Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
mich ganz genau an die Gesetze — und ich bedrohe weder Menschen noch Sitten.«
    Sie stand schnell auf, unfähig, die Unterhaltung weiter fortzusetzen. »Komm mit zu den Kindern. Sie haben dich vermißt.«
    Das war keine Übertreibung. Drusus war bei den Kindern beliebt.
    Offenbar stritten die Kinder gerade, als Drusus und seine Mutter sich dem Kinderzimmer näherten.
    »Ich bringe dich um, Cato!« hörten die beiden Erwachsenen Servilia schreien, als sie das Zimmer betraten.
    »Hör damit auf, Servilia!« sagte Drusus scharf, denn die Stimme des Mädchens hatte ernst geklungen. »Cato ist dein Halbbruder, du wirst ihn nicht anrühren.«
    »Doch, das werde ich, sobald ich mit ihm allein bin«, fauchte Servilia.
    »Das wird nie der Fall sein, Fräulein Knopfnase!« rief der kleine Caepio und stellte sich vor den kleinen Cato.
    »Ich habe keine Knopfnase!« sagte Servilia wütend.
    »Natürlich hast du eine!« schrie Caepio. »Eine schreckliche kleine Nase mit einem schrecklichen kleinen Knopf am Ende, bäh! «
    »Seid still!« rief Drusus. »Könnt ihr denn nichts anderes als streiten?«
    »Doch!« sagte Cato laut. »Ärgern!«
    »Das tun wir immer, solange der hier ist!« sagte Drusus Nero.
    »Halt den Mund, Nero Negergesicht!« schrie Caepio, der Cato verteidigen wollte.
    »Ich bin kein Negergesicht!«
    »Doch, doch, doch!« brüllte Cato mit geballten Fäusten.
    »Du bist kein Servilius Caepio!« sagte Servilia zu Caepio. »Du stammst von einem rothaarigen gallischen Sklaven ab, und wir müssen es mit dir aushalten!«
    »Knopfnase, Knopfnase, dumme, kleine Knopfnase!«
    »Tace!« brüllte Drusus.
    »Sklavenbastard!« zischte Servilia.
    »Idiotentochter!« rief Porcia.
    »Sommersprossen-Schweinchen!« sagte Lilla.
    »Setz dich hierher, mein Sohn«, sagte Cornelia Scipionis, der der Streit der Kinder offenbar nichts ausmachte. »Wenn sie fertig sind, sind sie vielleicht wieder ansprechbar.«
    »Streiten sie sich immer über ihre Eltern?« fragte Drusus über das Geschrei und Gebrüll hinweg.
    »Solange Servilia dabei ist, ja«, sagte die Großmutter.
    Servilia war nun dreizehn. Ihre Figur war bereits weiblich geformt, und sie hatte ein hübsches, verschlossenes Gesicht. Eigentlich hätte sie schon vor zwei oder drei Jahren von den anderen Kindern getrennt werden sollen, doch war dies nicht geschehen, weil man sie hatte bestrafen wollen. Nachdem Drusus Zeuge des Streits im Kinderzimmer geworden war, fragte er sich, ob diese Strafe klug gewesen war.
    Servilia-Lilla war nun fast zwölf, und auch ihre Figur reifte schnell. Sie war hübscher als Servilia, aber trotzdem nicht so anziehend, denn ihr dunkles, burschenhaftes, offenes Gesicht verriet ihren Charakter sofort. Das dritte der größeren Kinder war Drusus’ Adoptivsohn Marcus Livius Drusus Nero Claudianus. Er war neun Jahre alt und hielt eher zu den älteren als zu den jüngeren Kindern. Er war dunkel und hübsch wie ein Claudier und leider nicht besonders intelligent, aber ein lieber Junge und wohlerzogen.
    Dann waren da noch Catos Sprößlinge, denn Drusus konnte einfach nicht glauben, daß der junge Caepio der Sohn des alten Caepio war, so sehr Livia Drusa dies auch behauptet hatte. Der Junge sah Cato Salonianus sehr ähnlich: Er hatte den gleichen schlanken und muskulösen Körper, den gleichen Kopf und die gleichen Ohren, den gleichen langen Hals und die gleichen langen Glieder und war schon jetzt großgewachsen — vor allem aber hatte er dieselben leuchtend roten Haare. Seine Augen waren zwar hellbraun, aber sie waren nicht Caepios Augen; dessen Augen standen weit auseinander, waren groß und saßen tief in den Höhlen. Unter den sechs Kindern war der junge Caepio Drusus’ Liebling. Er schien stark und fähig, Verantwortung zu tragen, was Drusus besonders zusagte. Obwohl der Junge noch nicht einmal sechs Jahre alt war, unterhielt er sich mit Drusus wie ein alter, weiser Mann. Seine Stimme war tief, sein Blick immer ernst und nachdenklich. Er lächelte selten und nur, wenn sein kleiner Bruder Cato etwas tat, das er lustig oder rührend fand. Seine Zuneigung zu dem jüngeren Bruder war so stark, daß er ihn fast wie ein Vater behandelte und immer mit ihm zusammensein wollte.
    Porcia, die Porcella genannt wurde, war beinahe vier Jahre alt. Sie war ein unscheinbares Kind, das jetzt überall Sommersprossen bekam. Die Sommersprossen waren große braune Flecken, so daß sie andauernd von den älteren Halbschwestern geneckt wurde. Die Schwestern hatten eine

Weitere Kostenlose Bücher