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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sagte Sulla. Er stieß den Gefangenen vor. »Wir bringen dir nur ein kleines Geschenk für deinen Triumphzug. Darf ich vorstellen: König Copillus von den Volsker-Tektosagern. Er hat Lucius Cassius’ Armee bei Burdigala vernichtet.«
    »Aha!« Marius musterte den Gefangenen. »Sieht eigentlich gar nicht wie ein Gallier aus, was? Du und Quintus Sertorius, ihr seht viel echter aus.« Sertorius grinste.
    »Copillus’ Hauptstadt ist Tolosa«, sagte Sulla, »und Tolosa hat schon seit langem Kontakt mit der Zivilisation. Er spricht gut Griechisch und denkt wahrscheinlich nur noch zur Hälfte wie ein Gallier. Wir haben ihn vor den Toren von Burdigala gefangen.«
    »War er wirklich die ganze Mühe wert?«
    »Du wirst mir zustimmen, wenn ich dir mehr über ihn sage.« Sulla lächelte sein wölfisches Lächeln. »Du mußt wissen, daß er eine seltsame Geschichte zu erzählen hat und daß er sie in einer Sprache erzählen kann, die Rom versteht.«
    Etwas an Sullas Miene erregte Marius’ Aufmerksamkeit. Er betrachtete König Copillus genauer. »Was für eine Geschichte?«
    »Eine Geschichte über Seen und Teiche, die einst mit Gold gefüllt waren. Über Gold, das auf römischen Karren über die Straße von Tolosa nach Narbo rollte - damals war ein gewisser Quintus Servilius Caepio dort Prokonsul. Gold, das auf geheimnisvolle Weise unweit von Carcasso verschwand. Zurück blieb lediglich eine Kohorte toter römischer Soldaten am Straßenrand. Waffen und Rüstungen hatte man ihnen abgenommen. Copillus war in der Nähe von Carcasso, als das Gold verschwand - schließlich war er seinem Verständnis nach der rechtmäßige Hüter des Goldes. Aber die Leute, die das Gold raubten und nach Süden nach Spanien brachten, waren in der Überzahl und so gut bewaffnet, daß Copillus mit den wenigen Männern, die ihn begleiteten, nichts gegen sie ausrichten konnte. Interessant ist, daß ein Römer das Massaker überlebt hat - Funus, der praefectus fabrum . Und ein Grieche, ein freigelassener Sklave, überlebte - Quintus Servilius Bias. Copillus war allerdings nicht dabei, als die Karren mit dem Gold einige Monate später in Malaca in eine Fischfabrik rollten, die einem Klienten von Quintus Servilius Caepio gehört, und er war auch nicht dabei, als das Gold in Malaca nach Smyrna verschifft wurde. Auf den Kisten stand: Fischtunke aus Malaca, Warenlieferung für Quintus Servilius Caepio. Aber Copillus hat einen Freund, und der Freund hat einen Freund, der einen turdetanischen Banditen namens Brigantius kennt, und dieser Brigantius sagt, er sei angeheuert worden, das Gold zu rauben und nach Malaca zu bringen. Angeheuert von den Agenten eben jenes Quintus Servilius Caepio, nämlich Funus und dem freigelassenen Sklaven Bias. Als Bezahlung habe Brigantius die Karren und die Maultiere erhalten - und die kompletten Ausrüstungen von sechshundert gut bewaffneten Römern, jenen Soldaten, die er umbrachte. Funus und Bias begleiteten das Gold dann auf seiner Reise nach Osten.«
    Sulla hatte Gaius Marius noch nie so konsterniert gesehen. Als Marius damals den Brief gelesen hatte, in dem stand, daß er in seiner Abwesenheit zum Konsul gewählt worden sei, war er für einen Augenblick sprachlos gewesen, aber das hier ging über seinen Verstand.
    »Ihr Götter!« flüsterte Marius. »Das würde er nicht wagen.«
    »Er hat es gewagt«, sagte Sulla verächtlich. »Was für ein Preis ist schon das Leben von sechshundert tüchtigen römischen Soldaten? Schließlich waren auf diesen Karren fünfzehntausend Talente Gold! Die Volsker-Tektosager betrachten sich übrigens nicht als die Eigentümer des Goldes, nur als dessen Wächter. Es handelt sich um die Schätze, die der zweite Brennus in Delphi, Olympia, Dodona und einem Dutzend weiterer kleinerer Heiligtümer erbeutet hat, und die allen gallischen Stämmen gemeinsam gehörten. Auf den Volsker-Tektosagern liegt jetzt ein Fluch, und König Copillus ist doppelt verflucht. Der Reichtum Galliens ist verloren.«
    Nachdem Marius’ erstes Entsetzen gewichen war, sah er erst Sulla an und dann Copillus. Sulla hatte die kleine Geschichte wirkungsvoll erzählt, aber es war mehr gewesen als das: Er hatte sie erzählt wie ein gallischer Barde, nicht wie ein römischer Senator.
    »Du bist ein großer Schauspieler, Lucius Cornelius«, sagte Marius.
    Sulla sah über die Maßen beglückt aus. »Besten Dank, Gaius Marius.«
    »Wollt ihr nicht noch bleiben? Der Winter steht vor der Tür, und hier habt ihr es gemütlicher.« Marius

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