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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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richtige Alter erreicht hätte, da ich meiner Frau nicht die Verantwortung für meine Schwester aufbürden wollte. Ich würde es als unedel empfinden, anderen meine eigenen Pflichten zu übertragen, die sie nicht mit dem gleichen Maß an Anteilnahme erfüllen könnten.
    Quintus Servilius, ich möchte Dir nun vorschlagen, daß Du mir die Erlaubnis erteilst, Deine Tochter Servilia Caepionis zu heiraten. Ich wiederum werde Deinem Sohn, Quintus Servilius dem jüngeren, gestatten, um die Hand meiner Schwester Livia Drusa anzuhalten. Das ist die ideale Lösung für uns beide. Die Bande zwischen unseren Familien reichen viele Generationen weit zurück, und außerdem haben meine Schwester und Deine Tochter Mitgiften der gleichen Größe, was bedeutet, daß kein Geld die Hände wechseln müßte, ein Vorteil in diesen bargeldknappen Zeiten.
    Bitte teile mir Deine Entscheidung mit.
     
    Eigentlich gab es nichts zu entscheiden. Von so einer Verbindung hatte Quintus Servilius Caepio immer geträumt, denn Livius Drusus war unermeßlich reich, und er stammte aus höchstem Adel. Caepio antwortete umgehend:
    Mein lieber Marcus Livius, ich bin hoch erfreut. Du hast meine Erlaubnis, sämtliche Vorbereitungen zu treffen.
     
    So brachte Drusus die anstehenden Heiraten bei seinem nächsten Treffen mit dem jungen Caepio zur Sprache. Er wußte, daß dessen Vater ihm demnächst schreiben würde, und wollte seinen Freund darauf vorbereiten. Caepio sollte diese Hochzeit als ein erfreuliches Ereignis ansehen und nicht als Befehl seines Vaters.
    »Ich würde gerne deine Schwester heiraten«, sagte er zu Caepio, etwas unvermittelter als geplant.
    Caepio blinzelte überrascht, erwiderte aber nichts.
    »Und ich würde es gerne sehen, daß du meine Schwester heiratest«, fuhr Drusus fort.
    Caepio blinzelte etwas heftiger, sagte aber immer noch nichts.
    Endlich nahm der junge Caepio seinen Verstand zusammen - der nicht annähernd so groß war wie sein Vermögen - und antwortete: »Ich muß aber erst meinen Vater fragen.«
    »Das habe ich schon getan. Er ist entzückt.«
    »Oh, ich denke, dann wird alles seine Ordnung haben.«
    »Quintus Servilius, ich möchte deine Meinung hören!« rief Drusus verzweifelt.
    »Nun, meine Schwester mag dich... Und ich denke, ich mag deine Schwester, aber...« Er sprach nicht weiter.
    »Aber was?« fragte Drusus.
    »Ich glaube, deine Schwester mag mich nicht.«
    Nun blinzelte Drusus überrascht. »Ach, Unsinn! Warum sollte sie dich nicht mögen? Du bist mein bester Freund! Natürlich mag sie dich! Es ist die ideale Lösung, wir werden immer zusammenbleiben.«
    »Tja, das wäre schön«, meinte Caepio.
    »Gut«, sagte Drusus knapp. »Ich habe mit deinem Vater bereits alle wichtigen Punkte geklärt, Mitgift und so weiter. Du mußt dich also um nichts kümmern.«
    »Gut.«
    Sie saßen auf einer Bank unter einer schönen alten Eiche im unteren Teil des Forum Romanum und hatten gerade eine köstliche Mahlzeit zu sich genommen - Brottaschen aus ungesäuertem Teig, gefüllt mit einer würzigen Mischung aus Linsen und gehacktem Schweinefleisch.
    Drusus erhob sich und reichte seine Serviette dem Sklaven. Dann stand er einen Moment still, während der Sklave prüfte, ob die schneeweiße Toga Flecken bekommen hatte.
    »Wo willst du so eilig hin?« fragte Caepio.
    »Nach Hause und meiner Schwester von unseren Plänen erzählen«, erwiderte Drusus. Er zog eine scharfgezeichnete, schwarze Augenbraue in die Höhe. »Meinst du nicht, daß auch du nach Hause gehen und mit deiner Schwester sprechen solltest?«
    »Vermutlich schon«, meinte Caepio, aber es klang sehr zweifelnd. »Könntest du es ihr nicht lieber selber sagen? Sie mag dich.«
    »Nein, du mußt mit ihr sprechen, Dummkopf! Im Moment bist du in loco parentis , also ist es deine Aufgabe - ebenso wie es meine Aufgabe ist, mit Livia Drusa zu sprechen.«
    Und damit ging Drusus über das Forum in Richtung Vesta-Treppen davon.

    Seine Schwester war zu Hause - wo hätte sie auch sonst sein sollen? Seit Drusus das Oberhaupt der Familie war und ihre Mutter Cornelia das Haus nicht mehr betreten durfte, konnte Livia ohne die Erlaubnis ihres Bruders keinen Fuß vor das Haus setzen, und sie hätte nie gewagt, heimlich auszugehen. In den Augen ihres Bruders war sie durch die Schande ihrer Mutter gezeichnet. Er betrachtete sie als schwaches, leicht verführbares Wesen, dem nicht die kleinste Freiheit zugestanden werden konnte, er war bereit, immer das Schlimmste von ihr zu denken - auch

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