Moony Witcher - Nina 01 und das Geheimnis der Lagunenstadt
Sie war sich fast sicher, dass das K auf ihren Shirts kein Zufall sein konnte.
In der Zwischenzeit wurde das Gewitter immer heftiger, Blitz und Donner zerrissen den pechschwarzen Himmel. Es schüttete wie aus Eimern, aber trotzdem sah Venedig auch im Unwetter wundervoll aus. Nina zog die salzige Luft ein, die sie so an den Geruch von Opa Mischa erinnerte.
Am Landungssteg legte Ljuba Adonis wieder den Maulkorb an und streichelte Platon, der sich tief in seinem Katzenkorb verkrochen hatte. Sie stiegen alle zusammen ins kleine Motorschiff, das sie zur Insel Giudecca brachte, einer Landzunge, auf der nur wenige Tausend Menschen lebten. Diese Halbinsel war ein zauberhafter Ort, von dem aus man zur einen Seite einen schönen Blick auf die prächtigen weißen Gebäude von San Marco und den herzoglichen Palast hatte und zur anderen Seite die Lagune einsehen konnte. Villa Espasia lag genau in der Mitte von Giudecca. Eine kleine Brücke führte über einen schmalen Kanal zur Villa hin. Erst wenn man die Brücke hinter sich gelassen hatte, konnte man den riesigen Park überblicken, in dem jahrhundertealte Bäume die Villa umgaben und vor dem Lärm der Stadt schützten.
Es war tiefe Nacht, als Ljuba, Nina, Adonis und Platon durch das beeindruckende gusseiserne Tor der Villa schritten. Nina war traurig und sie fror, darum konnte sie es kaum erwarten, ins warme Bett zu kriechen und zu schlafen.
Während Ljuba müde das große, quietschende Tor hinter sich zuschloss, erschrak Nina. Da waren sie wieder! Die Zwillinge waren ihnen heimlich gefolgt und hatten sich hinter einem Mäuerchen am Haus gegenüber versteckt. Nun kamen sie aus ihrer Deckung hervor und beobachteten Nina unverhohlen.
»He, ihr beiden, was wollt ihr?«, rief sie.
In ihrem Eifer begann Nina, am Tor hinaufzuklettern, um die beiden besser zu sehen, doch es war, als würde sie von zwei Schatten
verfolgt, die jedes Mal eins mit der Nacht wurden, wenn Nina sie zu erwischen versuchte. Wieder waren sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.
Ljuba drehte sich um. »Was ist los? Auf wen bist du denn wütend?« Ljuba hatte die Zwillinge offensichtlich wieder nicht gesehen ...
Nina wusste, dass es deshalb wenig Sinn machte, weiter darüber zu reden. Sie schüttelte nur den Kopf, nahm Ljuba beim Arm und zog sie vorwärts. »Komm, Sahnetorte, lass uns hineingehen. Wir wollten doch noch eine Tasse heiße Schokolade trinken.«
Ein großer Kristallleuchter erhellte die Eingangshalle; die Mahagonitüren waren alle verschlossen, bis auf eine. Diese führte in die große Küche, aus der eigenartige Geräusche zu ihnen drangen. Am Herd stand der Gärtner Carlo Bernotti, der schon ungeduldig auf sie wartete und gerade recht unbeholfen versuchte, den Topf mit überkochender Milch vom Feuer wegzubugsieren. Nina nickte ihm kurz zu. Sie war zu erschöpft, um noch lange von Madrid zu erzählen, wie es den Großtanten ging und was Carlo Bernotti sonst alles spannend fand. Außerdem wollte sie noch einen Blick in Opa Mischas Zimmer werfen. Deshalb teilte sie Ljuba mit, dass sie sofort ins Bett gehen wollte.
»Ist gut, Ninotschka, geh ruhig, dein Zimmer ist schon gemacht. Ich bringe dir die heiße Schokolade gleich hoch«, sagte Ljuba und stellte das Gepäck ab.
Adonis und Platon waren hungrig und folgten Ljuba in die Küche, während Nina die Wendeltreppe zum ersten Geschoss hochstieg, wo die Schlafzimmer lagen. Auf halbem Weg schaute sie noch einmal hinunter: Sie kannte die Villa Espasia gut, denn sie war schon sehr oft hier gewesen. Aber die düstere Stille, die sie nun umgab, war ihr fremd. Die Villa war schön, sogar sehr schön, denn die Großmutter hatte sie mit viel gutem Geschmack eingerichtet, und Mischa hatte im Lauf der Jahre nur einige wenige Dinge hinzugefügt, sodass der alte Prunk genauso wie die Farben der kostbaren Wandtapeten erhalten geblieben waren. Wertvolle Stoffe, Satin, Seide, Organza und Samt passten gut zu den Möbeln, die aus unterschiedlichen Jahrhunderten und verschiedenen Ländern stammten: Manche kamen aus Russland, andere aus Spanien, Arabien, Ägypten oder China. Durch die byzantinischen Mosaikfenster fiel tagsüber das Sonnenlicht bunt auf den Fußboden, und zarte elfenbeinfarbene Gardinen schauten hinter schweren bordeauxroten Samtvorhängen hervor. Der Orangensaal, Oma Espasias Lieblingssaal, war luxuriös eingerichtet und war früher oft der Ort gewesen, an dem die Familie unvergessliche Festessen veranstaltet hatte. Wunderbar war aber auch
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