MoR 02 - Eine Krone aus Gras
ganzen Halbinsel und vielleicht sogar auch noch im italischen Gallien verlangen.
Gelächter riß ihn aus seinen Gedanken. Er richtete sich von der Reling auf und drehte sich um. Befriedigt stellte er fest, daß sein Sohn ein guter Seemann war, denn das Schiff war in eine steife Brise geraten, und ein schlechter Seemann wäre inzwischen hoffnungslos seekrank geworden. Auch Julia sah rundum zufrieden aus.
»Meine ganze Familie fühlt sich auf See wohl«, sagte sie, als Marius sich neben sie setzte. »Mein Bruder Sextus ist die einzige Ausnahme, wahrscheinlich wegen seines Asthmas.«
Das Schiff nach Patrae verkehrte regelmäßig auf dieser Route und nahm mit Passagieren ebensoviel Geld ein wie mit Fracht. Deshalb konnte es Marius eine Art Bordkabine anbieten; trotzdem war Julia unübersehbar froh, als sie in Patrae von Bord gehen konnte. Als Marius per Schiff durch den Golf von Korinth Weiterreisen wollte, weigerte sie sich, von Patrae abzufahren, bevor sie nicht eine Pilgerfahrt über Land nach Olympia gemacht hätten.
»Seltsam«, sagte sie, als sie mit Eseln unterwegs waren, »das großartigste Heiligtum des Zeus, das die Welt kennt, liegt irgendwo im tiefsten Hinterland des Peloponnes versteckt. Ich weiß nicht warum, aber ich dachte immer, Olympia läge am Fuß des Olymps.«
»So sind eben die Griechen«, sagte Marius. Es drängte ihn, so schnell wie möglich in die Provinz Asia zu kommen, er hatte es aber nicht übers Herz gebracht, Julia diese willkommene Abwechslung zu verweigern. Mit einer Frau zu reisen, entsprach nicht seiner Vorstellung von Vergnügen.
In Korinth jedoch, das sich um den Fuß eines mächtigen Felsens namens Akrokorinth drängte, besserte sich seine Stimmung. Als Mummius die Stadt vor fünfzig Jahren geplündert hatte, waren all ihre Schätze nach Rom geschafft worden. Die Stadt selbst hatte sich davon nie erholt. Viele ihrer Häuser waren verlassen, und gespenstisch schwangen Türen in zerbröckelnden Mauern hin und her.
»Dies ist einer der Orte, wo ich eigentlich meine Veteranen ansiedeln wollte«, sagte er grimmig, als sie durch die verfallenen Straßen gingen. »Sieh dir das an! Diese Stadt schreit doch geradezu nach neuen Bürgern! Jede Menge Ackerland, ein Hafen auf der ägäischen und einer auf der ionischen Seite, alle Voraussetzungen für ein blühendes Handelszentrum. Und was hat man statt dessen getan? Mein Landgesetz außer Kraft gesetzt.«
»Weil Saturninus es verabschiedet hat«, sagte der junge Marius.
»So ist es. Und weil diese Narren im Senat nicht begreifen, wie wichtig es ist, besitzlosen Soldaten ein wenig Land zu geben, wenn sie aus dem Dienst ausscheiden. Ich habe unsere Heere für die besitzlosen Bürger geöffnet, Marius, ich habe Rom frisches Blut zugeführt, Bürger, die niemals zuvor wirklich zu etwas nütze waren. Und die proletarischen Soldaten habe gezeigt, was sie wert sind — in Numidien, in Aquae Sextiae, in Vercellae. Sie haben genausogut gekämpft wie die besitzenden Soldaten oder sogar besser. Aber man kann sie nicht entlassen und in die Elendsviertel von Rom zurückschicken! Sie müssen auf einem Stück Land angesiedelt werden. Ich wußte, daß die erste und die zweite Zensusklasse es niemals billigen würden, wenn ich diese Soldaten auf römischem Staatsland innerhalb Italiens ansiedelte, also sorgte ich für Gesetze, mit denen man sie an Orten wie diesem ansiedeln konnte, wo neue Bürger gebraucht werden. Hier hätten sie ein Stück Rom in unsere Provinzen gebracht und uns zu gegebener Zeit Freunde verschafft. Leider halten die führenden Köpfe im Senat und die Anführer der Ritter Rom für etwas so Exklusives, daß sie die römische Lebensart möglichst auf Rom und Italien beschränken wollen.«
»Quintus Caecilius Metellus Numidicus«, sagte der kleine Marius verächtlich. Er war in einem Haus aufgewachsen, wo dieser Name niemals mit Wohlwollen oder Sympathie ausgesprochen wurde und in der Regel durch den Spottnamen »Schweinebacke« ergänzt wurde. Der kleine Marius ließ diesen Namen in Gegenwart seiner Mutter allerdings wohlweislich weg, denn sie wäre entsetzt gewesen, wenn er solche Worte in den Mund genommen hätte.
»Und wer noch?« fragte Marius.
»Der Senatsälteste Marcus Aemilius Scaurus und der Pontifex Maximus Gnaeus Domitius Ahenobarbus und Quintus Lutatius Catulus Caesar und Publius Cornelius Scipio Nasica...«
»Sehr gut, das genügt. Sie haben ihre Klienten mobilisiert und eine Opposition organisiert, die selbst für
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