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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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sie von drei oder vier großen, schnell rennenden Männern. Doch dann verloren sie sich allmählich, und Wynter und Razi streiften ziellos und entmutigt durch die Dämmerung. Es schien fast, als wäre Christopher den Männern entkommen. Zumindest gab es kein Anzeichen dafür, dass sie ihn eingefangen hatten.
    Razi lief immer weiter, immer tiefer in das Dickicht hinein. Vielleicht sollten wir nach ihm rufen , dachte Wynter, als die weit entfernten Schreie der Männer vom Gasthaus durch die immer heller werdende Luft zu ihnen trieben. Doch Razi hielt nicht an, und sie wankte mit ihrem vor Schmerz surrenden Kopf hinter ihm her.
    Etwa eine Viertelstunde später blieb Razi endlich doch stehen, und Wynter stellte sich mit schweren Beinen neben ihn. Zunächst begriff sie nicht, doch dann wurde ihr bewusst, dass sie einen von Christophers Stiefeln betrachtete. Er war unter einen Strauch geschleudert worden. Eine kurze Suche förderte sein Gegenstück am Fuße eines Baums auf der anderen Seite des Pfads zutage. Wynter sammelte die Schuhe auf und drückte sie an ihre Brust, während Razi einen großen Fleck aufgewühlten Blattwerks mitten auf dem Weg untersuchte. Dem Anschein nach hatte dort ein heftiger Kampf stattgefunden. Razi bückte sich, zog einen von Christophers Strümpfen aus dem Unterholz und zerknüllte ihn in der Hand. Angestrengt spähte er in den Wald.
    Christophers Hose lag halb in einem Laubhaufen jenseits einer Lichtung vergraben, seine Unterwäsche wiederum ein paar Meter weiter neben einer etwas kleineren zerdrückten Stelle. Alles hob Razi auf und nahm es mit. Er folgte nun tiefen,
schleifenden Fußspuren, die auf eine weitere Verfolgung hindeuteten.
    Offenbar waren es hier nicht mehr so viele gewesen, außer Christopher vielleicht zwei weitere Männer, doch am Ende der Spuren trafen sie auf einen großen, zerwühlten Kreis, wo die goldene Oberfläche des Laubs beiseitegetrampelt worden war und so die dunkle Fäulnis darunter freigab. Dort lag Christophers Unterhemd, alle Schnüre waren zerrissen. Razi nahm es und klemmte es zu den anderen Sachen an seine Brust.
    Wynter betrachtete das Bündel Kleider in Razis Armen und versuchte, sich nicht auszumalen, was das bedeutete. Sie versuchte, sich nicht vorzustellen, wie sich Christopher wehrte und festgehalten wurde, während man ihm die Kleider vom Leib riss. Wie Christopher nackt durch die Dunkelheit gejagt wurde. Sie versuchte, nicht die Furcht und die Erniedrigung nachzufühlen, die er empfunden haben musste.
    Es kamen noch mehr Fußspuren – lange, schleifende Abdrücke im weichen Laub -, und sie führten auf eine große Lichtung.
    Hier waren die Kampfspuren viel ausgedehnter, die Blätter heftig und weithin aufgewirbelt worden, die Erde hochgespritzt und quer über die gesamte Lichtung zerpflügt. Während Razi die Verheerung betrachtete, ging sein Atem rasch und flach, in der feuchten Luft bildeten sich kleine Dampfwölkchen vor seinem Mund. Wynter drückte sich dicht an ihn, unsicher, was sie da vor sich sahen. Erneut begann sie zu zittern.
    Ein helles Flackern zu ihrer Rechten schreckte sie auf, und beide tasteten nach ihren Dolchen. Es war Christopher, gespenstisch weiß im Dämmerlicht, der durch die Bäume taumelte. Sein schlanker Körper war übersät von Schrammen
und mit Matsch beschmiert, das lange Haar zerzaust und voller Blätter und kleiner Äste. Mit einer ziellosen Leere steuerte er auf sie zu, die Miene wie betäubt.
    Bei seinem Anblick sank Wynter vor Erleichterung in sich zusammen. Danke, lieber Gott! , dachte sie. Danke!
    Auf Christophers Hals prangten violette Flecke, und über seinen linken Arm zogen sich drei lange, tiefe Kratzer. Er humpelte, und seine geliebten Armreife fehlten, aber abgesehen davon schien er unversehrt. Wynter hatte schon schlimmere Verletzungen bei harmlosen Ballspielen erlebt. Sie machte ein paar wackelige Schritte auf ihn zu und wollte ihn umarmen, doch Razi trat dazwischen und hielt sie zurück.
    »Christopher«, sprach er ihn an. »Kannst du uns verstehen?« Sein argwöhnischer Tonfall bremste Wynter, in ihrem Bauch wurde es eiskalt. Was war hier los?
    »Ich bin entkommen«, sagte Christopher. Er blieb stehen und sah sich vollkommen verwirrt um. Er ist in einem Traum , dachte Wynter. Er glaubt, er träumt .
    Christopher blinzelte. »Sie haben mir meine Armreife weggenommen.«
     
     
    Wynter hielt sich abseits, während Razi Christopher anzog. Erst sah sie zu, doch sie hielt es nicht aus und musste sich

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