Löcher in den Sonnensegeln, die aussehen wie riesige Pilzhauben, von deren Rändern lange Tröpfe aus Möwenkacke bis auf das Deck herunterreichen.
    Das Schiff hat sich anscheinend schon sehr lange Zeit nicht mehr frei im Wind und in den Wellen bewegt. Halb versenkt vom Gewicht des riesigen Goldschatzes in seinem Bauch, überladen und zur Unbeweglichkeit verurteilt in die darunterliegende Untiefe gepresst. Außen am Rumpf lassen sich die Gezeiten ablesen, markiert vom glitschigen Bewuchs grüner Algen.
    Das Einzige, was sich an dem ehemals prächtigen Dreimaster noch bewegt, ist eine riesige zerschlisseneFlagge, die das Bild eines schwarzen Raben über gekreuzten Knochen im Westwind tanzen lässt.
    Das Gold im Bauch des Schiffes wird bewacht von einem Haufen zerlumpter Gestalten. Keiner dieser Aussätzigen wagt es, die Wahrheit auszusprechen, doch sie kennen sie alle: Das ehemals schnelle und wendige Schiff ist hoffnungslos überladen. Es steckt fest, während die Ureinwohner auf der Insel ihr Eigentum zurückhaben wollen. Es gibt kein Entrinnen, ohne den Schatz aufzugeben. Dennoch ist die Gier stärker als alle Vernunft und hält - wie ein mächtiger Magnet - jeden Einzelnen auf der Sandbank fest.
    Zwar sitzen sie alle im selben Boot, doch je weniger überleben werden, desto reicher werden die Überlebenden sein …
    Die Meute der zerlumpten Irren hat sich auf dem abschüssigen Deck unter den Pilzen aus Möwendreck versammelt, ungeduldig grunzend, kichernd oder knurrend. Sie halten Fackeln und Öl-Lampen in die Höhe, die ihre Piratenvisagen gespenstisch flackernd beleuchten. Manche der ausgemergelten Gestalten hocken unbeteiligt und mit dem Blick aufs Meer hinaus auf dem Schanzkleid und versuchen, sich ein Abendessen zu angeln. Wenn einer dann einen zappelnden Fisch am Haken hat, wird dieser meist von einem Schwarm gieriger Möwen noch in der Luft in Stücke zerrissen, bevor der Angler ihn zu sich an Bord ziehen kann. Dem Unglücklichen bleiben nur mehr ein paar Reste, die an den Gräten hängen, oder ein Fischkopf, der in einen brodelnden Topf in der Mitte des Decks geworfen wird.
    Dort verrichtet der Schiffskoch seine Arbeit, indem er ein Ruder kreisend und grabend durch den Kessel schiebt: ein Eintopf aus verendeten Möwen und halben Fischköpfen.
    Von seinen Bewachern in den Hintern getreten, stolpert Steven in die grölende und grunzende Meute hinein.
    »Lasst uns den Spion in den Topf schmeißen, nich über Bord!«
    »Jawoll, wir ham Hunger!«
    Steven bekommt es mit der Angst zu tun. Ist er unter Kannibalen gelandet?
    In diesem Moment fliegt eine Ratte über die Decks und die Köpfe der Aussätzigen und platscht genau in die Fischsuppe. Ein paar Dutzend wahnsinnige Augen starren auf Snake.
    »Ich esse keine Spione!«, mischt sich Snake vom Sonnendeck aus ein. »Dann noch lieber ’nen Ratteneintopf!«
    »Was hast’n du hier auf der Blackbird zu sagen, hä? Weshalb solln wir den Spion zu’n Haien schicken?! Den Biestern solls wohl besser als uns gehen, was? Wir wollen den Spion inner Suppe ham!«
    »Seit wann bist du ’n Menschenfresser, O’Malley? Ich jedenfalls esse nicht mal ’nen dreckigen Spion! Aber du kannst von

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