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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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daran, Marcus Livius«, versuchte Livia Drusa ihren Bruder zu trösten. Dann drehte sie den Kopf in seine Richtung und versuchte, ihrem Bruder in die Augen zu sehen. »Was wird aus meinen Kindern? Kann er sie wirklich enterben?«
    »Wenn ich mit ihm fertig bin, nicht mehr«, sagte Drusus grimmig. »Hat er dir auch einen Brief geschrieben?«
    »Nein, nur die Scheidungsbenachrichtigung.«
    »Dann ruh dich aus und werde gesund, meine Liebe.«
    »Was soll ich den Kindern sagen?«
    »Nichts, zumindest solange nicht, bis ich mit ihrem Vater abgerechnet habe.«
    Marcus Livius Drusus zog sich in sein Arbeitszimmer zurück. Er holte einen Bogen seines besten Pergamentpapiers heraus, denn er wollte, daß dieser Brief die Zeit überdauerte, und verfaßte dann ein Antwortschreiben an Caepio.
    Es steht Dir natürlich frei, die Vaterschaft für Deine drei Kinder abzulehnen, Quintus Servilius. Mir steht es jederzeit frei zu beschwören, daß Du der Vater dieser Kinder bist, und das werde ich auch, wenn es notwendig werden sollte, und zwar vor Gericht. Du hast mein Brot gegessen und meinen Wein getrunken vom April in jenem Jahr, als Gaius Marias zum dritten Mal Konsul war, bis zu Deiner Auslandsreise vor dreiundzwanzig Monaten. Ich habe Deine Frau und Familie auch während Deiner Abwesenheit weiterverköstigt und beherbergt. Du hast nicht den geringsten Beweis, daß meine Schwester Dir untreu gewesen ist, während sie in diesem Haus gelebt hat. Und wenn Du die Geburtsurkunde Deines Sohnes genau ansiehst, wirst Du feststellen, daß auch er in diesem Hause gezeugt worden ist.
    Ich rate Dir dringend, von der Enterbung Deiner Kinder abzusehen. .Solltest Du jedoch an Deinem Vorhaben festhalten, werde ich im Namen Deiner Kinder einen Prozeß gegen Dich anstrengen. Während meines Plädoyers vor Gericht werde ich mich sehr frei über bestimmte Fragen äußern, unter anderem über das Gold von Tolosa und den Verbleib riesiger Summen, die Du aus sicherem Gewahrsam in Smyrna geholt und in Banken, Landbesitz und Geschäften, die Senatoren verboten sind, in allen Ländern des westlichen Mittelmeers investiert hast. Ich würde mich ferner gezwungen sehen, einige der angesehensten Ärzte Roms vor Gericht zu laden, um zu bezeugen, daß sie am Körper meiner Schwester .Spuren schwerer Mißhandlungen festgestellt haben, die Du ihr zugefügt hast. Außerdem werde ich nicht zögern, meine Schwester als Zeugin zu benennen und auch meinen Verwalter, der ebenfalls einiges gehört hat.
    Was die Mitgift meiner Schwester betrifft und die Hunderttausende von Sesterzen, die Du mir für Deine Unterbringung und Versorgung und die Deiner Familie schuldest, verzichte ich auf eine Rückerstattung. Behalte das Geld. Es wird Dir kein Glück bringen.
    Und nun zum Ring: Es ist hinlänglich und allgemein bekannt und belegt, daß er ein Familienerbstück der Livier ist. Ich rate Dir also dringend, kein Wort mehr darüber zu verlieren und keinerlei Ansprüche mehr zu erheben.
    Er versiegelte den Brief und schickte einen Sklaven zu Caepios neuer Bleibe, dem Haus des Lucius Marcius Philippus. Der Sklave kam hinkend und humpelnd zurück, da er von Caepio mit Fußtritten davongejagt wurde. Er ließ Drusus ausrichten, daß er ohne Rückantwort gekommen sei. Dieser lächelte nur und steckte seinem Sklaven zehn Denare zu. Dann ließ er sich in seinen Stuhl sinken, machte die Augen zu und stellte sich genüßlich die mühsam beherrschte Wut Caepios vor. Er wußte genau, daß es nicht zu einem Prozeß kommen würde. Und ganz gleich, wessen Sohn der kleine Quintus in Wirklichkeit war, er würde offiziell Caepios Sohn bleiben. Und damit der Erbe des Goldes von Tolosa. Ein Grinsen breitete sich auf Drusus’ Gesicht aus, als er sich vorstellte, daß der kleine Quintus sich zu einem langhalsigen, großnasigen und rothaarigen Kuckuck in Servilius Caepios Nest entwickeln würde. Eine angemessene Strafe für den Frauenschänder!
    Etwas später ging Drusus zum Kinderzimmer und befahl seiner Nichte Servilia, ihm in den Garten zu folgen. Bis heute hatte er sie kaum beachtet, ihr höchstens im Vorbeigehen zugelächelt, ihr über die Haare gestrichen oder sie bei den entsprechenden Anlässen beschenkt und gedacht, was für ein mißmutiges, ernstes Mädchen sie doch war. Caepio konnte seine Tochter wahrlich nicht verleugnen. Sie war ganz der Vater — ein rachsüchtiges kleines Luder. Drusus hielt nichts davon, wenn Kinder bei wichtigen Unterhaltungen zwischen Erwachsenen zugegen waren, und

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