Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Pomponius, »dann bin ich mit meinem Los als Ritter völlig zufrieden. Und wenn die beiden Zensoren vor mir auf die Knie fallen, sie bitten umsonst! Ich schwöre dir, Marcus Tullius, ich werde nie, aber auch gar nie in den Senat einziehen!«
    Währenddessen wurde immer deutlicher, wie verzweifelt die Lage des Lucius Cotta war. Keiner war daher überascht, als das Gericht bei der nächsten Sitzung tags darauf bekannt gab, Lucius Aurelius Cotta wolle lieber freiwillig ins Exil gehen, als das unvermeidliche Verbannungsurteil abzuwarten. So durfte er wenigstens den größten Teil seines Vermögens mitnehmen. Wenn er bis zur Verurteilung gewartet hätte, wäre sein ganzes Vermögen beschlagnahmt worden, was das Exil noch härter gemacht hätte.
    Die Zeit war denkbar ungünstig, um Grundbesitz zu Geld zu machen: Während der Senat im Zustand schierer Ungläubigkeit verharrte und die Comitia das Treiben des Quintus Vanus hingerissen verfolgte, witterte die Geschäftswelt Unheil und traf Vorkehrungen. Plötzlich verschwanden Gelder, Geschäftsanteile wurden abgezogen, und kleinere Gesellschaften hielten Krisensitzungen ab. Hersteller und Importeure von Luxusgütern berieten über die Möglichkeit strenger Luxusgesetze im Kriegsfall und sannen auf Mittel und Wege, wie sie das Sortiment ihrer Waren durch Kriegsgüter ersetzen konnten.
    Aber nichts geschah, das den Senat dazu gebracht hätte, die Kriegserklärung der Marser ernstzunehmen. Man hörte nichts von einem vordringenden Heer und nichts von Kriegsvorbereitungen eines italischen Stammes. Nur eines war beunruhigend: Servius Sulpicius Galba, der Prätor, der den Süden der Halbinsel inspizieren sollte, kam nicht nach Rom zurück. Man hörte rein gar nichts mehr von ihm.
    Varius’ Kommission kam in Fahrt. Lucius Calpurnius Bestia wurde verurteilt und ins Exil geschickt, sein Besitz beschlagnahmt, ebenso Lucius Memmius, der nach Delos ging. Mitte Januar wurde Antonius Orator angeklagt, er hielt aber eine so vorzügliche Rede, daß ihm die Menge auf dem Forum zujubelte und die Geschworenen es für klug hielten, ihn freizusprechen. Erbost über ihren Wankelmut sann Quintus Varius auf Rache und bezichtigte den Senatsvorsitzenden Marcus Aemilius Scaurus des Hochverrats.
    Scaurus antwortete auf die Beschuldigungen ohne Rechtsbeistand. In seiner purpurgesäumten Toga war er eine würdevolle Erscheinung. Gelassen hörte er zu, wie Quintus Varius, der die Anklage selbst führte, monoton die lange Liste der Verfehlungen vorlas, die der Senatsvorsitzende sich angeblich in seinem Verhalten gegenüber den Italikern hatte zuschulden kommen lassen.
    Als Varius schließlich fertig war, zitterte Scaurus vor Wut. An die Zuhörer gewandt, donnerte er: »Habt ihr das gehört, römische Bürger? Ein Mischling und Emporkömmling aus Sucro in Spanien klagt Scaurus, den Princeps Senatus, des Hochverrats an! Scaurus streitet alles ab. Wem glaubt ihr?«
    »Scaurus! Scaurus! Scaurus!« skandierte die Menge. Bald stimmten die Geschworenen in das Geschrei mit ein. Sie erhoben sich von den Sitzen, hievten Scaurus auf ihre Schultern und trugen ihn im Triumph im Kreis durch das ganze untere Forum.
    »Der Narr«, sagte Marius später zu Scaurus. »Hat er sich wirklich eingebildet, er könne dich des Verrats überführen? Haben die Ritter das geglaubt?«
    »Nachdem es den Rittern gelungen ist, den armen Publius Rutilius zu verurteilen, dachten sie wohl, sie könnten jeden verurteilen, wenn man ihnen Gelegenheit gäbe.« Scaurus strich sich die Toga glatt, die seit dem Ritt auf den Schultern der Geschworenen nicht mehr recht saß.
    »Als Varius seine Kampagne auf prominente Senatoren ausdehnte, hätte er mit mir anfangen müssen, nicht mit dir«, sagte Marius. »Der Freispruch von Marcus Antonius war ein wichtiges Zeichen. Ein Zeichen, das Varius jetzt sicher auch versteht! Ich prophezeie, daß er einige Wochen nichts mehr unternimmt und dann weitermacht — aber mit weniger prominenten Opfern. Bestia zählt nicht, jeder weiß, daß er ein Außenseiter ist. Und der arme Lucius Cotta hatte nicht genug Einfluß. Die Mitglieder seiner Sippe sind zwar mächtig, aber sie mögen Lucius nicht — sie mögen die Knaben, die sein Onkel Marcus Cotta mit Rutilia gezeugt hat.« Marius ließ seine Augenbrauen auf- und abtanzen. »Varius’ großer Nachteil besteht darin, daß er kein Römer ist. Du bist einer, ich bin einer, und er ist keiner. Das versteht er nicht.«
    Scaurus schnappte nicht nach dem Köder.

Weitere Kostenlose Bücher