MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Neuigkeiten bringe. Doch schon die Nachricht, sein Sohn sei krank, ließ Sulla den Klienten völlig vergessen. Er eilte nicht in sein Arbeitszimmer, sondern in das bequeme Wohnzimmer, in das Aelia den Sohn gelegt hatte, da das kleine, licht- und fensterlose Schlafzimmer des jungen Sulla als Krankenzimmer ungeeignet erschien. Der junge Sulla hatte Fieber, eine Halsentzündung und Schnupfen. In dem bewundernden Blick, mit dem er seinen Vater empfing, lag ein leichter Fieberglanz. Sulla atmete auf, küßte seinen Sohn und tröstete ihn: »Wenn du dich anstrengst, gesund zu werden, mein Junge, ist die Krankheit in zwei Tagen vorbei. Wenn du dich nicht anstrengst, dauert sie sechzehn Tage. Mein Rat ist: Überlaß Aelia die Sache.«
Während Sulla zu seinem Arbeitszimmer ging, überlegte er, wer wohl auf ihn warten mochte. Seine Klienten suchten ihn nur selten auf, denn er war kein großzügiger Mann und machte keine großen Geschenke. Sie waren hauptsächlich Soldaten und Zenturionen, unbedeutende Personen aus der Provinz oder einer ländlichen Stadt, die ihn irgendwann einmal kennengelernt hatten, Männer, denen er geholfen hatte und die ihn dann gebeten hatten, ihr Patron zu sein. In Rom selbst wohnten die wenigsten seiner Klienten.
Der Besucher war Metrobius. Sulla hätte es wissen müssen, aber er war trotzdem nicht darauf gekommen. Das bewies, wie erfolgreich sein Kampf gewesen war, Metrobius aus seiner Erinnerung zu verbannen. Wie alt war er jetzt? Anfang dreißig, vielleicht zweiunddreißig oder dreiunddreißig. Was war aus all den Jahren geworden? Sie waren vergessen. Aber Metrobius war immer noch Metrobius — und stand ihm, wie der Kuß ihm sagte, noch immer zur Verfügung. Sulla zitterte; als Metrobius ihn zum letzten Mal in seinem Haus besucht hatte, war Julilla gestorben. Er brachte kein Glück, auch wenn er Liebe für einen Glücksersatz hielt. Aber für Sulla war Liebe überhaupt kein Ersatz. Entschlossen trat er von Metrobius weg und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
»Du hättest nicht herkommen sollen«, sagte er kurz.
Metrobius seufzte, glitt elegant in den Klientenstuhl und stützte seine Arme auf den Tisch. Seine schönen dunklen Augen schienen traurig. »Ich weiß, Lucius Cornelius, aber ich bin schließlich dein Klient! Du hast mir das Bürgerrecht verschafft, aber ich habe nicht den Status eines freien Mannes — rechtmäßig bin ich Lucius Cornelius Metrobius aus dem Tribus Cornelia. Wenn überhaupt, macht sich dein Verwalter mehr Gedanken darüber, daß meine Besuche so unregelmäßig sind, als umgekehrt. Aber im Ernst, ich tue und sage ja nichts, das deinen kostbaren Ruf gefährden könnte! Nicht zu meinen Freunden und Kollegen im Theater, nicht zu meinen Liebhabern, nicht zu deinen Sklaven. Bitte, halte mich nicht für schlimmer, als ich bin!«
Sullas Augen füllten sich mit Tränen, und er blinzelte hastig. »Ich weiß, Metrobius. Und ich bin dir dankbar.« Er seufzte, stand auf und trat zu einem Tischchen, auf dem eine Karaffe mit Wein stand. »Einen Becher Wein?«
»Danke, gern.«
Sulla stellte den silbernen Becher vor Metrobius auf den Tisch, trat hinter ihn, legte ihm die Arme um die Schultern und beugte den Kopf über sein dichtes schwarzes Haar. Aber noch bevor Metrobius seine Hand auf Sullas Arm legen konnte, trat Sulla wieder zurück und setzte sich hinter seinen Tisch.
»Welche dringenden Angelegenheiten bringen dich hierher?« fragte er.
»Kennst du einen Menschen namens Censorinus?«
»Welchen Censorinus meinst du? Den unangenehmen jungen Gaius Marcius Censorinus, oder jenen Censorinus, der kaum etwas besitzt, ständig auf dem Forum herumläuft und alle mit seinen Aspirationen auf das Konsulamt belustigt?«
»Ich meine den Letztgenannten. Ich wußte nicht, daß du die Römer so gut kennst, Lucius Cornelius.«
»Seit unserer letzten Begegnung war ich Stadtprätor. Dabei habe ich viele meiner Wissenslücken füllen können.«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Und was ist nun mit diesem Censorinus?«
»Er will gegen dich Anklage vor dem Gericht für Verrat erheben. Er behauptet, du hättest von den Parthern riesige Bestechungssummen angenommen und dafür die Interessen Roms im Osten verraten.«
Sulla blinzelte. »Oh ihr Götter! Ich wußte nicht, daß überhaupt irgend jemand in Rom mitbekommen hat, was mir im Osten widerfahren ist! Ich bin auf keine Weise ermutigt worden, dem Senat über meine Abenteuer auch nur zu berichten. Censorinus? Woher will er denn wissen,
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