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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Sulla lächelte.
    Aurelia wechselte das Thema, denn sie war überzeugt, daß Sulla jetzt genug von Kindern gehabt hatte. »Du bewirbst dich um das Amt des Prätors.«
    »Ja.«
    »Onkel Publius meint, du schaffst es.«
    »Hoffentlich erweist er sich als Tiresias und nicht als Kassandra!«
    Sullas Wunsch sollte sich bewahrheiten. Die Auszählung der Stimmen ergab, daß er von allen Kandidaten die meisten Stimmen auf sich hatte vereinigen können. Damit war er nicht nur zum Prätor, sondern zum Stadtprätor gewählt. Der praetor urbanus war unter normalen Umständen fast ausschließlich für das Gerichtswesen und die Prozesse zuständig, er konnte bei Abwesenheit beider Konsuln oder sonstiger Regierungsunfähigkeit jedoch auch in loco consularis, als Vertreter der Konsuln fungieren. In dieser Funktion konnte er die Verteidigung der Stadt leiten, römische Armeen gegen einen Angreifer anführen, Gesetze veröffentlichen und den Staatsschatz verwalten.
    Die Tatsache, daß er zum Stadtprätor gewählt worden war, paßte Sulla gar nicht. Der auf diesen Posten Gewählte durfte Rom nie länger als zehn Tage verlassen, und damit war Sulla Rom und den Verlockungen seines früheren Lebens schutzlos ausgesetzt, und das im selben Haus mit einer Frau, die er haßte. Aber er hatte ja inzwischen in der Person seines Sohnes eine Stütze gefunden, von der er zuvor nicht einmal geträumt hatte. Der junge Sulla würde sein Freund sein und ihn aufs Forum begleiten. Er würde abends zu Hause auf ihn warten, mit ihm sprechen und lachen. Der junge Sulla glich seinem Vetter, dem jungen Caesar sehr. Zumindest äußerlich. Und auch sein Sohn war gescheit, wenn auch nicht so gescheit wie Caesar. Sulla hatte das bestimmte Gefühl, daß er seinen Sohn nicht annähernd so gern haben könnte, wenn er so intelligent wie der junge Caesar gewesen wäre.
    Die Wahlen brachten noch eine weit größere Überraschung als die Wahl Sullas zum Stadtprätor, eine Überraschung, die viele schockierte, für all jene, die nicht direkt betroffen waren, aber auch eine amüsante Seite hatte. Lucius Marcius Philippus hatte in der Überzeugung, ein Juwel unter ansonsten recht farblosen Kandidaten zu sein, seine Kandidatur zum Konsulat angemeldet. Aber der erste Platz ging an den jüngeren Bruder des Zensors Lucius Valerius Flaccus, einen gewissen Gaius Valerius Flaccus. Das war soweit in Ordnung, denn ein Valerius Flaccus war zumindet ein Patrizier, und seine Familie war einflußreich. Aber der zweite Konsul war kein anderer als jener schreckliche homo novns Marcus Herennius. Philippus war außer sich vor Wut, man konnte seine Flüche bis Carseoli hören, wie zumindest die regelmäßigen Forumsbesucher kichernd jedem versicherten, der es hören wollte. Alle wußten, was an seinem Scheitern schuld war, auch Philippus selbst: die Bemerkungen Publius Rutilius Rufus’ in seiner Rede, in der er sich für eine gemäßigte Auslegung der lex Licinia Mucia ausgesprochen hatte. Damals hatte bereits alle Welt vergessen, wie Gaius Marius sich Philippus nach dessen Wahl zum Volkstribunen gekauft hatte. Aber seit der Rede und Philippus’ Kandidatur zum Konsulat war nicht genug Zeit vergangen, daß die Leute es zum zweitenmal hätten vergessen können.
    »Das wird Rutilius Rufus mir büßen«, schwor Philippus seinem Freund Caepio.
    »Wir werden ihn uns beide schnappen«, sagte Caepio, der Rutilius Rufus auch nicht wohlgesonnen war.

    Wenige Tage vor Jahresende brachte Livia Drusa einen Sohn zur Welt, der wie sein Vater Marcus Porcius Cato Salonianus hieß. Es war ein mageres, schreiendes Baby mit den roten Haaren Catos, einem langen Hals und einer Nase, die völlig unpassend und wie ein riesiger gebogener Schnabel aus seinem kleinen Gesicht herausragte. Das Kind kam in Steißlage zur Welt und arbeitete bei der Geburt kein bißchen mit, so daß diese sich lange hinzog und sehr anstrengend war. Die Mutter war erschöpft und blutete, als die Hebammen und Ärzte das Kind schließlich herausgeholt hatten.
    »Domina«, rief Apollodorus Siculus frohlockend, »der Junge hat die Geburt völlig unbeschadet überstanden — keine Schürfwunden, keine geschwollenen oder blauen Stellen.« Ein leichtes Lächeln huschte über das Gesicht des kleinen griechischen Arztes. »Ich warne dich! Seinem Verhalten bei der Geburt nach zu urteilen, wird er einmal ein schwieriger Mensch.«
    Livia Drusa brachte lediglich ein müdes Lächeln zustande. Sie wünschte sich, dieses möge ihr letztes Kind sein, das

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