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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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daran gewöhnt, mit anderen zusammenzuarbeiten. Du führst häufig für mich die Verhandlungen.«
    »Aber bisher warst du immer dabei! Ich glaube nicht, dass ich ihnen allein gegenübertreten kann.«
    Lorcan neigte den Kopf auf dem Kissen zur Seite und betrachtete seine Tochter mit Mitgefühl und Ungeduld. »Wynter! Eines Tages musst du es tun! Oder hast du vor, dem Handwerk den Rücken zu kehren, wenn ich einmal nicht mehr bin?«
    Ihre Miene verfinsterte sich. »Hör damit auf!«
    »Im Ernst!« Halb im Scherz breitete er die Hände aus, doch sie merkte an seiner gepressten Stimme, dass er sich allmählich aufregte. »Was willst du machen, wenn ich tot bin – dein Zunftabzeichen an den Nagel hängen und dich zur Küchensklavin und zum Zuchtweib irgendeines dahergelaufenen Kerls machen?«
    Wynters Wangen färbten sich flammend rot. »Vater!«, stieß sie entsetzt hervor.
    »Dieser lebenslustige Bengel da nebenan – der würde dir den Bauch jedes Jahr einmal vollmachen, nur keine Sorge. Wäre das nicht schön?«
    »Vater!« Vor Scham und Wut stampfte sie mit dem Fuß auf. »Das reicht jetzt!«

    »Dann hör endlich auf, dich wie ein verdammtes Mädchen zu benehmen!«, brüllte Lorcan plötzlich ernstlich erzürnt. »Willst du mich etwa umbringen vor Sorge? Wozu waren denn die ganzen Jahre gut, wenn ich dir nicht beigebracht habe, ohne mich zurechtzukommen? Herrgott nochmal, Wynter!« In seinem Blick lag Angst. »Sag mir bitte, dass du das schaffst! Sag mir, dass du stark genug bist! Sonst …« Er brach ab, die Hände ratlos in die Höhe gereckt. »Was … was soll sonst aus dir werden?«
    »Schon gut, schon gut.« Sie trat näher heran. »Der Meister wird schon ein anständiger Mensch sein, hoffe ich. Aber wie gehe ich mit seinen Lehrlingen um?«
    »Der Meister wird dir keine Schwierigkeiten bereiten.« Lorcans Ton war jetzt besänftigend. »Pascal Huette ist ein guter Mann. Mein Vater und ich haben oft mit ihm zusammengearbeitet. Er ist begabt und geschickt. Er hat gute Manieren. Wenn du dich erst bewährt und deine Stellung deutlich gemacht hast, dann wird er die Lehrlinge schon dazu bringen, sich dir unterzuordnen, das verspreche ich dir.«
    Wynter verschränkte die Hände und atmete tief durch. »Verdammte Lehrlinge!«
    Lorcans Mundwinkel zuckten, und seine Augen funkelten spitzbübisch, als er erwiderte: »Ja, ja, Lehrlinge sind ein ständiges Ärgernis.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ach, hör schon auf.«
    »Du schaffst das, mein Mädchen.« Er nickte ihr ernst zu. »Du bist gut ausgebildet. Und es ist ja nur für einen Tag. Morgen bin ich wieder dabei.«
    Wynter betrachtete seine weißen Lippen und das müde Gesicht und senkte zögernd den Kopf. »Das weiß ich doch.«
    »Dann fort mit dir.«

    Noch einmal holte sie tief Luft, straffte die Schultern und marschierte los.
    Vor Razis Tür war etwas im Gange, als Wynter aus ihrem Quartier trat. Sie gab vor, etwas in ihrem Gürtelbeutel zu suchen, und beobachtete alles aus dem Augenwinkel.
    Es war der Schneider, der einen säuberlichen Stapel purpurner Mäntel lieferte. Razi nahm sie entgegen, als wäre es ein Korb voller Nattern. Mit einer knappen Kopfbewegung entließ er den Mann und sah ihm nach, die Miene streng, den Stapel Mäntel auf den Armen. Der Dampf aus Christophers Bad waberte an ihm vorbei und verlieh Razi das Aussehen eines hochgewachsenen Gottes, der durch die Wolken herabsteigt.
    Ein Page wartete und hüstelte höflich, bis Razi ihm den finsteren Blick zuwandte. »Seine Majestät, der gütige König Jonathon, wünscht Eure Hoheit daran zu erinnern, dass Eure Anwesenheit in der zweiten Hälfte des achten Viertels im Ratssaal erforderlich sein wird.«
    »Richte Seiner Majestät aus, dass ich anderweitig beschäftigt sein werde.«
    Mit dieser Antwort hatte der Page offensichtlich gerechnet und überreichte einen mit Jonathons Wappen versiegelten Brief. Razis Kiefer zuckte. Sofort klemmte er sich die Umhänge unter den Arm, brach das Wachssiegel und öffnete den Bogen mit einer Hand. Rasch überflog er das Schreiben; sein Atem beschleunigte sich, das Gesicht lief rot an.
    Derweil hielt der Page den Blick starr auf die Wand gerichtet. Razi knirschte mit den Zähnen und musste sich sichtlich bemühen, seine Wut im Zaum zu halten. Schließlich gelang es ihm, ein knappes »Ich werde da sein« hervorzustoßen.
    Erleichtert verbeugte sich der Page und eilte davon.

    Wynter hörte auf, an ihrer Tasche herumzunesteln, und schlenderte ein paar Schritte den

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