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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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unnötig aufregt. Trinke inzwischen etwas Wein. Ich bin gleich zurück!«
    Aber Caepio hatte keinen Gedanken an seine Schwester verschwendet. Von Drusus’ Arbeitszimmer war er direkt in seine eigenen Gemächer geeilt, und seine Tochter hatte sich beständig an ihn geklammert und geweint, bis er sie ins Gesicht geschlagen und in sein Schlafzimmer eingeschlossen hatte. Dort fand Drusus sie heulend und zusammengekauert in einer Ecke.
    Die Dienerschaft war wieder heraufbeordert worden, und Drusus half dem kleinen Mädchen aufstehen und schickte sie hinaus in den Gang, wo eines der Kindermädchen ängstlich wartete. »Beruhige dich, Servilia. Laß dir von Stratonice das Gesicht waschen und dein Frühstück geben!«
    »Ich möchte zu meinem Vater!«
    »Dein Vater ist weggegangen, Kind, aber sei nicht traurig. Wenn er alles geregelt hat, läßt er dich bestimmt holen.« Drusus wußte nicht, ob er der kleinen Servilia dankbar dafür sein sollte, daß sie die Wahrheit ans Licht gebracht hatte, oder ob sie ihm deshalb unsympathisch war.
    Augenblicklich hellte sich ihr Gesicht auf. »Er läßt mich holen, ganz sicher«, sagte sie und ging mit ihrem Onkel den Säulengang entlang.
    »Jetzt sei lieb und geh mit Stratonice«, sagte Drusus. Ernst fügte er hinzu: »Versuche diese Sache für dich zu behalten, Servilia, deiner Tante zuliebe, aber auch wegen deines Vaters. Wenn du etwas für deinen Vater tun willst, darfst du niemandem erzählen, was heute morgen hier vorgefallen ist.«
    »Aber warum soll ihm das schaden? Er ist doch das Opfer.«
    »Kein Mann läßt sich gern demütigen, Servilia. Glaub mir, dein Vater wäre verärgert, wenn du die Sache ausplaudern würdest.«
    Servilia zuckte die Schultern und trottete dann mit ihrem Kindermädchen davon. Drusus ging zu seiner Frau und erzählte ihr das Nötigste. Zu seiner Überraschung nahm sie die Neuigkeiten völlig ruhig und gefaßt auf.
    »Ich bin froh, daß wir jetzt wenigstens wissen, was los ist«, sagte sie. Ihre Schwangerschaft war zum Mittelpunkt ihres Lebens geworden. »Arme Livia Drusa! Ich fürchte, ich mag meinen Bruder nicht sonderlich, Livius Marcus. Je älter er wird, desto eigensinniger wird er. Und ich erinnere mich, daß er schon als Kind die Kinder der Sklaven mißhandelt hat.«
    Drusus kehrte zu Livia Drusa zurück, die immer noch auf dem Klientenstuhl saß, jedoch einen gefaßten Eindruck machte.
    Er setzte sich wieder. »Was für ein Morgen! Ich hatte ja keine Ahnung, was ich alles auslösen würde, als ich Cratippus fragte, warum er und die anderen Diener immer so traurig sind.«
    »Sind sie denn traurig?« fragte Livia Drusa ungläubig.
    »Ja, und zwar wegen dir, meine Liebe. Sie haben mitbekommen, daß Caepio dich schlägt. Du darfst nicht vergessen, daß sie dich von klein auf kennen. Sie mögen dich sehr, Livia Drusa.«
    »Das freut mich. Ich wußte es ja gar nicht.«
    »Ich auch nicht, muß ich gestehen. Bei den Göttern, war ich vielleicht verbohrt! Das alles tut mir furchtbar leid.«
    »Das braucht es nicht«, sagte sie und seufzte. »Hat er Servilia mitgenommen?«
    Drusus zog eine Grimasse. »Nein. Er hat sie in dein Zimmer eingeschlossen.«
    »Die arme Kleine. Sie bewundert ihn so.«
    »Das habe ich gemerkt. Aber ich verstehe es nicht.«
    »Und was geschieht jetzt, Marcus Livius?«
    Er zuckte die Achseln. »Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Vielleicht ist es das beste, wenn wir so tun, als wäre gar nichts passiert, bis wir von...« Er hätte beinahe Caepio gesagt, wie er es den ganzen Morgen schon getan hatte, zwang sich aber zur Höflichkeit. »Bis wir von Quintus Servilius hören.«
    »Und wenn er sich von mir scheiden läßt, was ich eigentlich annehme?«
    »Dann bist du ihn endlich los.«
    Livia Drusa zögerte, bevor sie auf das zu sprechen kam, was ihr am meisten auf der Seele lag. »Und Marcus Porcius Cato?«
    »Dieser Mann bedeutet dir viel, habe ich recht?«
    »Ja, er bedeutet mir viel.«
    »Ist der Junge sein Kind, Livia Drusa?«
    Jetzt war der Moment gekommen, über den sie schon so viel nachgedacht hatte. Was sollte sie sagen, wenn ein Familienmitglied sie auf die Haarfarbe des Kindes oder seine zunehmende Ähnlichkeit mit Marcus Porcius Cato ansprach? Es schien ihr, als ob Caepio ihr etwas schuldig sei für all die Jahre geduldig ertragener Knechtschaft, für ihr vorbildliches Verhalten und — für die Schläge. Ihr Sohn hatte einen Namen. Wenn sie zugab, daß Cato der Vater ihres Sohnes war, würde er den Namen Caepio

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