MoR 01 - Die Macht und die Liebe
lang Zeit gehabt, für diesen Tag zu üben.
Die Schlacht war lang und grauenhaft, doch weder wankte die römische Front, noch konnten die Germanen die Silberadler erobern, die die sechs aquiliferi trugen. Immer höher wuchsen die Haufen der toten Germanen, und ohne Unterlaß stürmten weitere Germanen durch die Furt und füllten die Lücken. Bis Manius Aquilius mit seinen dreitausend Soldaten den Germanen in den Rücken fiel und sie niedermachte.
Am späten Nachmittag waren die Teutonen ausgelöscht. Angespornt von dem Gedanken an die militärische Tradition und die Ehre Roms, angeführt von einem hervorragenden Feldherrn, hatten siebenunddreißigtausend gut ausgebildete und gut ausgerüstete römische Legionäre in Aquae Sextiae mit ihrem Sieg über weit mehr als einhunderttausend germanische Krieger ein Kapitel Militärgeschichte geschrieben. Nach den dreißigtausend Ambronen waren am Arc weitere achtzigtausend Germanen gefallen. Nur wenige Teutonen hatten versucht, ihr Leben zu retten, die meisten hatten es vorgezogen, stolz und ehrenhaft in den Tod zu gehen. Auch König Teutobod war gefallen. Tausende teutonischer Frauen und Kinder und siebzehntausend Krieger fielen als Beute in die Hände der Sieger. Die Sklavenhändler aus Massilia strömten herbei, um die menschliche Beute aufzukaufen, und Marius verteilte den Erlös unter seinen Soldaten und Offizieren, obwohl traditionell der Erlös aus dem Verkauf der Gefangenen dem Feldherrn allein zustand.
»Ich brauche das Geld nicht, und meine Soldaten haben es verdient«, sagte Marius. Er grinste bei der Erinnerung an die gewaltige Summe, die Marcus Aurelius Cotta seinerzeit in Massilia für ein einziges Schiff bezahlt hatte. »Ich stelle fest, daß sich die Magistrate der Stadt Massilia bei uns für die Rettung ihrer schönen Stadt bedanken. Ich überlege, ob ich ihnen dafür nicht eine Rechnung schicken soll.«
Marius übergab Manius Aquilius seinen Bericht an den Senat und schickte ihn im Galopp nach Rom.
»Du überbringst die Nachricht und bewirbst dich dann gleich um das Konsulat«, sagte er. »Aber beeil dich!«
Und Manius Aquilius beeilte sich. Er jagte über die Straßen und erreichte Rom in sieben Tagen. Dort übergab er dem zweiten Konsul Quintus Lutatius Catulus Caesar den Brief, den dieser dem versammelten Senat vorlas. Manius Aquilius stand hölzern daneben und sagte kein einziges Wort.
Ich, Gaius Marius, erster Konsul, erstatte pflichtgemäß dem Senat und dem Volk von Rom meinen Bericht. Am heutigen Tag haben die unter meiner Führung stehenden Legionen auf dem Schlachtfeld vor Aquae Sextiae in der römischen Provinz Gallia Transalpina die germanischen Teutonen vernichtend geschlagen. Die Zahl der toten Germanen beläuft sich auf 113 000, die der Gefangenen auf 17 000 Krieger sowie 130 000 Frauen und Kinder. Ferner fielen 32 000 Wagen, 41 000 Pferde und 200 000 Rinder in unsere Hände. Ich habe verfügt, daß die gesamte Beute sowie der Erlös aus dem Verkauf der Germanen in die Sklaverei gleichmäßig unter meinen Soldaten verteilt wird. Lang lebe Rom!
Ganz Rom war außer sich vor Freude, auf den Straßen weinten, tanzten und jubelten die Massen, wildfremde Menschen lagen sich in den Armen, vom Sklaven bis zum vornehmsten Patrizier. Gaius Marius wurde in absentia zum ersten Konsul und Manius Aquilius zum zweiten Konsul gewählt. Der Senat beschloß, zu Ehren von Marius eine dreitägige Dankesfeier abzuhalten, und die Volksversammlung genehmigte noch zwei zusätzliche Tage.
»Sulla hat schon einmal so etwas angedeutet«, bemerkte Catulus Caesar zu Metellus Numidicus, als sich die Aufregung wieder gelegt hatte.
»Oho! Du magst unseren Lucius Cornelius wohl nicht, daß du ihn nur ›Sulla‹ nennst! Und was also hat Sulla angedeutet?«
»Er sagte einmal, daß niemand den höchsten Baum der Welt fällen könne. Gaius Marius hat das Glück auf seiner Seite. Ich konnte mein Heer nicht überreden zu kämpfen, aber er vernichtet ein ganzes Volk und verliert dabei kaum einen Soldaten«, sagte Catulus Caesar düster.
»Er hatte schon immer viel Glück«, meinte Metellus Numidicus.
»Das hat nichts mit Glück zu tun!« ertönte eine verärgerte Stimme. Publius Rutilius Rufus hatte das Gespräch mit angehört. »Ehre, wem Ehre gebührt!«
Und Rutilius Rufus berichtete an Gaius Marius:
Das verschlug ihnen die Sprache. Du weißt ja, daß ich nicht damit einverstanden bin, daß Du Jahr um Jahr Konsul bist, und daß mir einige Deiner eher gierigen
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