MoR 02 - Eine Krone aus Gras
von früher und lebte schon so lange mit Drusus zusammen, daß sein Selbstbewußtsein auch auf sie abgefärbt hatte.
Trotz der vertrackten Lage genossen sie die gemeinsame Mahlzeit, und Drusus fühlte sich danach allem gewachsen, was der Tag ihm noch bringen wunde. Und das war gut so, denn bereits am frühen Nachmittag kündigten sich weitere Probleme an. Marcus Porcius Cato Salonianus ließ sich melden.
Drusus lud Cato zu einem kleinen Rundgang um den Säulengarten ein und machte sich auf das Schlimmste gefaßt.
»Du weißt Bescheid?« fragte er ruhig.
»Quintus Servilius Caepio und Lucius Marcius Philippus waren vor nicht allzulanger Zeit bei mir«, sagte Cato ebenso gefaßt und ruhig.
»So so, alle beide. Philippus sollte wohl als Zeuge fungieren.«
»Das nehme ich auch an.«
»Und?«
»Caepio informierte mich darüber, daß er sich von seiner Frau getrennt habe, weil sie mit mir die Ehe gebrochen habe.«
»Sonst nichts?«
Cato runzelte die Stirn: »Was soll sonst noch sein? Er hat das immerhin vor meiner Frau gesagt, die daraufhin sofort zu ihrem Vater zurückgekehrt ist.«
»Bei den Göttern!« rief Drusus und warf die Hände hoch. »Hört das denn nie auf? Setze dich, Marcus Porcius. Ich schenke dir besser reinen Wem ein. Die Scheidung ist nur der kleinste Teil.«
Als Cato die ganze Geschichte gehört hatte, war er wütender als Drusus zuvor. Es war in seiner Familie zwar üblich, nach außen keine Regung zu zeigen und sich nicht aus der Fassung bringen zu lassen, aber seine Angehörigen waren zugleich für ihre Wutausbrüche bekannt. Drusus mußte lange besänftigend auf Cato einreden, bis er ihn überzeugt hatte, daß er Livia Drusa nicht im geringsten nützen würde, wenn er Caepio umbrachte oder zusammenschlug. Als er sicher war, daß Cato sich tatsächlich beruhigt hatte, führte er ihn zu Livia Drusa. Hatte er zuvor noch Zweifel an der Tiefe der Gefühle zwischen den beiden gehegt, so überzeugte ihn der Blick, mit dem die beiden sich begrüßten, vom Gegenteil. Sie liebten sich wirklich. Die Armen!
»Cratippus«, sagte er zu seinem Verwalter, nachdem er die beiden allein gelassen hatte. »Ich habe Hunger und möchte gleich das Essen einnehmen. Sage bitte Servilia Caepionis Bescheid.«
Aber Servilia Caepionis wollte lieber im Kinderzimmer essen, wo Servilia sich aufs Bett geworfen und erklärt hatte, sie werde von heute an nichts mehr essen oder trinken und ihr Vater werde über ihren Tod sehr traurig sein.
Drusus ging also allein ins Speisezimmer und wünschte sich, daß der Tag endlich zu Ende gehen und daß er Zeit seines Lebens keinen solchen Tag mehr erleben möge. Seufzend ließ er sich auf einer Liege nieder und wartete auf die Vorspeise.
»Was muß ich hören?« tönte es von der Tür her.
»Onkel Publius!«
»Also schieß los! Was ist denn nun tatsächlich passiert?« wollte Publius Rutilius Rufus wissen. Er kickte die Schuhe von den Füßen und schickte den Diener, der ihm die Füße waschen wollte, mit einer Handbewegung weg. Dann setzte er sich neben Drusus auf die Liege, stützte sich auf den linken Ellbogen und sah Drusus neugierig an. Zum Glück war in seinem freundlichen Gesicht auch Teilnahme und Besorgnis zu lesen. »In Rom kursieren ein Dutzend verschiedener Gerüchte über Scheidung, Ehebruch, Liebe zu einem Sklaven, eine geschlagene Ehefrau und ungezogene Kinder. Was ist los? Und woher kommen diese Gerüchte so plötzlich?«
Drusus war jedoch außerstande, seine Frage zu beantworten. Dieser letzte Besucher hatte ihm den Rest gegeben. Er ließ sich auf sein Polster zurücksinken und lachte und weinte zugleich.
Publius Rutilius Rufus hatte recht. In Rom kursierten in der Tat die wildesten Gerüchte. Die Leute hatten schnell zwei und zwei zusammengezählt, und die meisten waren dabei zum richtigen Ergebnis gekommen. Geholfen hatte ihnen dabei die Tatsache, daß das jüngste Kind der geschiedenen Frau kupferrote Haare hatte und daß Marcus Porcius Cato Salonianus’ steinreiche, wenn auch äußerst vulgäre Frau ihrem Mann ebenfalls die Scheidungspapiere hatte zukommen lassen. Das bislang unzertrennliche Paar Quintus Servilius Caepio und Marcus Livius Drusus sprach nunmehr kein Wort mehr miteinander, wobei Caepio darauf beharrte, daß dies keineswegs mit seiner Scheidung zu tun habe, sondern damit, daß Drusus ihm einen Ring gestohlen habe.
Wer genug Verstand und Gerechtigkeitssinn hatte, merkte sehr wohl, daß die anständigen Leute zu Drusus und seiner Schwester
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