Mopsküsse: Roman (German Edition)
hellblaues Hemd, Krawattenschal und einen dunkelblauen Club-Blazer mit goldenen Knöpfen. Die Dame des Hauses, klein, blond und zierlich wie ihre Tochter, hatte ein rosafarbenes Chanel-Kostüm gewählt. Beide standen stocksteif da und lächelten gezwungen.
»Ich hab’s dir doch gesagt!« Georgia seufzte resigniert – exakt das hatte sie erwartet – und leinte Hugo an.
Die Begrüßung verlief entsprechend verkrampft. Lediglich der Porsche vermochte ein wenig das Eis zu brechen. »Da haben Sie aber ein sehr schönes kleines Auto, junger Mann«, sagte Vater Holtau jovial. »Dürfte ich da wohl eine kurze Spritztour unternehmen?« Georgia warf Tim einen flehenden Blick zu, der daraufhin seinem zukünftigen Schwiegervater die Autoschlüssel reichte und sich auf dem Beifahrersitz niederließ.
Die Zeit alleine mit ihrer Tochter nutzte Frau Holtau, um ihrem gesammelten Unverständnis gegenüber der »fürchterlichen Mesalliance« Ausdruck zu verleihen. »Wenn es wenigstens ein Pianist wäre! Aber so ein Rockmusiker? Schrecklich, Kind, wirklich schrecklich! Dein Vater und ich hatten doch eher erwartet, dass du jemanden aus unseren Kreisen heiraten würdest. Ach, dass du Konstantin nicht halten konntest. Ein großartiger Mann!«
Georgias Puls raste. »Ein so großartiger Mann, dass er mich monatelang betrogen hat und seine politische Karriere schon vorbei ist, ehe sie überhaupt richtig angefangen hat …«, zischte sie mühsam beherrscht.
»Fehler machen wir alle. Wir Frauen müssen über solchen Dingen stehen. Deswegen brauchst du nicht den erstbesten Mann zu heiraten, der dir einen Antrag macht. Als Holtau-Erbin stehen dir doch alle Möglichkeiten offen.«
Und so blieb die Stimmung entsprechend frostig. Nach Tims Gesichtsausdruck zu urteilen war nämlich auch der kurze Herren-Ausflug nicht das reine Vergnügen gewesen. Das Gespräch beim gemeinsamen Mittagessen hätte der Heiligen Inquisition zur Ehre gereicht.
»Wir müssen wissen, auf welche Kreise wir uns einzustellen haben. Das verstehen Sie sicher?« Und so gab Tim irritiert, aber brav Auskunft darüber, dass sein Vater zusammen mit seinem Onkel die Firma der Großeltern leitete. Devereaux & Sons handelten mit Holz, allerdings in einer sehr viel bescheideneren Größenordnung als die Holtaus mit Kaffee.
»Und wie sieht es mit Vermögen aus?« Herr Holtau bohrte weiter. »Mit Ihrem Beruf werden Sie unserem Kind ja kaum ein standesgemäßes Leben ermöglichen können. Was haben Sie denn studiert?«
»Gitarre und Komposition, aber das bedeutet mir nicht viel. Die wahre Ausbildung bekommt doch jeder Mensch nur durchs Leben«, sagte Tim treuherzig.
»Wenn ich gewusst hätte, dass man im Leben mehr lernt als in Oxford, hätte ich mir das Vermögen, das ich in Georgias Ausbildung investiert habe, ja auch sparen können«, entgegnete Carl-Friedrich Holtau mit schneidendem Sarkasmus.
»Vor allem, wenn wir geahnt hätten, dass sie heutzutage ihre intellektuellen Möglichkeiten dazu nutzt, mit ihrer italienischen Zufallsbekanntschaft einen Trödelladen zu betreiben«, legte seine holde Gattin prompt nach.
Georgia sagte nichts. Sie schien für den Moment in Schockstarre verfallen zu sein angesichts des elterlichen Rundumschlags. Dafür sprang Tim ritterlich in die Bresche: »Von Trödelladen kann nun wirklich nicht die Rede sein! Das ist ein ganz tolles Business, das die beiden da aufgebaut haben. Besuchen Sie uns doch mal und sehen Sie sich alles an … Au!« Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb er sich sein linkes Schienbein, das einen gezielten Treffer von Georgia erhalten hatte. »Außerdem haben die zwei Mädels richtig Spaß bei ihrer Arbeit, und das ist ja wohl das Allerwichtigste!«, fügte er – unbeeindruckt von Georgias warnendem Blick – noch hinzu.
»Spaß? Bei der Arbeit? Ich bin mir sicher, dass Sie ein echter Experte auf diesem Gebiet sind. In Ihrer Branche ist es doch nur die Frage, welche Drogen genommen werden und nicht ob überhaupt.«
»Und das weißt du aus deiner wilden Jugend in Woodstock, richtig, Vater?« Georgia hatte endlich ihre Sprache wiedergefunden.
»Im Prinzip hat dein Dad natürlich Recht, Georgia, aber Sie können sich beruhigen«, wandte sich Tim wieder an seinen zukünftigen Schwiegervater, »bei uns ist das kein großes Thema mehr.«
Es sah im Augenblick ganz danach aus, dass auch der Porsche nicht über alle Unzulänglichkeiten des Bräutigams hinweghelfen konnte.
Währenddessen hatte sich Hugo unbemerkt auf
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