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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Schulfreund von mir, der hat ein Bestattungsunternehmen. Wenn du also mal selbst, also privat … ich meine … du weißt schon, Tanja.«
    »Klar, Klaus, du hast da Beziehungen.« Unser Vorsitzender nickt wichtig.
    »Ich hoffe sehr, dass ich diese Beziehungen noch lange nicht in Anspruch nehmen muss, lieber Klaus.« Herr Hünken wird knallrot. Betreten schaut er zu, wie meine Jungs einen kleinen Erdhaufen aufschichten. Nina steht daneben, den Schuhkarton fest umklammert. Ich habe einen Kloß im Hals.
    Schließlich nickt Rolf. Die beiden treten zurück vom Grab. Sorgfältig, als könnte sie Kiki aufwecken, legt Nina den Schuhsarg in die Erde. Einen Moment verharrt sie in der Hocke. Dann steht sie auf und sieht Hilfe suchend zu mir. Ich wische mein Tränchen weg. Tanja, du bist hier die Erwachsene!
    Ich trete einen Schritt nach vorn und räuspere mich.
    »Wir sind hier zusammengekommen, um von Kiki Abschied zu nehmen«, beginne ich. Rolf grinst. Chris boxt ihn missbilligend in die Seite. Klaus guckt auf den Rasen. Nina sieht mich aus großen, feucht schimmernden Augen an.
    »Kiki war eine weiße Ratte«, fahre ich fort. »Sie war eine gute Ratte. Und sie war eine echte Freundin für Nina.« Mehr fällt mir nicht ein. Muss aber wohl auch nicht. Das Mädchen nickt dankbar. Dann nimmt sie meine Hand. Gemeinsam treten wir vor das winzige Grab.
    »Lieber Gott, pass auf Kiki auf«, sagt Nina und bückt sich nach der Schaufel. Ich nehme die andere. Erde klatscht auf den Schuhkarton und Minuten später türmt sich ein Erdhügelchen auf dem kleinen Grab. Chris und Rolf reichen Nina die Hand und drapieren den Kranz auf dem Grab. Klaus Hünken kondoliert als Letzter.
    »Mein Beileid«, sagt er, macht auf der Hacke kehrt und verschwindet. War das eine Träne in seinem linken Auge?
    »Jetzt will ich ein Eis«, sagt Nina. Entgeistert starren die Jungs und ich das Mädel an.
    »Ja, guckt nicht so komisch, das macht man doch so bei Beerdigungen«, sagt Nina. »Da geht man doch nachher zum Leichenschmaus.« Dann greift sie nach meiner Hand und zieht mich zum Parkplatz. Chris und Rolf folgen uns stumm.
    »Du, Tanja«, sagt Nina, als wir sie nach einem opulenten Eis – Schoko für mich, Erdbeere für Nina und Nussbecher für die Jungs, Rolf hat bezahlt – wieder zu Hause absetzen. »Darf ich euch mal wieder im Garten besuchen? Falls ich Blumen auf Kikis Grab legen will?«
    »Klar«, höre ich mich und die Jungs unisono sagen. Und wundere mich über das Glücksgefühl, das ich spüre, als Nina mir ein Küsschen auf die Wange haucht. Vom Schokoeis jedenfalls kommt das nicht.
    »Das war eine ganz tolle Beerdigung«, sagt Nina. Dann schießen ihr wieder die Tränen in die Augen. Ich knuffe sie am Arm. Keine Ahnung, wie man eine Elfjährige tröstet. Nina schnieft, dann rennt sie ins Haus.
    Vom Rücksitz kommt Abschiedskläffen im Duett. Chris seufzt, wie nur eine Tunte seufzen kann. Und Rolf kurbelt die Scheibe beim Beifahrersitz wieder hoch.
    »Ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft«, sagt er. Humphrey Bogart war gegen diesen Prachtkerl ein Nichts. Ich schwöre.
     
    Wenn ich annähernd so viele Beziehungen wie Klaus Hünken hätte, dann würde mir das Warten auf Arne nicht so schwerfallen. Ich bin aber nicht mit Hinz und Kunz bekannt. Und so sitze ich Tag für Tag und vor allem Nacht für Nacht in unserer WG, sehe dem Geturtel meiner Jungs zu, schmuse ersatzweise mit Mudel und Earl und warte. Warte auf einen Anruf. Eine kleine SMS. Ein Zeichen, irgendeins, dass Arne an mich denkt. Nur an mich. Nicht an Sandra. Und dass er schon gar nicht olle Kamellen wieder aufwärmt.
    Es ist nicht einfach, die Bilder nicht in den Kopf zu lassen: Arne, der Sandra über die perfekten Brüste streichelt. Arne, der Sandra zärtlich ins Ohr haucht. Arne, der seinen Mund auf den von Sandra presst. Aber ich kann nichts machen – das kleine Tierchen Eifersucht fühlt sich pudelwohl bei mir und nagt. Nagt mit Wonne. Mit steigendem Appetit. Je länger Arne auf seiner Insel hockt und weiß der Geier was mit Sandra tut, desto fieser wird die Eifersucht.
    Und dann kommt der 1. Mai. Traditionell der Tag der Arbeit – und in diesem Jahr der Tag von Arnes Rückkehr. In den heimischen Hafen, wie ich hoffe. Jedenfalls würde dort eine extrem aufgemotzte Fregatte auf ihn warten. Ich nämlich. Chris hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet: Ich bin perfekt geschminkt: dezentes Gloss, Schimmer um die Augen, die Haare tun, was sie sollen,

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