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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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nächsten Sommers abnehmen. Vielleicht ist es deshalb gar nicht so schlecht, daß du dein Tribunatsjahr nicht mit einem Gesetz über das allgemeine Wahlrecht beginnen kannst.«
    Drusus errötete, er konnte die Nachricht kaum glauben. Nicht nur ein Heer von Klienten, sondern ganze Völkerschaften von Klienten würde er haben!
    Er leitete sein Gesetzesprogramm mit einer Vorlage ein, durch die die Verantwortung für die großen Gerichte zwischen Senat und Rittern aufgeteilt werden sollte. Danach brachte er ein Gesetz zur Vergrößerung des Senats ein. Seine einführende Rede hielt er jedoch nicht vor der Volksversammlung, sondern im Senat. Er forderte den Senat auf, die Gesetze zu billigen und ihn zu ermäch tigen, sie der Volksversammlung zur Verabschiedung vorzulegen.
    »Ich bin kein Demagoge«, erklärte er den in ihre Togen gekleideten Senatoren. In der Curia Hostilia herrschte völlige Stille. »In mir seht ihr den Volkstribun der Zukunft — einen Mann, der alt genug und erfahren genug ist, um zu wissen, daß die althergebrachten Methoden die richtigen Methoden sind, einen Mann, der die auctoritas des Senats bis zu seinem letzten Atemzug verteidigen wird. Was immer ich in der Volksversammlung unternehme, wird diesem Haus keine Überraschung sein, denn ich werde jede Maßnahme zuerst hier vorstellen und eure Billigung einholen. Ich werde nichts vorschlagen, das eurer nicht würdig ist, und ich werde nichts vorschlagen, das meiner unwürdig ist. Denn ich bin der Sohn eines Volkstribuns, der seine Pflichten so ernst nahm wie ich. Ich bin der Sohn eines Mannes, der Konsul und Zensor war, eines Mannes, der die Skordisker in Macedonia so schwer zurückschlug, daß ihm ein Triumph bewilligt wurde. Ich bin ein Nachkomme des Aemilius Paullus, des Scipio Africanus und des Livius Salinator. Der Name, den ich trage, ist alt. Und ich bin alt an Jahren für das Amt, das ich innehabe.
    Hier, Senatoren, in diesem Gebäude, in dieser Versammlung altehrwürdiger und ruhmreicher Namen, liegt die Quelle des römischen Rechts, der römischen Regierung, der römischen Verwaltung! An die in diesem Gebäude Versammelten werde ich mich zuerst wenden und hoffen, daß ihr die Weisheit und die Weitsicht haben werdet, die Logik, Vernunft und Notwendigkeit meiner Vorschläge zu erkennen.«
    Nach dieser Rede applaudierte ihm der Senat mit einer Dankbarkeit, die nur Männer empfinden konnten, die mit eigenen Augen die Amtsführung des Tribuns Saturninus hatten erleben müssen. Hier stand eine ganz andere Art von Volkstribun vor ihnen — ein Volkstribun, der zuerst Senator und dann erst Diener der Volksversammlung war.
    Die beiden Konsuln, deren Amtszeit ablief, dachten liberal, und auch die abtretenden Prätoren hatten eigenständige Gedanken. Drusus wurde deshalb, ohne auf nennenswerte Opposition zu stoßen, beauftragt, die beiden Gesetze der Volksversammlung vorzulegen. Obwohl von den neuen Konsuln weniger zu erwarten war, befürwortete auch Sextus Caesar die Gesetze. Philippus verhielt sich bemerkenswert zurückhaltend, nur Caepio sprach sich dagegen aus. Da jedoch alle wußten, daß Caepio zu seinem Schwager ein gespanntes Verhältnis hatte, nahm niemand seine Einwände ernst. Drusus hatte eine ernsthafte Opposition auch nur in der Volksversammlung erwartet, in der die Ritter stark vertreten waren, doch auch hier stieß er auf geringen Widerstand. Vielleicht lag es daran, dachte er, daß er beide Gesetzesvorlagen in einer Volksversammlung eingebracht hatte. Eine bestimmte Gruppe von Rittern konnte auf diese Weise unschwer den Köder erkennen, den das zweite Gesetz für sie enthielt. Denn in dem zweiten Gesetz zeichnete sich für sie die Möglichkeit ab, eines Tages zu Senatoren zu werden — ein Status, der diesen Rittern nur deshalb verweigert wurde, weil der Senat zu klein war. Es schien eine gerechte Lösung, die Geschworenengerichte je zur Hälfte mit Mitgliedern des Senats und der Volksversammlung zu besetzen. Außerdem sollte der ausschlaggebende einundfünfzigste Geschworene ein Ritter sein, während der Gerichtsvorsitzende dem Senat angehören sollte. Der Ehre der Ritter wurde also kein Abbruch getan.
    Drusus forderte in seiner Rede vor der Versammlung der Plebs, der auch die meisten Senatoren zuhörten, eine Übereinkunft zwischen den beiden großen Klassen der Senatoren und Ritter — er rief beide Seiten auf, tiefgreifende Veränderungen zu ermöglichen. Er bedauerte die Maßnahmen des Gaius Sempronius Gracchus, der versucht

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