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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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verlieren, und da er unter diesem Namen geboren worden war, würde ihm der Makel der unehelichen Geburt anhaften. Aufgrund seines Geburtsdatums war nicht ausgeschlossen, daß Caepio sein Vater war, und außer ihr selbst konnte niemand mit Sicherheit sagen, daß Caepio nicht der Vater war.
    »Nein, Marcus Livius, mein Sohn ist das Kind von Quintus Servilius«, sagte sie bestimmt. »Meine Beziehung zu Marcus Porcius begann erst, nachdem ich bereits schwanger war.«
    »Dann ist es nur dumm, daß der Junge so rote Haare hat«, sagte Drusus mit ausdruckslosem Gesicht.
    Livia Drusa lächelte gezwungen. »Ist dir schon einmal aufgefallen, wie übel das Schicksal uns Sterblichen manchmal mitspielt? Von dem Moment an, als ich Marcus Porcius traf, hatte ich das Gefühl, das Schicksal führe etwas gegen mich im Schilde. Als der kleine Quintus dann mit roten Haaren zur Welt kam, war ich kein bißchen überrascht — obwohl ich natürlich genau weiß, daß mir kein Mensch glauben wird.«
    »Ich halte zu dir, Schwester«, erklärte Drusus. »Was immer geschieht, ich werde dir helfen, wo ich nur kann.«
    Livia Drusa stiegen Tränen in die Augen. »Marcus Livius, ich bin dir so unendlich dankbar!«
    »Es ist das mindeste, was ich tun kann.« Er räusperte sich. »Was Servilia Caepionis anbelangt, kannst du ebenfalls beruhigt sein. Sie ist auf meiner Seite — und damit auch auf deiner.«

Noch am selben Tag schickte Caepio eine Mitteilung über ihre Scheidung, gefolgt von einem privaten Brief an Drusus, der diesen empörte.
    »Weißt du, was diese Laus behauptet?« fragte er seine Schwester, die nun im Bett lag, nachdem sie von mehreren Ärzten untersucht worden war.
    Livia Drusa lag auf dem Bauch, während zwei Arzthelfer ihren Rücken von den Schultern bis zu den Hüften in Breiumschläge verpackten, die ihre Schmerzen lindern sollten. Deshalb mußte sie sich den Hals verrenken, um ihren Bruder wenigstens aus den Augenwinkeln zu sehen. »Was denn?« fragte sie schließlich.
    »Zum einen leugnet er, der Vater aller drei Kinder zu sein. Er weigert sich weiterhin, deine Mitgift zurückzuzahlen, und er beschuldigt dich des wiederholten Ehebruchs. Auch verweigert er mir Entschädigungszahlungen für die Kosten seiner und eurer Unterbringung in meinem Haus während der letzten sieben und mehr Jahre. Das alles offensichtlich mit der Begründung, du seist nie seine Frau gewesen und deine Kinder seien nicht von ihm, sondern von anderen Männern.«
    Livia Drusa ließ den Kopf auf das Kissen sinken. »Beim Kastor! Marcus Livius, wie kann er das nur seinen Töchtern und seinem Sohn antun? Na ja, bei dem Kleinen Quintus kann ich es ja noch verstehen, aber Servilia und Lilla! Es wird Servilia das Herz brechen.«
    »Warte, es kommt noch besser.« Erregt fuchtelte Drusus mit dem Brief herum. »Er will sein Testament ändern und seine Kinder enterben. Und schließlich hat er die Frechheit, seinen Ring von mir zurückzufordern. Seinen Ring!«
    Livia Drusa wußte sofort, von welchem Ring die Rede war. Es handelte sich um ein Familienerbstück, das vom Vater auf den Sohn weitervererbt wurde und angeblich von Alexander dem Großen als Siegelring benutzt worden war. Quintus Servilius Caepio hatte schon als kleiner Junge am Anfang seiner Freundschaft mit Marcus Livius Drusus ein Auge auf diesen Ring geworfen. Er war dabei gewesen, als er vom Finger des toten Zensors Drusus gezogen und seinem Sohn angesteckt worden war. Als Caepio zu seiner Reise nach Smyrna und ins italische Gallien aufgebrochen war, hatte er Drusus gebeten, ihm den Ring als Talisman für die Reise zu überlassen. Drusus hatte ihm den Ring zunächst nicht geben wollen, war sich dann aber kleinlich vorgekommen und hatte sich schließlich doch breitschlagen lassen. Gleich nach Caepios Rückkehr hatte er den Ring jedoch zurückgefordert. Caepio hatte zunächst nach Ausflüchten gesucht, den Ring behalten zu können, ihn schließlich jedoch mit einem falschen Lachen zurückgegeben und gemeint: »Also gut, da hast du ihn. Aber nächstes Mal, wenn ich weggehe, mußt du ihn mir wieder geben. Er ist nämlich ein Glücksbringer!«
    »Wie kann er es wagen!« tobte Drusus und hielt sich den kleinen Finger, als ob Caepio jeden Moment auftauchen und ihm den Ring abnehmen könnte. Drusus konnte ihn nur am kleinen Finger tragen, denn für die anderen Finger war er zu klein, für den kleinen Finger freilich ein wenig zu groß. Alexander der Große war eben ein kleiner Mann gewesen.
    »Denk nicht weiter

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