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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Birck
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herhumpeln.
    »Shark …!«
    Wie gelähmt steht er in der Brandung, besorgt um ein fremdes Mädchen, das in ihm ein Gefühl erweckt hat, wie er es noch nie zuvor empfunden hatte. Ein Gefühl, das ihm das Blut in den Ohren pochen lässt, warm und angenehm.
    Er humpelt zurück auf den Strand und sinkt in den Sand. Noch lange starrt er hinaus auf die schwarzen Wellen, in denen sich die schwachen Lichter des Seelenverkäufers spiegeln.
    Währenddessen wird es langsam hell.
    Auf einmal dringt Lärm von der Blackbird herüber. Ein Musketenschuss donnert über die Bucht und trifft Steven mitten ins Herz.
Juni 2004; auf der X-Plorer, Morgendämmerung
    Auf der Mitte des Tisches im Labor der X-Plorer liegt der vergoldete Totenkopf und grinst Susan und Ben Waves an. Die Hirnschale des Schädels wurde vor Hunderten von Jahren aufgesägt und in den Hinterkopf wurde eine Liste von Namen geritzt - darunter der von einem gewissen Steven Waves.
    Sicher nur ein Zufall, beruhigt sich Susan Waves, ein ungutes Gefühl bekämpfend, das sie seit dem Morgen befallen hat. Zum x-ten Mal untersucht sie den Schädel.
    »Steven ist im Haus …«, versichert sie sich selber. »Dort ist er sicher, auch wenn er die ganze Nacht über allein war!«
    »Natürlich«, brummt ihr Ex. »Er ist alt genug. Muss sich selber zurechtfinden. Oder glaubst du etwa, er hat einen Ausflug in die Vergangenheit gemacht, um sich dort in eine Gästeliste auf diesem Goldkopf einzutragen?« Und selbstgefällig fügt er hinzu: »Als ich so alt war wie er, hatte ich schon die Santa Maria des Christoph Kolumbus geortet …«
    »Als du so alt warst, hattest du geglaubt , das Schiff des Kolumbus am Strand von Miami geortet zu haben. Soweit ich informiert bin, war es am Ende aber bloß ein altes Fahrrad!«, kontert Susan Waves, während sie die Nummer des Strandhauses in ihr Mobiltelefon tippt.
    Zwei Minuten später versucht sie es mit Stevens Handynummer. Ohne Erfolg. Sie hakt das Gerät zurück an den Gürtel, öffnet die stählerne Tür, die direkt aufs Außendeck führt, und verlässt das Labor.
    Draußen klammert sie sich an die Reling und blickt hinüber zum Strandhaus. Die X-Plorer schwallt heftig in der See und die hohen Wellen geben nur ab und zu die Sicht zur Insel frei.
    Schließlich ruft sie energisch über die Schulter: »Ich will an Land, Ben. Sofort!«
Juni im Jahre des Herren 1693; auf dem Strand von Sharkfin-Island, Vormittag
    Steven erwacht.
    Der Musketenschuss, der am Abend zuvor von der Blackbird herübergehallt hatte, musste Shark gegolten haben. Ein zweiter Schuss schien nicht notwendig gewesen zu sein. Die Erkenntnis, dass das Mädchen tot sein dürfte, hat Steven mitten ins Herz getroffen.
    Ihm ist zum Heulen zumute, aber auch sonst fühlt er sich elendig.
    Höllendurst.
    Die Verletzung am Fuß pocht, Fliegen stochern in der offenen Wunde und suchen ein geeignetes Plätzchen für die Eiablage.
    Doch das Schlimmste sind die Stiche. Sein Gesicht ist angeschwollen wie nach einer Prügelei mit einem Dutzend Bruces. Arme und Beine sind von den Bissen der Moskitos und der Sandflöhe übersäht, sie jucken entsetzlich. Sein Körper sieht aus, als wäre Steven der letzte Überlebende einer Pocken-Epidemie.
    Er liegt mit ausgestreckten Armen flach und auf dem Rücken unter einem umgestülpten Kanu, einem schmalen,schweren Einbaum. Doch auch hier ist die Hitze des späten Vormittages fast unerträglich. Zum Durst gesellt sich der Hunger, aber Steven hat nur knirschende Sandkörner zwischen den Zähnen.
    Er zieht seinen Arm in den Schatten des Einbaumes und hebt ihn vor sein Gesicht. Die Uhr funktioniert noch: Elf Uhr fünfundzwanzig vormittags. Durch den Spalt zwischen Kanuwand und Sandboden dringt grelles Licht herein. Er versucht, mit einem der beiden verklebten Augen hinaus- und über den Strand zu blinzeln.
    Er lauscht nach draußen, aber da sind nur die Geräusche der Natur. Dschungel, Wind in den Büschen und Baumkronen, ein gelegentliches Krächzen, Quaken, ein Vogel, dessen Meldung wie ein hämisches »Hähä« klingt, im Hintergrund der Rhythmus der Brandung.
    Der Nacken schmerzt, wenn er seinen Kopf zu heben versucht, um zur Seite zu blicken. Alles schmerzt. Durch den Spalt blendet ihn unberührter, gleißendweißer Sand. Sein Kopf kippt zurück, über ihm wieder der Boden des Kanus.
    Plötzlich hört er ein kurzes Trommeln, als schlüge jemand mit der flachen Hand auf das Boot. Zwei-, dreimal. Er schreckt hoch und stößt mit der Stirn gegen eine

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