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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Birck
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oben.
    Aber noch bevor er die Oberfläche erreichen kann,verschwindet der rettende Lichtschein wieder, denn ein langer dunkler Schatten gleitet zwischen Steven und die Scheibe des Mondes.
    Er hat sich den Fußknöchel mit der Pfeilspitze verletzt. Er blutet, und um diese Zeit jagen die Haie.
Strand von Sharkfin-Island, Brandung, Nacht
    Moonsurfer dreht seine Spitze zum Strand. Danach nimmt das Board langsam Fahrt auf. Die Blutspur des verletzten Fußes verliert sich im Wasser hinter Steven, der jetzt flach auf dem Brett liegt. Kurz darauf rammt das Surfboard auf den feinen Sandstrand der Insel und wird Stück für Stück weiter hinaufgezogen, bis hinein ins Dickicht. Unter ein paar hochgewachsenen Palmen bleibt es liegen.
    Das dunkelhäutige Mädchen muss schwer atmen, als es sich neben das Board in den Sand sinken lässt. Eine einzige fließende Bewegung ohne jedes Geräusch. Aus ihren langen schwarzen Haaren perlt Salzwasser über tätowierte Schultern, über Arme und Hände bis zu den feinen Schwimmhäuten, die sich zwischen ihren Fingern spannen.
    Der Fremde leuchtet im Mondlicht, denkt sie in ihrer Spache, der Sprache der Tocobaga-Indianer. Auch die Zahnlosen sind so hell wie er, aber sie sind schmutzig und riechen schlimmer als verfaulte Fische. Dieser hier riecht gut. Sogar im Wasser.
    In der Nacht vor dieser Nacht wollte sie das Schiff derZahnlosen erreichen, als sie den alten Hammerhai sah, der einen fremden Jungen auf einer Planke umkreiste. Sie hatte den Hai weggeschickt und sich den Fremden angesehen, der verängstigt auf seinem seltsamen Einbaum kauerte und herumschrie wie ein kleines Kind.
    Er sah nicht so aus, als käme er von den Inseln im Süden, wo das Gebiet der feindlichen Stämme beginnt. Genauso wenig passte er auf das große stinkende Kanu der Zahnlosen. Er ist einfach dagewesen, kam von nirgendwoher.
    Also hatte sie instinktiv versucht, ihn vor den Zahnlosen zu bewahren, aber sie hatte es nicht schnell genug geschafft, den Fremden von seinem seltsamen Einbaum herunter und ins Wasser zu ziehen. Zu heftig hatte er sich dagegen gewehrt. Deshalb musste sie wieder abtauchen, gerade noch rechtzeitig, bevor der ungeschickte Fremde von den Zahnlosen entdeckt und gefangen genommen wurde.
    Jetzt ist ihr der dumme Junge mit den goldenen Haaren ein weiteres Mal in die Quere gekommen, obwohl es eigentlich das Donnern der Kanone war, das sie davon abgehalten hatte, ihr Vorhaben durchzuführen.
    Und nun liegt er neben ihr im Sand, ist noch benommen und atmet schwer. Mit seiner Faust umklammert er ein Lederband, an dem eine Pfeilspitze ihres Stammes hängt.
    Sie schlingt die Arme um ihre Knie und blickt hinüber zur Blackbird, in deren Bauch drei ihrer Brüder sterben werden, wenn sie nichts unternimmt. Das große Kanu sitzt wie ein Vogel im Nest zwischen dem Gerippe des noch viel älteren Schiffes, das einst ebenfalls versucht hatte, das Gold ihrer Ahnen zu stehlen.
    Als Steven zu sich kommt, ist er in Sicherheit und in Gesellschaft des Engels, der auch eine Seejungfrau sein könnte - oder einfach nur ein Mädchen.
    Sie hockt im Sand und wendet Steven ihren nackten, schlanken Rücken zu, auf dem schwarze Haare kleben wie das Muster eines weit verzweigten Flussdeltas.
    Wer ist sie? Ist er jetzt irgendwelchen Ureinwohnern in die Hände gefallen? Ist sie eine Indianerin? Aber ihre Haut ist dafür viel zu dunkel, fast schwarz.
    Das Mädchen starrt hinaus auf das Schiff. Plötzlich fragt sie, ohne sich umzusehen, aber in gebrochenem Englisch:
    »Du hast meine Brüder gesehen?«
    In Stevens Ohren pfeift es noch immer, er hört das Mädchen nur wie aus weiter Ferne. Da er nicht antwortet, wiederholt sie ihre Frage: »Du hast Sha-nas Brüder gesehen?«
    Steven will etwas sagen, aber seine Stimme versagt. Er hustet, versucht es ein zweites Mal und stammelt dann: »W … wer bist du? Bist du … eine Indianerin? Aber du … ich meine, deine Haut … und du sprichst meine Sprache … «
    »Du hast die Brüder des Panther-Clans gesehen?«, wiederholt das Mädchen abermals. »Sie sind gestohlen worden.«
    »Also … du meinst die drei im Bauch dieses Seelenverkäufers dort drüben? J … ja, ich hab sie gesehen! Und jetzt erklär mir doch bitte …«
    »Sie leben noch?«
    »Äh … ja, noch. Aber es geht ihnen natürlich nicht besonders gut …«
    »Sie werden sterben?«
    »Wenn sie da bleiben, wo sie gerade sind, dann werden sie das wohl irgendwann.«
    »Ich muss sie holen!«
    »Aber, moment mal, du kannst da

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