Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
gutaussehendes Paar; der eine sehr dunkel, der andere sehr hell, und jeder ein Prachtexemplar seines Typs. Ihre Freundschaft gründete auf derselben geistigen Wachheit und Tiefe sowie auf ihrem erklärten Ziel, Konsuln zu werden und ihren Familien damit für immer einen Platz unter den führenden Geschlechtern Roms zu sichern. Beide waren von Politik und Gesetzgebung fasziniert und damit höchst geeignet für die Laufbahn, für die ihre Geburt sie bestimmt hatte.
    »Ich gebe mich nicht geschlagen«, sagte Saturninus grimmig zu Glaucia. »Es gibt noch einen anderen Weg in den Senat, und den nehme ich.«
    »Doch nicht die Zensoren?«
    »Bestimmt nicht! Nein, ich lasse mich als Volkstribun wählen.«
    »Das schaffst du nie.« Glaucia war kein Pessimist, er schätzte die Möglichkeiten seines Freundes nur realistisch ein.
    »Ich schaffe es, wenn ich einen mächtigen Verbündeten habe.«
    »Gaius Marius.«
    »Wen sonst? Er mag Scaurus und Numidicus und die ganze konservative Clique im Senat nicht. Ich fahre morgen früh mit dem Schiff nach Massilia. Dort trage ich meinen Fall dem einzigen Mann vor, der mir vielleicht noch zuhört, und biete ihm meine Dienste an.«
    Glaucia nickte. »Ein kluger Schachzug, Lucius Appuleius. Schließlich hast du nichts zu verlieren.« Dann kam ihm ein Gedanke, und er grinste. »Stell dir vor, was das für ein Spaß sein wird, wenn du dem alten Scaurus als Volkstribun das Leben sauermachst!«
    »Scaurus ist mir egal«, sagte Saturninus verächtlich. »Er hat getan, was er für richtig hielt, und dagegen ist nichts einzuwenden. Aber irgend jemand hat mich bewußt als Zielscheibe benützt, und den werde ich mir kaufen. Wenn ich erst Volkstribun bin, mache ich dem das Leben sauer. Vorausgesetzt, ich finde heraus, wer es war.«
    »Fahr du nach Massilia und sprich mit Gaius Marius«, sagte Glaucia. »Ich suche derweil nach dem Schuldigen im Getreideskandal.«
    Da es Herbst war und der Wind günstig stand, machte Lucius Appuleius Saturninus eine gute Fahrt und war bald in Massilia. Dort schwang er sich auf ein Pferd und ritt zum römischen Lager vor den Toren Glanums, um mit Marius zu sprechen.
    Marius hatte nicht zuviel versprochen, als er seinen Offizieren gesagt hatte, er wolle ein zweites Carcasso bauen. Zwar handelte es sich um eine Version aus Holz und Erde, aber der Hügel, auf dem das große römische Lager stand, starrte vor Befestigungen. Saturninus stellte sofort mit Genugtuung fest, daß ein in Belagerungen unerfahrenes Volk wie die Germanen nie imstande sein würde, das Lager einzunehmen, und wenn es den letzten Mann mobilisierte.
    Gaius Marius führte seinen unerwarteten Gast durch die Befestigungsanlagen. »Die Wälle dienen genaugenommen gar nicht dazu, meine Armee zu schützen. Das sollen die Germanen nur glauben.«
    Saturninus schaute ihn überrascht an. Und diesen Mann hält man für naiv! dachte er. Wenn mir einer helfen kann, dann er. Beide hatten spontan aneinander Gefallen gefunden, denn jeder spürte im anderen eine verwandte Skrupellosigkeit und Entschlossenheit und vielleicht auch einen gewissen unrömischen Mangel an Respekt vor dem Hergebrachten. Saturninus stellte zu seiner Freude fest, daß er, wie er gehofft hatte, noch vor dem offiziellen Bericht über seine Demütigung in Glanum eingetroffen war. Er wußte allerdings nicht, wie lange er warten mußte, bis sich eine Gelegenheit ergab, von seinem Unglück zu berichten; Marius, der vielbeschäftigte Feldherr einer großen Armee, konnte über seine Zeit nur selten frei verfügen.
    Saturninus, der erwartet hatte, daß der Speiseraum überfüllt sein würde, registrierte überrascht, daß nur er und Manius Aquilius mit Gaius Marius essen würden.
    »Ist Lucius Cornelius in Rom?« fragte er.
    Marius verzog keine Miene und nahm sich ein gefülltes Ei. »Nein«, erwiderte er kurz, »er ist in einer speziellen Mission unterwegs.«
    Saturninus sah ein, daß es keinen Zweck hatte, sein Unglück vor Manius Aquilius zu verbergen. Manius Aquilius hatte im vergangenen Jahr bewiesen, daß er auf Marius’ Seite stand, und er würde sowieso die Briefe aus Rom mit dem ganzen Klatsch lesen. Sobald die Mahlzeit beendet war, begann Saturninus deshalb zu berichten.
    Die beiden Männer hörten schweigend zu, bis er fertig war. Weil sie ihn nicht ein einziges Mal mit einer Frage unterbrachen, hatte Saturninus anschließend das Gefühl, er habe klar und logisch berichtet.
    Als er fertig war, seufzte Marius. »Ich bin sehr froh, daß du

Weitere Kostenlose Bücher