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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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tat ich es nicht.« Sie richtete sich auf und lächelte. »Aber wer sagt überhaupt, daß du sterben mußt? Dein Kind ist jetzt zwei Monate alt, das kann dich nicht mehr umbringen.«
    »Nein, es ist nicht seine Schuld, wenn ich sterbe«, meinte Livia Drusa. »Auf mir lastet ein Fluch. Der böse Blick hat mich getroffen.«
    Cornelia Scipionis starrte sie entgeistert an. »Der böse Blick? Livia Drusa, so ein Unsinn! So etwas gibt es nicht.«
    »Doch, das gibt es sehr wohl.«
    »Nein, mein Kind. Und wer sollte dich so sehr hassen, daß er dir das antun könnte? Dein früherer Mann?«
    »Nein, der hat mich längst vergessen.«
    »Wer dann?«
    Aber Livia Drusa zitterte nur und sagte nichts.
    »Sag es mir«, befahl ihre Mutter, und man merkte, daß sie aus einer Familie kam, die das Befehlen gewohnt war.
    »Servilia«, flüsterte Livia Drusa.
    »Servilia?« Cornelia Scipionis zog die Augenbrauen hoch. »Eine deiner Töchter aus erster Ehe?«
    »Ja.«
    »Ich verstehe.« Sie tätschelte Livia Drusas Hand. »Ich will dich nicht kränken und behaupten, daß du dir das alles nur einbildest, meine Liebe, aber du mußt gegen dieses Gefühl ankämpfen. Du darfst dem Mädchen nicht diese Genugtuung verschaffen.«
    Ein Schatten fiel über sie, und sie drehte sich um. Sie sah einen großen, rothaarigen Mann im Türrahmen stehen. »Du mußt Marcus Porcius sein«, sagte sie lächelnd und stand auf. »Ich bin deine Schwiegermutter, und ich freue mich über das Wiedersehen mit meiner Tochter. Bitte kümmere dich um sie. Ich muß nach ihrem Bruder sehen.«
    Sie ging in den Säulengang hinaus und sah sich mit funkelnden Augen um. Dann sah sie ihren älteren Sohn am Brunnen sitzen.
    »Marcus Livius!« sagte sie streng zu ihm, als sie bei ihm war. »Wußtest du, daß deine Schwester glaubt, ein Fluch laste auf ihr?«
    Drusus sah sie entsetzt an. »Nein, das ist nicht wahr!«
    »Oh, doch. Und zwar ein Fluch ihrer Tochter Servilia.«
    Drusus’ Lippen wurden ganz schmal. »Ich verstehe.«
    »Es scheint dich nicht zu überraschen, mein Sohn.«
    »Nein, gewiß nicht. Dieses Kind ist selbst ein Fluch. Wer sie im Haus hat, beherbergt eine Sphinx. Sie ist ein denkendes Ungeheuer.«
    »Aber kann Livia Drusa sterben, weil sie sich für verflucht hält?«
    Drusus schüttelte energisch den Kopf. »Mama«, sagte er — das Wort entschlüpfte ihm unbewußt —, »Livia Drusa stirbt an einer Wunde, die sie sich bei der Geburt ihres letzten Kindes zugezogen hat. Das sagen die Ärzte, und ich glaube ihnen. Die Wunde fault, anstatt zu heilen. Hast du nicht den Gestank in ihrem Zimmer bemerkt?«
    »Schon. Aber ich glaube immer noch, daß sie sich für verhext hält.«
    »Ich hole das Kind.« Drusus stand auf.
    »Ich würde es wirklich gern sehen.« Cornelia Scipionis lehnte sich zurück und dachte voller Freude an das »Mama«, das ihrem Sohn entschlüpft war.
    Das Mädchen war klein, sehr dunkel und von rätselhafter Schönheit, geheimnisvoll, und doch so voller Feuer und Kraft, daß sie ihre Großmutter an ein Haus erinnerte, das auf einem Vulkan erbaut war. Eines Tages würde der Vulkan ausbrechen, und alle Welt würde sehen, wer sie wirklich war. Eine brodelnde Masse giftiger Substanzen und heißer Winde würde sich entladen. Warum um alles in der Welt war sie so unglücklich?
    »Servilia, das ist deine Großmutter Cornelia Scipionis«, sagte Drusus und hielt seine Nichte dabei an der Schulter fest.
    Servilia zog die Nase hoch und sagte nichts.
    »Ich war gerade bei deiner Mutter«, sagte Cornelia Scipionis sanft. »Weißt du, daß sie glaubt, du hättest sie verhext?«
    »Tut sie das? Dann ist es ja gut. Es stimmt nämlich.«
    »Ach so, ich verstehe«, sagte die Großmutter nüchtern und bedeutete dem Kind zu gehen. »Ab mit dir ins Kinderzimmer.«
    Als Drusus zurückkam, grinste er breit. »Das war grandios«, sagte er und setzte sich. »Du hast sie fertiggemacht.«
    »Das glaube ich nicht. Das wird niemandem gelingen.« Nachdenklich fügte Cornelia Scipionis hinzu: »Höchstens einem Mann.«
    »Ihr Vater hat es bereits geschafft.«
    »Ja?... Soviel ich gehört habe, weigert er sich, seine Kinder anzuerkennen.«
    »Das stimmt. Den anderen macht es nichts aus, sie sind noch zu jung. Aber Servilia geht es sehr zu Herzen, zumindest glaube ich das. Bei ihr weiß man nie, woran man ist, Mama. Sie ist verschlagen und gefährlich.«
    »Armes kleines Ding.«
    »Von wegen!«
    Cratippus kam herein und führte Mamercus Aemilius Lepidus Livianus herein.
    Mamercus

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