Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
Vom Netzwerk:
Blick hin seufzte Lorcan hörbar.
    »Ist er ein Dieb?«, fragte er endlich, hielt beide Hände in die Luft und wackelte mit den Mittelfingern. »Ist er ein Verbrecher?«

    Razi musste schlucken. »Mir hat er gesagt, er hätte es bereits erklärt …«
    »Nein, hat er nicht.«
    »Christopher ist kein Dieb. Und wenn er gelogen hat, dann nur, um mich zu schützen.« Die Bitterkeit in Razis Stimme verblüffte Wynter, sie zitterte, als er die Frage beantwortete: »Er ist ein guter, ehrlicher Mensch, und ich habe einen gewaltigen Fehler gemacht, als ich ihn hierherbrachte. Seit dem allerersten Tag hat meine Freundschaft ihm nichts als Ärger eingebracht, und nun ist er ein Faustpfand in den Händen meines Vaters. Ich wünschte, ich hätte ihn gleich nach Hause geschickt, als ich …« Er brach ab und sah auf seine Füße.
    Mitleidig fragte Lorcan: »Und was geschah mit …«
    Doch noch während Lorcan sprach, veränderte sich unversehens Razis Miene. Lorcan ließ den Satz in der Luft hängen, während er im Gesicht seines jungen Freundes eine Erkenntnis reifen sah. Razis Züge erhellten sich durch eine umwälzende, plötzliche Erleuchtung: Er hatte einen Einfall.
    In diesem Moment entdeckte Lorcan Wynter, die im frühmorgendlichen Schatten stand, und schrak zusammen. Sie wich seinen Augen nicht aus und verzog die Lippen zu einem Strich. Du mischst dich in meine Angelegenheiten ein! Lorcan zog den Kopf ein und eine Augenbraue hoch. Sein Lächeln war ein wenig kleinlaut. Ertappt . In gespielter Verärgerung zog sie eine Grimasse.
    Von alledem bemerkte Razi nichts, er war völlig in Gedanken versunken. Es sah nicht so aus, als hätte er vor, Lorcans Frage in absehbarer Zeit zu beantworten. »Natürlich …« Er hielt kurz inne, den Mund halb geöffnet, die Augen in die Ferne gerichtet. »Natürlich« , wiederholte er. »Aber wie … ohne sein Leben zu riskieren?« Langsam ging er aus dem Raum.

    Wynter wollte etwas sagen, als er auf sie zukam, doch er nahm sie überhaupt nicht wahr.
    Abrupt drehte er sich wieder zu Lorcan um und holte seine Reitpeitsche vom Bett. »Die werde ich brauchen«, erklärte er, hielt die Peitsche hoch und nickte geistesabwesend. Dann tippte er Lorcan damit auf den Fuß. »Ihr bleibt im Bett und tut, was ich gesagt habe.« Damit spazierte Razi selbstvergessen hinaus und schloss wenig später die Geheimtür hinter sich.
    Wynter und Lorcan sahen sich an. »Allmächtiger!«, raunte ihr Vater. »Was war das denn jetzt?«
    Wynter wusste es auch nicht, doch aus irgendeinem Grund ließ es ihr Herz rasen und erfüllte es mit Angst um ihre beiden Freunde.
     
     
     
    Es war noch sehr früh, als Wynter die Bibliothek betrat. Sie wusste, dass Pascal Huette und seine Lehrlinge jeden Tag eine Stunde Weg zum Palast zurückzulegen hatten, weshalb sie den Trupp erst zu Beginn des nächsten Viertels erwartete. Daher war sie sehr überrascht, als sie die Tür öffnete und alle mitten im Raum stehend vorfand. Ihre Augen waren vor Furcht geweitet.
    Ganz offensichtlich war sie in irgendetwas hineingeplatzt. Gary umarmte Jerome, während die anderen in einem unruhigen, hilflosen Kreis herumstanden. Als Wynter eintrat, löste sich Jerome sofort aus Garys Armen, drehte ihr den Rücken zu und wischte sich heimlich Tränen aus den Augenwinkeln. Pascal stand gramgebeugt ein Stück hinter seinen Jungen.
    Sorgsam schloss Wynter die Tür hinter sich und legte ihre Werkzeugrolle auf den Fußboden. »Was ist denn?«, fragte sie misstrauisch.

    Zu ihrer Verblüffung stürmte Gary auf sie zu, das Gesicht rot vor Zorn und Furcht. Pascal griff nicht ein. »Wo ist dein Meister?«, fauchte Gary. »Du hast gesagt, er würde heute kommen! Wo ist er?«
    Wynter musste ob der Heftigkeit seiner Frage blinzeln.
    »Wo ist dein Meister?«, wiederholte Gary. Sein sonst so sanftes Gesicht war kaum wiederzuerkennen.
    »Du weißt ganz genau, wo er ist«, heulte da plötzlich Jerome, warf die Arme in die Luft und drehte ihr sein tränen überströmtes Gesicht zu. »Jeder weiß, wo der gute Protektor Moorehawke ist! Vergiftet! Von der Seite des Königs gerissen, wo der ihn am nötigsten braucht! Der einzige Handwerker unter den ganzen Hohen Herren! Der einzige anständige Kerl in der ganzen verfluchten Meute! Vergiftet! Und du «, er hielt Wynter einen bebenden Zeigefinger unter die Nase, »tanzt auch noch mit dem gemeinen Bastard, der wo das getan hat! Tanzt und bist vergnügt, während aufrechte Männer ihr … äh … ihr Verderben finden!«
    Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher