MoR 01 - Die Macht und die Liebe
Wirkung das bei allen hervorrief - vom Senat bis hin zur römischen Damenwelt. Battaces kann jetzt tun und lassen, was er will. Die Menschen treten eilfertig beiseite, wenn sie ihm begegnen, als leide er unter einer Art goldener Lepra. Er wird ständig zum Essen eingeladen, der Senat ändert seine Meinung und empfängt seine Delegation offiziell, Scaurus bleibt verschwunden, er steckt wohl immer noch unter dem Rock seiner jungen Frau -, und die Damen klammern sich förmlich an ihn. Er selbst lächelt, teilt mit beiden Händen seinen Segen aus und benimmt sich im übrigen wie Zeus persönlich.
Ich bin verwirrt, entsetzt, angeekelt und habe tausend andere, noch weit unappetitlichere Empfindungen. Die große Frage ist natürlich, wie hat Battaces das nur gemacht? Hatte die Große Göttin ihre Hand im Spiel, oder war es irgendein unbekanntes Gift? Ich vermute letzteres, aber ich bin eben ein Skeptiker, wenn nicht gar ein ausgemachter Zyniker.
Gaius Marius lachte, bis ihm die Seiten wehtaten, und vertiefte sich dann wieder in seine Kriegspläne.
Eine viertel Million Teutonen überquerte den Fluß Durance östlich seiner Einmündung in die Rhône und zog dann stromaufwärts auf die römischen Befestigungsanlagen zu. Ihr loser Zug erstreckte sich über viele Meilen. Flanken und Vorhut bildeten Krieger, einhundertdreißigtausend an der Zahl, der sich endlos dahinschlängelnde Rest des Zuges bestand aus einer riesigen Ansammlung von Wagen, Rindern und Pferden, die von den Frauen und Kindern vorangetrieben wurden. Nur wenige alte Männer und noch weniger alte Frauen befanden sich darunter. Die Krieger wurden von einem Stamm namens Ambronen angeführt, von wilden, stolzen, kühnen Männern. Die letzte Gruppe der Wagen und Tiere war fünfundzwanzig Meilen von der Spitze des Zuges entfernt.
Die germanischen Kundschafter hatten die römische Zitadelle bereits entdeckt, aber Teutobod war zuversichtlich. Sie würden nach Massilia ziehen, und wenn noch so viele Römer in der Nähe waren, denn in Massilia - nach Rom die größte Stadt, von der sie je gehört hatten - würden sie Frauen, Sklaven, Nahrungsmittel und Kostbarkeiten finden. Mit Genuß würden sie die Stadt plündern und brandschatzen und dann an der Küste entlang nach Italien weiterziehen. Teutobod hatte zwar herausgefunden, daß die Via Domitia über den Paß Mons Genava in hervorragendem Zustand war, glaubte aber dennoch, daß er auf dem Küstenweg schneller nach Italien käme.
Das Getreide stand noch auf den Feldern und wurde von dieser Menschenmenge bis auf den letzten Halm niedergetrampelt. Keiner von ihnen, nicht einmal Teutobod, kam auf den Gedanken, daß sie durch ein wenig Vorsicht das Getreide für den kommenden Winter hätten retten können, um es später zu ernten und zu lagern.
Als die Ambronen den Fuß des Hügels erreichten, auf dem die römische Festung lag, passierte zunächst gar nichts. Marius regte sich nicht und die Germanen stürmten nicht den Hügel hinauf. Aber die Festung war ein Hindernis, sie konnten nicht einfach weitermarschieren. Die Ambronen hielten an, und die übrigen Krieger drängten von hinten nach, bis alle Germanen am Fuß des Hügels durcheinanderliefen wie Ameisen in einem gewaltigen Ameisenhaufen. Dann erreichte Teutobod den Hügel. Zunächst versuchten die Germanen, das römische Heer durch Schreien, Brüllen , und Schmährufe herauszulocken, und sie führten eine Parade gefangener Zivilisten vor, die alle gefoltert worden waren. Doch kein Römer antwortete, kein Römer setzte einen Fuß aus der Festung. Und dann griff die ganze Schar plötzlich an, ein simpler, frontaler Angriff, der erfolglos gegen die hervorragenden Befestigungsanlagen des Lagers prallte und schließlich zurückflutete. Die Römer schleuderten ein paar Speere auf Germanen, die sich zu nah herangewagt hatten, unternahmen aber sonst nichts.
Teutobod zuckte die Schultern, seine Häuptlinge taten es ihm nach. Sollten doch die Römer da oben bleiben, wenn sie wollten! Es spielte keine große Rolle. Die Masse der Germanen wälzte sich um den Hügel herum wie ein zäher Brei um einen Felsen und zog dann in südlicher Richtung aus dem Gesichtsfeld der Römer. Tausende von Wagen knarrten sieben Tage lang vorbei, jede germanische Frau und jedes Kind starrte die anscheinend unbewohnte Zitadelle an, während der Zug sich langsam in Richtung Massilia fortbewegte.
Doch kaum war der letzte Wagen am Horizont verschwunden, setzte Marius alle sechs Legionen in
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