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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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durchsetzen konnte, dann hatte er sein Gericht zu einem Instrument des Terrors gegen den Senat gemacht. Lucius Cotta ahnte schon am ersten Tag des Verfahrens deutlich sein Geschick: Die Liste der Geschworenen enthielt fast nur erbitterte Gegner des Senates, und der Vorsitzende des Gerichts, der mächtige und reiche Ritter Titus Pomponius, nahm die Proteste der Verteidiger kaum zur Kenntnis.
    »Mein Vater hat eben doch nicht recht.« Der junge Titus Pomponius stand in der Menge, die die Eröffnung des Verfahrens gegen Cotta verfolgte.
    Sein Worte waren an einen Mann gerichtet, der ebenfalls zum kleinen Gefolge des Auguren Scaevola gehörte: zu Marcus Tullius Cicero, der vier Jahre jünger, an Bildung und Verstand jedoch vierzig Jahre älter war als Titus Pomponius.
    »Was meinst du?« fragte Cicero, der sich nach dem Tod von Sullas Sohn Titus Pomponius angeschlossen hatte. Der Tod des kleinen Sulla war in Ciceros Leben die erste wirkliche Tragödie gewesen; noch jetzt, viele Monate danach, betrauerte und vermißte er den lieben Freund.
    »Mein Vater ist ganz versessen darauf, in den Senat zu kommen«, sagte der junge Titus Pomponius bedrückt. »Das frißt an ihm, Marcus Tullius! Er macht nichts mehr, ohne daß er dabei auf den Senat schielt. Als ihm Quintus Varius den Vorsitz in seinem Schwurgericht anbot, hat er sogar diesen Köder geschluckt. Quintus Varius hat sich geschickt zunutze gemacht, daß die Gesetze des Marcus Livius Drusus nicht mehr gelten und deshalb nicht mehr sicher ist, daß mein Vater in den Senat gewählt wird. Man hat meinem Vater versprochen, er werde Mitglied des Senats, sobald die neuen Zensoren gewählt sind. Er müsse nur tun, was man ihm sagt.«
    »Aber dein Vater ist doch Geschäftsmann«, wandte Cicero ein.
    »Als Senator müßte er alles außer seinem Grundbesitz aufgeben.«
    »Keine Sorge, das würde er!« Der junge Titus Pomponius klang bitter. »Er hat ja mich. Ich bin kaum zwanzig und mache schon fast die ganze Arbeit im Geschäft. Und er dankt es mir kaum, sage ich dir! Er selbst schämt sich nämlich, Geschäften nachzugehen!«
    »Und was hat das damit zu tun, daß dein Vater nicht recht hat?«
    »Alles, du Schafskopf!« sagte der junge Titus. »Er will in den Senat! Aber es ist falsch, das zu wollen. Er ist ein Ritter, einer der zehn bedeutendsten von Rom. Ich finde nichts Schlimmes daran, wenn man zu den zehn bedeutendsten Rittern Roms gehört. Er bekommt sein Pferd vom Staat gestellt — wie später einmal ich — , wird von jedem um Rat gefragt, hat großen Einfluß in der Volksversammlung und ist Berater der Tribunen des Schatzamtes. Und was will er? Senator werden! Einer dieser Hinterbänkler, die zum Reden keine Gelegenheit bekommen, geschweige denn gut reden können!«
    »Du meinst, er sei ein Aufsteiger«, sagte Cicero. »Daran finde ich nichts Schlimmes. Das bin ich auch.«
    »Mein Vater ist gesellschaftlich doch schon ganz oben, Marcus Tullius! Durch seine Geburt und seinen Reichtum. Die Pomponier sind seit Generationen eng mit den Caeciliern vom Zweig des Pilius verwandt; besser kann man nicht gestellt sein, wenn man kein Patrizier ist.« Der junge Titus, der durch seine Geburt dem höchsten Ritteradel angehörte, merkte nicht, daß er Cicero verletzte, als er fortfuhr: »Daß du ein Aufsteiger bist, Marcus Tullius, verstehe ich ja. Wenn du in den Senat kommst, bist du der erste deiner Familie, und wenn du es bis zum Konsulat bringst, adelst du sie. Dann mußt du dich mit möglichst jedem berühmten Mann gutstellen, ob Plebejer oder Patrizier. Aber für meinen Vater bedeutet es ihn Wahrheit einen Abstieg, wenn er Senator zweiten Ranges wird.«
    »In den Senat zu kommen, ist nie ein Abstieg!« sagte Cicero betroffen. Der junge Titus war in diesen Tagen besonders bissig. Cicero hatte schließlich begriffen, daß er für Titus von dem Augenblick an, als er gesagt hatte, er sei aus Arpinum, mit einem Makel behaftet war, denn der berühmteste Bürger dieser Stadt war Gaius Marius. Und Gaius Marius war Italiker und konnte kein Griechisch, Marcus Tullius Cicero konnte also nicht mehr sein als ein gebildeter Gaius Marius. Die Familie des Marcus Tullius Cicero hatte die des Marius nie besonders gemocht, auch wenn Angehörige der beiden Familien einander gelegentlich heirateten, doch seit seiner Ankunft in Rom hatte der junge Marcus Tullius Cicero gelernt, Gaius Marius und mit ihm seinen Geburtsort zu hassen.
    »Wenn ich einmal Familienvater bin«, sagte der junge Titus

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