Mops und Möhren
wieder.
»Sind Sie noch dran? Sie sind mir eben runtergefallen«, brüllt Frau Jirak in den Hörer.
»Ich bin noch da, aber der Herr Fuchs ist nicht zu sprechen«, sage ich. Langsam. Sehr langsam. Und kraule dabei Mudel hinter dem rechten Ohr. Der gähnt und macht sich, gefolgt von Earl, schon mal auf den Weg zum Sofa.
»So«, sagt Frau Jirak. »Wann ist er denn wieder da?«
»Nächste Woche, Frau Jirak«, sage ich und folge den Hunden. Earl wuchtet seinen Prachtkörper auf die Couch. Mudel springt leichtfüßig hinterher.
»So, nächste Woche. Gut. Ich rufe noch mal an.« Zack. Leitung unterbrochen. Ich klappe das Handy zu und schiebe den Mops ans Fußende. Mudel klemme ich mir zwischen die Beine, stopfe mir ein Kissen hinter den Kopf und schnappe mir ›Pauschaltourist‹ von Tom Liehr. Wenn ich schon keinen Urlaub machen kann, dann will ich wenigstens lesen, wie mies es in den Bettenburgen auf Mallorca abgeht. Bei meinen Jungs geht’s grade auch ab. Musikmäßig. Rolf hat offensichtlich in seiner Sammlung gekramt und jetzt nudelt Jacko sein ›Beat it‹ durch Chris’ CD-Player. Ich quetsche meine Zehen unter Earls Bauch und fühle mich so kraftlos, wie der tote King of Pop in seinem Schneewittchensarg. Irgendwo zwischen Djerba und Portugal döse ich ein.
Und dann bimmelt Mudel. Der Hund springt hoch, wie von der Tarantel gestochen, als ›Die Schlümpfe‹ gegen seinen Bauch dröhnen. Ich fummele das Handy unter der Decke hervor.
»Nein, Frau Jirak, er! ist! nicht! da!«, belle ich in den Apparat. »Und die Katze stirbt jetzt auch nicht!«
»Wer ist nicht da?« Arne! Warum wählt er die Schlumpf-Nummer und nicht Schiwago?
»Du bist nicht da … «, stottere ich.
»Liegt Alice mal wieder auf dem Totenbett?« Wie gut es tut, seine Stimme zu hören. Sofort verwandeln sich die Stresshormone in meiner Blutbahn in Endorphine. Tennisballgroße Endorphinmoleküle.
»Jaaaa«, schnurre ich. »Und deine Lieblingspatientin vermisst dich. Frau Jirak kann ohne dich nicht leben.«
»Nur Frau Jirak?«
»Ooooch«, mache ich. Mudel zieht sich beleidigt auf das Hundekissen zurück. Earl grunzt im Schlaf.
»Na ja, wenn du mich so fragst, lass mich mal überlegen … nein, ich wüsste niemanden, der einen Tierarzt vermisst.«
Arne lacht. »Gut, dann weiß ich auch niemanden, der sich nach einer gewissen Tanja Böhme sehnt.«
»Kann auch gar nicht sein«, pariere ich grinsend. »Die liegt mit dem weltbesten Typen auf dem Sofa.«
»Leider schnarcht der und hat einen Ringelschwanz.« Arne lacht.
»Durchschaut! Aber was machst du? Mit wem wälzt du dich durch die Dünen?«
»Hör mal, ich bin zum Arbeiten hier«, tut Arne beleidigt. Aber ich höre im Hintergrund ein Rauschen.
»Sind das Wellen?«
»Ja, hör mal!« Es raschelt und dann rauscht es im Telefon und eine Möwe kreischt. Und irgendwo lacht jemand. Ein perlendes Lachen.
»Bin wieder da«, meldet Arne sich nach einer Hörprobe der Langeooger Wasserspiele zurück.
»Und wer noch?« Okay, das war zickig. Arne bemerkt es zum Glück nicht.
»Sandra ist auch da, wir haben uns auf einen kurzen Schnack getroffen.«
So lang ihr nicht geschnackselt habt, will ich sagen, kann mich aber gerade noch bremsen. Meine Güte, ist doch nichts dabei, wenn der Lover mit seiner Ex am heimatlichen Strand fläzt.
»Aha.« Mehr fällt mir nicht ein.
»Ich soll dich lieb grüßen«, sagt Arne. Und ich sehe sie vor mir, seine Sandra, stahlblaue Nordmenschenaugen, hellblondes Haar und eine porenlose Haut. Und das alles verpackt in einen Baywatch-Badeanzug in Ferrarirot. Zum Kotzen.
»Toll«, sage ich lahm. »Grüß mal zurück.«
»Mach ich. Wie geht’s den Jungs?« Immerhin – der Herr Doktor interessiert sich noch für seine Umwelt.
»Gut, sie sind im Gartenfieber.«
»Na, da wachsen zwei echte Laubenpieper ran, was?« Ach Arne, wenn du wüsstest … Ich verdränge den Gedanken an Sandra, die sich mit makellosen Fingern durch die lange Mähne streicht. Und erzähle stattdessen von Klaus Hünken, dessen Beziehungen zu Grillherstellern und unserer ersten Grabung auf Parzelle 42. Und ich habe den Eindruck, dass Arne tatsächlich zuhört. Auf Liebesschwüre muss ich dann aber doch verzichten. Klar, wenn die Ex daneben sitzt … dumme Kuh!
»Du, Sandra und ich müssen dann mal los, wir sind mit Knut verabredet.« Wumms. Der Kerl, der wie der berühmteste Eisbär aller Zeiten heißt und laut Arne auch dessen ungefähre Ausmaße hat, ist Arnes Schulfreund. Und Sandras. Klar,
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