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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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drehte sie daraufhin ab und stapfte in Richtung unseres Schlafsaals.
    Ich tat, als schlüge ich den Weg zu Zenos Haus ein, aber sobald Kali außer Sichtweite war, rannte ich los. Ich wusste, wo Nick seine Vespa ungefähr geparkt haben musste. Doch als ich zu der Stelle kam, war die Maschine weg. Also war er doch abgehauen und Urs wollte es nur nicht zugeben.
    Ich drehte mich um und wollte umkehren, da stieß mein Fuß gegen einen schmalen, silbrig schimmernden Gegenstand. Ich bückte mich und hob ihn auf. Nun erkannte ich, was es war: eine Zündkerze. Für ein Zweirad. Ich hielt den Atem an. Ohne die war der Roller fahruntüchtig, demnach konnte Nick nicht weggefahren sein. Aber wo war die Vespa – und vor allem: Wo war Nick?
    Ich ließ meine Augen umherschweifen. Ein unregelmäßiger Fleck, der sich im Mondlicht dunkel von dem hellbraunen Boden abhob, erregte meine Aufmerksamkeit. War der Roller vielleicht kaputt und Öl ausgelaufen? Ich ging in die Hocke und berührte den Fleck mit den Fingern. Als ich meine Hand jedoch näher an mein Gesicht hielt, sah ich, dass die Spuren an meinen Fingerspitzen eher bräunlich waren. Und auch die Konsistenz war nicht die von Öl. Im selben Moment begriff ich, dass das, was da auf den Boden getropft war, nicht von einer Vespa stammte. Es war Blut.
    Ich sprang auf und wischte meine Hand hastig an meiner dunklen Jeans ab. War das Nicks Blut? Was war mit ihm geschehen? Mein Atem ging hastig. Ich wusste, ich musste etwas tun. Vor allem musste ich hier weg. Doch ich war keine zwei Schritte weit gekommen, als ich Schritte hinter mir hörte. Ich wirbelte herum – und stand Auge in Auge mit Zeno.
    »Feline«, sagte er weich, doch seine Augen waren bernsteinfarbene Schlitze wie die einer Katze, kurz bevor sie ihre Krallen in die Maus schlägt, »wo willst du denn hin?«
    Schweigend ging ich hinter Zeno her. »Wir müssen reden«, hatte Zeno nur gesagt und war dann wortlos vorangelaufen. Doch mir war klar, dass jeder Fluchtversuch von mir sinnlos sein würde. Ich hatte alles vermasselt. Was würde Zeno jetzt mit mir machen? Dasselbe wie mit Mia? Und – mit Nick?
    Um das Zittern meiner Hände zu verbergen, ballte ich sie zu Fäusten und bohrte sie tief in meine Hosentaschen. In der rechten Tasche stießen meine Fingerknöchel auf etwas Glattes, Hartes. Zuerst dachte ich an die Zündkerze, die ich gefunden hatte. Doch die Form war oval. Dann fiel bei mir der Groschen und eine Idee schoss durch meinen Kopf.
    Ich ließ mir nichts anmerken und stapfte weiterhin stumm und scheinbar geknickt hinter Zeno her, innerlich war ich aber so angespannt wie eine Geigensaite, die so straff angezogen wurde, dass sie kurz vorm Zerreißen stand. Ich zwang mich, tief ein- und auszuatmen. Das war meine Chance. Eine zweite würde ich nicht mehr bekommen.

Kapitel 15
    Der Buddha sah streng und gütig von dem Wandbild auf uns herab. Ich musste mich zwingen, nicht hinzusehen. Ob die Kamera jetzt gerade lief? Zeno hatte sich auf einem Kissen niedergelassen und mir bedeutet, es ihm gleichzutun.
    »Ich habe dich am Tor der Oase gesehen. Und jetzt möchte ich nur wissen, ob du tatsächlich wegwolltest«, eröffnete er das Verhör. Nichts in seinem Tonfall deutete darauf hin, dass er wütend oder enttäuscht war.
    Ich holte tief Luft. Doch statt einer Antwort brachte ich nur ein Schluchzen hervor. An der Reaktion von Zeno sah ich, dass er damit nicht gerechnet hatte. Heftig wischte ich mir über die Augen, ehe es aus mir herausbrach: »Ja. Ich wollte weg – weg von dir!« Zenos Augenbrauen schossen nach oben und ich beeilte mich, zu erklären: »Nachdem wir … Also nach unserer gemeinsamen Nacht neulich. Da bist du einfach verschwunden!« Ich sah, dass er etwas sagen wollte, und hob die Hand.
    »Du hast nicht mehr mit mir geredet, sondern bist mir aus dem Weg gegangen. Ich dachte, du würdest unsere Nacht bereuen«, fuhr ich eilig fort, »weil du enttäuscht von mir bist. Vielleicht war ich ja … nicht gut …«, murmelte ich und biss mir auf die Lippen. Es fiel mir nicht leicht, das zu sagen. Aber es musste sein. Damit Zeno verstand, warum ich nachts am Tor gestanden hatte.
    Ich blinzelte vorsichtig zu ihm hin. Er musterte mich ernst, aber in seinen braunen Augen lag ein warmer Schimmer.
    »Das ist doch Unsinn, Feline. Ich musste damals meine Mutter aus Berlin abholen. Das hatte nichts mit dir zu tun«, sagte er. Ich atmete sichtlich auf.
    »Wirklich? Und ich dachte … ach vergiss es. Ich war so dumm. Kannst du

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