Mopsküsse: Roman (German Edition)
Georgias Riesentasche zu inspizieren, obwohl sie sich verdächtig bewegte. Völlig problemlos kamen die drei also in die Halle, in der schon ein Höllenspektakel herrschte. Auf dem Eis zeigten die Eishockey-Kiddies ihre Kunststücke, Lichtblitze zuckten, und derbe Rockmusik dröhnte aus den Lautsprechern. Antonella war hingerissen. Begeistert kämpfte sie sich zur nächstgelegenen Imbissbude vor, während sich Georgia mit Hugo vorsichtig den Weg zu ihren Plätzen bahnte. Das war ja noch schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte! All diese Menschen mit den unsäglichen Fanshirts und Mannschaftsschals, die Bier tranken und laut grölten.
Rechtzeitig vor Spielbeginn stieß auch Antonella wieder zu ihnen. Sie hatte Bier und Pommes für beide mitgebracht und drückte Georgia strahlend einen Plastikbecher und ein Pappschälchen in die Hände, was diese mit einem angewiderten Gesichtsausdruck quittierte. Hugos Tasche stand am Boden, denn auch die Nachbarplätze waren besetzt. Georgia hatte den Reißverschluss ein bisschen geöffnet, damit ihr Liebling besser Luft bekam. »Das arme Tier wird bestimmt ein schlimmes Trauma von diesem Abend zurückbehalten«, lamentierte sie düster. Doch Hugo schien ganz guter Dinge zu sein. Mit zuckendem Schnäuzchen hatte er die Pommes-Witterung aufgenommen und versuchte nun, sich aus der Tasche auf Georgias Schoß vorzuarbeiten.
»He, drin geblieben!« Antonella stopfte den Hund unsanft in die Tasche zurück. »Ich habe keine Lust, dass wir deinetwegen rausfliegen!«
Die Ausbüchsversuche des Mopses blieben von den Nachbarn unbemerkt, denn in diesem Moment liefen die Spieler ein, und die Halle fing an zu toben. Es war herrlich – Antonella war ganz in ihrem Element! Sie grölte fröhlich mit, bejubelte die Heimmannschaft und machte Witze über den »Karnevalsverein« aus Köln. Bei ihrem Nebenmann, offenbar ein Profi-Fan in vollem Ornat und mit gutmütigem Schnauzbart-Lächeln, holte sie sich regelmäßig Infos über die rasenden Haudegen. Sie war fasziniert von der Dynamik des Spiels und den ständigen Wechseln. Offenbar einem ausgeklügelten System folgend, sprang alle Augenblicke ein neuer Spieler aufs Eis, und ein anderer setzte sich zurück auf die Ersatzbank, um sich zu erholen.
Das ist die Hölle, dachte Georgia. Sie fand es einfach nur laut und roh, obwohl sie zugeben musste, dass die Fans nicht etwa wilde Hooligans waren, sondern sich absolut gesittet verhielten. Trotzdem, ihre Art von Vergnügen war es definitiv nicht, und sie hoffte auf ein schnelles Ende. Was war nur mit der Uhr los? Die hielt ja ständig an, wenn der Schiedsrichter dazwischenging. Da konnte ein Spieldrittel locker zehn Minuten länger dauern. Endlich Pause! Georgia bestand darauf, am Platz zu bleiben, damit Hugo nicht schon wieder durch die Menschenmassen getragen werden musste. Antonella ließ sich von Georgias schlechter Laune kein bisschen irritieren. Sie war völlig aus dem Häuschen – so viel Spaß hatte sie schon lange nicht mehr gehabt. Bisher stand es null zu null, aber die Jungs sorgten für ordentlich Action auf dem Eis. Zimperlich waren die jedenfalls nicht.
Als gegen Ende des zweiten Drittels endlich ein Tor der Lions fiel, wurde der Lärm so ohrenbetäubend, dass Georgia sich besorgt zu Hugo hinunterbeugte, um ihn zu beruhigen. Aber die Tasche war leer! Hugo war verschwunden!
»Hugo!«, schrie sie auf. Keine Reaktion. Sie packte Antonella am Ärmel, doch die war so im Fieber, dass sie zunächst gar nicht reagierte.
»Hugo ist weg!« Georgias Stimme drang jetzt deutlich hysterisch an Antonellas Ohr.
»Was?«, fragte sie.
»Dein Mops Hugo ist verschwunden!!!« Wie begriffsstutzig konnte man überhaupt sein? Georgia war völlig aufgelöst.
»Der kommt schon wieder.« Antonella wollte sich nicht vom Spiel ablenken lassen. Gerade hatten die Lions wieder einen spektakulären Angriff auf das Kölner Tor hingelegt.
Georgia konnte es nicht fassen. »Er hat sich bestimmt verirrt, oder er wurde tot getrampelt von diesen Wahnsinnigen hier!« Ihre Stimme überschlug sich fast.
»Gleich ist Pause«, versuchte Antonella, Georgia zu vertrösten, »dann suchen wir ihn!« Sie starrte immer noch gebannt aufs Spielfeld.
»Bis dahin könnte es zu spät sein!«, schrie Georgia, dann kam ihr ein Geistesblitz: »Denk wenigstens an dein Erbe!«
Das saß. Verdammt, das Erbe! Vor Antonellas innerem Auge lief blitzartig ein Film ab, wie sie Adrian Stern einzureden versuchte, dass der zu Mus getretene Hugo
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